-7. Kapitel-

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Isabelle

"ES REICHT" Ich weiß nicht, was an diesen, eigentlich ziemlich alltäglichen Worten mich so zusammenfahren ließ. Ich konnte nicht einmal erkennen, wer sie von sich gab, da ich mich in Jakes Schulter verbissen hatte. Als ich mich jedoch umdrehen wollte, ging mein verhasster Zwilling mit seinen Pfötchen auf mein Gesicht los.

Blut rann mir aus den geröteten Augen und nun konnte ich erst recht nichts mehr erkennen. Aber auch Jake ließ von mir ab und brüllte stattdessen den Besitzer der Stimme an: "Für wen hältst du dich eigentlich? Das ist ein Konflikt zwischen diesem Antiindividuum und mir, also halt dich da gefälligst raus!"

Antiindividuum? Wir wurden ja langsam besser mit den Schimpfwörtern! Jedenfalls, der Rebell hielt sich da nicht raus.

"Du hörst jetzt auf, unsere beste Chance auf Sieg zu attackieren! Bist du wirklich so dumm oder tust du nur so?" Warte, welcher Sieg? Und wieso sollte ich die einzige Chance sein? Das wurde ja noch richtig interessant!

"Wovon redest du?", fragte Jake jetzt deutlich ruhiger. Meine letzten Wunden schlossen sich langsam, doch ich fühlte mich immer noch wie halb tot.

"Erinnerst du dich, als wir gesagt haben, dass wir für den Sieg noch mindestens einen zweiten Nick bräuchten? Und DAS ist unser zweiter Nick", erklärte der Aufsprecher. Auf seiner Stirn sammelten sich Schweißperlen, er war sich anscheinend nicht sicher, wie sein "Anführer" die Nachricht aufnehmen würde. Und der sich aufspielende Oberboss nahm es nicht gut auf.

"Wir brauchen sie hier sicher nicht, wir kommen mit unseren Problemen sehr gut alleine klar.", fuhr Jake ihn an. Alle starrten mich weiter an und eine peinliche, aber gereizte Stille breitete sich aus. Das war mein Stichwort. Ohne eine Verabschiedung humpelte ich aus ihrem Lager. Der Waldboden fühlte sich seltsam matschig unter meiner nackten, dünnen Haut an und da Jake wusste, wo meine Schwachstellen waren, hatte er meine Fußsohle nicht in Frieden gelassen. Der Wald roch nach Regen und vereinzelt platschten einzelne Regentropfen von Blättern und Ästen.

Mehrere Personen kamen mir auf meinem Rückweg entgegen und sahen mich mit verwunderter Mine an. Erst jetzt fielen mir die etlichen Polizeiwagen auf, die um einen bestimmten Ort geparkt waren. Diesen Ort kannte ich nur zu gut.

Da ich jedoch nicht allzu gern an meinen mehr oder weniger selbst veranstalteten Tatort zurückkehren wollte, schlug ich die entgegengesetzte Richtung ein, aber leider zu spät.

Mehrere griesgrämige Uniformierte baten mich mit einer unwirschen Handbewegung zu sich herüber und ich folgte ihnen widerstandslos. Ich wurde sofort ins Kreuzverhör genommen, da es wohl nicht sein konnte, dass ich weder etwas gesehen noch gehört hatte, zumal ich hier herumlief und eine mögliche Zeugin wäre.

Nach ein paar unglaubwürdigen Ausreden hatten sie mich dann tatsächlich gehen lassen, aber nur vorzeitig, wegen Fragen und so. Das die Handynummer fake war, würden die wohl erst in ein paar Stunden herausfinden. Nachdem ich etwas sehr ähm schneller als Menschen zu meiner Wohnung zurückgekehrt war, fläzte ich mich auf die bequemste Couch der Welt und schaute Daredevil.

...

Philipp

Kaum war Isabelle aus unserem Lager, in dem wir nichts lagerten, es aber trotzdem so nannten, verschwunden, bauten wir uns alle vor Nick auf. Anscheinend war ich nicht der einzige, der verdammt wütend deswegen auf ihn war. Wie konnte er uns eine so wichtige Information verschweigen, wo er uns doch sonst auch alle unnötigen Random Infos gab?

Meine Güte sie könnte uns theoretisch den Arsch retten! Was, wenn Isabelle jetzt zu Wildwood rannte?

Fast jeden meiner Gedanken sprach ein anderes wutentbranntes Teammitglied aus, alle Gedanken, bis auf einen: Wird Isa mir jemals verzeihen können? Ich musste mit ihr reden, beschloss ich und lenkte meine Gedanken nun wieder zu der hitzigen Konversation mit Nick und dem Rest des Rudels.

"Aber wenn wir sie auf unsere Seite ziehen, hätten wir eine Chance gegen Wildwood", versuchte es Raphael noch einmal, doch unser anscheinend sehr ignorante Nick beachtete ihn nicht, sondern schrie ihn aus heiterem Himmel an. Unser empfindliches Gehör war darauf nicht vorbereitet und ihr könnt euch ja denken wie angenehm das ist. Sehr angenehm...

"Um das klar zu stellen: Wir werden uns mit diesem Monster nicht verbünden, man kann ihr nicht vertrauen! Und ja, ich hab euch nichts davon erzählt, weil ich dachte, dass ich sie damals endgültig erledigt hatte!" Er wurde immer lauter und als ich mir die klingelnden Ohren zuhielt, spürte ich warme Flüssigkeit an meiner Wange herunterlaufen.

Blut tropfte aus den überlasteten Ohren und das laute Brüllen von unserem angepissten Anführer ebbte nicht ab. Das wars dann wohl mit meinem Trommelfell. Er hatte zwar schon längst aufgehört zu reden, doch mein Gehör beruhigte sich nicht. Ich war aber anscheinend der einzige, dessen Löffel so dermaßen beleidigt darauf reagierten, denn das Gespräch lief schon wieder weiter.

Endlich hatte der bei mir bedauerlicherweise sehr schwach ausgeprägte Heilungsprozess begonnen und nach und nach schnappte ich immer mehr Sätze der Konversation, die in einer Rebellion enden könnte, auf.

"...Krieg..." "Spion auf der anderen Seite..." "Woher kanntest du sie überhaupt", in all dem Trubel über Krieg und Taktiken stellte unser Brain der Runde, ein verdammt schlauer Zwerg mit sehr viel Autorität eine absolut unpassende Frage.

Sehr spät fiel mir auf, dass sie an mich gerichtet war und natürlich hatte ich keine schlagfertige Antwort bereit, bevor der erste Kommentar kam.

"Er überlegt gerade wahrscheinlich, welche seiner Liebschaften das gerade war, er kann sich wohl gar nicht mehr alle Namen merken!", höhnte Mark. Er hasste mich seit meinem Biss und mittlerweile beruhte das auf Gegenseitigkeit. Was in seinem Gehirn vorging, wäre manchmal hochinteressant zu wissen. Im einen Moment wollte er mit seinen Führungsgenen überzeugen und sich bei uns allen einschleimen und im Nächsten beleidigte er jeden, was ihn auf der Beliebtheitsskala sehr weit nach unten rutschen ließ.

"Wir haben zusammen Spanisch", erwiderte ich schnell.

"Du wirst mit ihr keinen Kontakt mehr haben", drohte Nick. "Geht's noch?", fuhr ich ihn jetzt an. "Was willst du jetzt wieder. Du solltest mir, deinem Erschaffer mehr Autorität gönnen!" zornig funkelte er mich an. Was war bitte in ihn gefahren? Und was zur Hölle ist zwischen ihm und Isa so gehörig schief gegangen, dass es so ausgeartet ist? Ich ignorierte meinen Chef wie ein Pubertierender seinen Vater und verließ den dritten Finger erhoben und mit einer für Wolfsgehöre deutlich hörbaren Bemerkung namens "Leckt mich doch alle", das Lager.

Da waren wieder meine drei Probleme: Wölfe, Krieg und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt