Kapitel 8

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Nervös spielte das Mädchen an einer ihrer Haarsträhnen herum und guckte ab und zu auf. Der Junge, der sie gefunden hatte stand mit der Klassenkameradin und anderen Kindern bei einem Baum und sie schienen Karten miteinander zu tauschen. Das Mädchen hatte auch einige ihrer Karten dabei, traute sich aber nicht aufzustehen und zu ihnen hin zu gehen. Was ist, wenn ihre Klassenkameraden sie nicht bei sich haben wollten? Keiner hatte sie auf das Verstecken spielen angesprochen, obwohl schon eine Woche vergangen war. Mit Ausnahme von ein paar zugeworfenen Blicken, war das Mädchen auch nicht mit dem Jungen in Kontakt getreten. Sie war ein wenig traurig darüber, warum wusste sie nicht. Außerdem musste sich das Mädchen noch richtig bei ihm bedanken. Sie wusste nicht was passiert wäre, wenn der Junge nicht gekommen wäre und sie gefunden hätte.

Sie drückte die Füße mit Schwung von dem Boden ab, um schneller zu Schaukeln. Sie liebte Schaukeln über alles. Wenn sie weit oben war und die Hand ausstreckte, hatte sie das Gefühl den Himmel zu berühren. Aber heute war sie nicht in der Laune hoch zu schaukeln. Jedenfalls nicht alleine. Heute war doch ihr Geburtstag. Sie wollte nicht alleine nach der Schule auf der Schaukel sitzen und den anderen Kindern dabei zusehen, wie sie ihre Karten austauschten. Mit betrübtem Gesichtsausdruck stand das Mädchen von der Schaukel auf und rückte ihren Rucksack zurecht. Sie machte sich auf den Weg nachhause, vielleicht würde ihr Bruder ja später mit ihr Schaukeln. Das Mädchen wusste dabei nicht, dass der Junge ihr dabei von weitem zuschaute und sich von seinen Klassenkameraden verabschiedete um ihr nachzugehen.

Die mittlerweile achtjährige nahm einen Umweg nach Hause, weil sie noch spazieren wollte. Den Umweg hatte sie gleich an ihrem zweiten Tag an der neuen Schule gefunden und sie mochte ihn sehr. Er ging durch einen Wald, etwas außerhalb des Dorfes. Das Mädchen ließ den Stock in ihrer Hand auf dem Boden langschleifen und summte dabei ein Geburtstagslied. Wenn sie ehrlich war, wusste sie, dass ihr Bruder nicht mit ihr Schaukeln gehen würde. Ihr Bruder war wahrscheinlich bei seinen neuen Freunden. Und auch ihre Mutter oder ihr Vater würden nicht zuhause sein. Seitdem sie in ihrem neuen Zuhause waren, hatten die Beiden nicht mehr so viel Zeit. Jedoch wollte sich das Mädchen nicht beschweren, da sie wusste, wie wichtig ihnen das neue Zuhause war.
„Warum summst du ein Geburtstagslied?"
Das Mädchen schreckte auf und guckte neben sich. Der Junge, der sie gefunden hatte lief neben ihr und sie hatte ihn gar nicht bemerkt. Das Lächeln des Jungen beruhigte das Mädchen sehr.
„W-Weil heute mein Geburtstag ist...", murmelte das Mädchen unsicher und schaute dabei auf den Boden.
„Was? Wirklich?", fragte der Junge sie überrascht und ungläubig. Das Mädchen nickte nur schüchtern als Antwort.
„Was machen wir dann noch hier? Wir müssen ihn unbedingt feiern!", rief der Junge lachend und nahm die Hand des Mädchens in die Hand. Danach rannten sie  so schnell wie sie konnten zum Spielplatz. Sie setzten sich zusammen auf die Schaukel und schaukelten ganz hoch, genauso wie sich es das Mädchen vorgestellt hatte. Ein schönes und unglaublich fröhliches Lachen kam aus dem Mund des Mädchens. Sie war nicht fröhlich, weil sie den Himmel berühren konnte. Sie war fröhlich, weil der ebenfalls lachende Junge neben ihr saß.

Das Lachen aus meinem Traum verwandelte sich in das von anderen Menschen. Ich öffnete meine Augen und blinzelte öfters, bis ich bemerkte wo ich war.

Immer noch im Kino.

Ich guckte auf mein Handy und bemerkte, dass ich 45 Minuten weg war. Die Sitze, wo vorher noch Bella und Harry saßen, waren leer. Die anderen waren immer noch auf ihren Plätzen und schienen nicht gemerkt zu haben, dass ich geschlafen hatte. Ich lies mich in meinen Sitz zurückfallen und schloss meine Augen. Zu viele Gefühle kamen mit dem Traum ins reale Leben. Ich wusste nicht ganz, was von dem alles Traum und was Erinnerungen waren. Jedoch hatte sich alles echt angefühlt. Zu echt.

Ich brauche frische Luft.

Draußen angekommen lies ich mich auf eine Bank fallen und versuchte die neugierige Blicke meiner Mitmenschen auszublenden. Ich war verwirrt, und das sah man mir wahrscheinlich auch an. Immer noch fühlte ich mich nicht noch ganz anwesend. Ich zog meine Knie an mich heran und bettete wie üblich meinen Kopf darauf. Dann versuchte ich mich zu erinnern, was danach geschah. Aber ich konnte es nicht.

Egal, wie sehr ich meinen Kopf anstrengte, er wollte mir nicht zeigen was danach geschah. Mir entwich ein hoffnungsloser Seufzer und ich schlug meine Handflächen gegen meine Wangen, damit die Gefühle des Traums verschwanden. Es half ein bisschen, ganz waren sie aber noch nicht weg.

Ich ging wieder in das Gebäude rein und lief in Richtung Eingang des Kinosaals. Ich verlor leicht das Gleichgewicht, als ich spürte wie eine Person in mich reinlief.

„Sorry, hab di- Oh, du bist es nur Sarah." Bella stand vor mir und drehte sich wieder kichernd zu Harry. Sie kamen wahrscheinlich aus der Toilette und ich wollte gar nicht erst daran denken, was sie dort gemacht hatten. Ich stellte mich wieder gerade hin und lächelte sie an.

„Ist nicht schlimm, ich habe auch nicht aufgepasst" Ich versuchte meinen Ton freundlich zu halten, obwohl ich das „Du bist es nur" nicht vergessen hatte. Sie lehnte sich an Harrys Brust, der mich erst gar nicht ansah, und schaute mich kritisch an.

„Was machst du überhaupt hier? Solltest du nicht im Kino sitzen?" Sie schmiegte sich noch mehr an Harry.

„Es war ziemlich heiß im Raum, deswegen wollte ich raus an die frische Luft. Ich gehe jetzt wieder rein.", teilte ich ihr mit. Harry guckte mich jetzt auch mit einem kritischem Blick an, was mich leicht nervös machte und Bella nicht gerade gefiel.

„Bei uns war es auch...heiß.", informierte sie mich neckisch und küsste dabei Harrys Nacken.

Keine Details bitte.

Ich beließ es bei einem Lächeln und machte mich wieder auf ins Kino, wobei mir die Beiden folgten. Dann ergriff ich die Chance als erste bei unserer Reihe angekommen zu sein und setzte mich an den Platz von Bella, anstatt an den Rand. Das schien die Beiden relativ wenig zu interessieren, vielleicht bemerkten sie es auch gar nicht. Ich saß nun neben Christie und war darüber recht glücklich.

„Ist alles okay?", fragte sie mich höflich.

„Ja, ich wollte nur mal kurz frische Luft schnappen, alles gut." Sie schien sich mit meiner Antwort zufrieden zu geben und wendete sich wieder dem Film zu. Ich tat dasselbe und versuchte den Rest noch einigermaßen zu genießen.

Doch egal wie sehr ich mich anstrengte dem Film zu folgen, waren meine Gedanken immer wieder bei meinem Traum und dem lachenden Jungen, dessen Gesicht nur noch verschwommen in meinem Kopf erschien. 

Memories || h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt