Kurzgeschichten von verschiedenen Autoren

Michelle

Auf weichem Gras gebettet, im wohlig warmen Schein der Sonne liegend, befand sich ein junges Mädchen und wunderte sich, wie es wohl hierher gelangt war.
Ihr Name und ihre Geschichte schienen wie vom  Winde verweht. Weit entfernt, aber dennoch zum greifen nah. Doch das Gefühl der Ungewissheit, störte das schöne Mädchen nicht. Es fühlte sich so seltsam leicht, als würden alle Lasten ihrer Vergangenheit von ihren Schultern genommen.
Als läge ihr die gesamte Welt zu Füßen.
Langsam stand sie auf und setzte einen der beiden unbeschuhten Füßen vor den anderen.
Ihr weißes Kleid fiel so leicht um ihren Körper und war dabei so streichelnd weich als wäre es aus Wasser gewoben.
Doch anders als sonst bereitete ihr diese Gefühl kein Unbehagen.
Wage meinte sie sich zu erinnern, das Wasser einst verabscheut zu haben, doch all das war nicht mehr länger Teil von ihr.
Nicht in dieser Welt.
Nicht in diesem Leben.
Seelenruhig ging sie über die Lichtung in einen naheliegenden Wald hinein.
Die Sonne schien durch die grünen Blätter an den Baumkronen hindurch und hüllte das kleinen Wäldchen in ein fröhliches Strahlen. Der Boden unter ihren Füßen war uneben, doch sanft und weich unter ihren nackten Füßen. In der Ferne hörte sie einen Bach plätschern und ging in diese Richtung.
Im Licht der Sonne glänzte das Wasser wie eine Millionen kleiner Kristalle.
In der Spiegelung im Wasser erkannte sie ihr Gesicht. Ihre braunen Augen leuchteten und ihre Mundwinkel umspielten ein leichtes Lächeln. Als sie wieder aufblickte, erkannte sie ein weißes Lama, dessen Fell sie an eine bauschige Wolke erinnerte, an der anderen Seite des Ufers stehen und sie aus schlauen Augen anblicken. Zögernd watete sie durch den seichten Fluss hindurch und auf das Lama zu. Mit einem letzten Blick in ihre Augen, drehte sich das schöne Tier um und lief in die entgegengesetzte Richtung.
‚Wo führst du mich hin?', dachte das Mädchen, als es ihn hinterherlief.
Immer weiter in den stillen Wald hinein...

von _KaTieV_