Kapitel 3 - Schlaflos

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Nach der Aufteilung in Gruppen wurden die Kinder zunächst in ihre Quartiere gebracht. Sie würden fortan jede Sekundenbruchteil miteinander verbringen, um den anderen kennenzulernen. Dabei legte der Ausschuss keinen Wert darauf, dass sich irgendwelche Freundschaft bildeten, sondern wollte damit erzielen, dass sie binnen kürzester Zeit auffälliges Verhalten verstanden und in Zukunft, wenn von ihnen verlangt wurde Undercover zu agieren, in der Lage waren ohne aufzufallen in jede Personengruppe nahtlos einfügen zu können. Der erste Tag blieb recht harmlos - sie sollten erstmal Ankommen und vielleicht aufgewühlte Gefühle herunterfahren, besonders diejenigen, die ruhig gestellt worden waren, mussten zunächst aus ihrer Trance aufwachen.
Keigo und Touya folgten entsprechend gehorsam dem Mann, der sie zu ihren Räumlichkeiten brachte, während dieser Ran trug, da diese nur mit Mühe und Not überhaupt auf den Beinen bleiben konnte. Fragen, welche die Kinder dabei stellten, blieben ungehört.

Der ihnen zugewiesene Raum war relativ klein. Es standen drei Betten, drei Schränke und drei Schreibtische darin, doch an keiner einzigen Wand befand sich ein Fenster. Den Ursprung hatte dies nicht nur darin, weil die Basis mitten in einen Berg gebaut wurde, sondern viel mehr taktische Hintergründe. Sie wollten die Kinder von der Außenwelt abkuppeln. Dementsprechend gab es nirgends Fenster oder Uhren, die darauf schließen lassen konnten, wie viel Uhr es ist. Das Training begann schon hiermit. Obwohl es noch keine körperliche Betätigung gab, obwohl nichts von ihnen verlangt wurde, formte man hier ihren Geist. Sie sollten ihren Tag-Nacht-Rhythmus verlieren, damit sie konstant unter Stress standen, denn nur so konnte ihr Überlebensinstinkt geweckt und ihre Fähigkeiten auf dem momentan höchsten Level genutzt werden.

Die beiden Jungen setzen sich auf ihre Betten, während das einzige Mädchen in ihrem Kreis auf ihres gelegt wurde. Nachdem ihre Neugierde, wo sie waren, was sie erwartete und so weiter im Keim erstickt wurde, indem niemand darauf einging, entschieden sie sich dafür einfach abzuwarten. Erst als der Herr im Anzug aus dem Zimmer trat, traute sich jemand zu sprechen. „G-gehts ihr gut?", fragte Keigo, blieb jedoch sitzen und sah nur besorgt zu ihr herüber. Touya zuckte nur desinteressiert mit den Schultern ehe er sich hinlegte. Es herrschte komische Stimmung - nicht zuletzt, weil jeder erschöpft war und seine Ruhe brauchte. Das Mädchen lag wie gelähmt auf ihrem Bett und starrte Löcher in die Decke, Touya schlief ein und Keigo wollte etwas tun. Bewaffnet mit seiner Endeavorpuppe im Arm stieg er von seinem Bett ab und trat an das der Rothaarigen. Vorsichtig tippte er sie an. „Geht's dir gut?" Sie reagierte nicht, blinzelte benommen, weshalb er kurzer Hand eine Feder zückte. Behutsam kitzelte er ihr unter der Nase, aber sie verzog diese nur kurz. Kein Niesen, nichts. Er ging weiter zu ihren Ohren. Nichts. Dann kitzelte er sie unter den Füßen und landete einen Volltreffer.

Als wäre Ran aus einem Schlaf mit offenen Augen gerissen worden, sprang sie auf und stand plötzlich auf ihrem Bett, den blonden Jungen daneben erschrocken anblickend. Mit einem Mal vom Liegen ins Stehen geschossen, tanzten vor ihren Augen schwarze Punkte, die ihr Sichtfeld einschränkten und mit dem kurzen Schwindel sie dazu veranlassten sich an der Wand hinter sich abzustützen, ehe ihr Körper wieder mit sich ins Reine kam. „Wo bin ich?", fragte sie und sah sich um. Sie kannte die Räumlichkeiten nicht, noch kannte sie die beiden Figuren, die mit ihr hier saßen. „Beim Hero-Trainingsprogramm.", antwortete Keigo, während der Rothaarige Junge, der mit allem nichts zu tun haben wollte, den Blick über die Schulter auf die beiden richtete. Die türkisen Augen sah die beiden nur erschöpft an. In seinem Kopf zogen bereits diverse Gedanken seine Kreise. Wie könnte er vorzeitig gehen, was hätte er tun müssen, um wieder in ein normales Leben zu gelangen - mit den beiden Krachmachern würde das nur schwer werden. Das Mädchen hingegen ließ sich verwirrt wieder aufs Bett sinken. „Was für ein Programm? Ich will nicht hier sein.", beschwerte sie sich lauthals, genervt die Wangen aufplusternd. Sie hatte sich wirklich nicht freiwillig dafür entschieden sondern wurde wortwörtlich entführt.

„Daran ändern lässt sich nichts.", brach Touya für heute das erste Mal sein Schweigen und richtete sich wieder auf. Insgesamt wirkte er am zierlichsten obwohl er der Größte der Gruppe war. „Wir sollten das Beste daraus machen." - „Genau!" Keigo stimmte gleich ein und entschied sich dafür auf dem eigenen Bett mit der Endeavor-Puppe zu spielen. Seit dem Zeitpunkt, das dieser ihm das Leben gerettet hatte, war er zu seinem großen Vorbild geworden. Er wollte unbedingt ein Held, wie er werden. Touya hingegen rümpfte beim Anblick des Spielzeugs angewidert die Nase zusammen - etwas, dass dem kleinen beflügelten Jungen nicht entging, er ließ es jedoch unkommentiert.

Irgendwann holte die Kinder die Erschöpfung, so dass sie alle nur noch auf den Betten lagen - alle auf dem Rücken, den müden Blick gen Decke gerichtet. Eigentlich hätte sie der Schlaf schon lange eingeholt, jedoch war es das eklig, quälende Licht der Neonröhren, dass in ihren Augen brannte und verhinderte, dass sie ruhig in die Welt der Träume driften konnten.
Keigo drehte sich auf den Bauch und nutze seine Flügel dazu, um sich eine kleine Höhle zu bilden mit seiner Decke, um ein wenig Licht abzuschirmen. Touya hatte den Arm auf den Augen liegen, während Ran den Kopf unters Kissen steckte. Sie waren allesamt müde, ihre Augen brannten von der Helligkeit und sie konnten kaum einen klaren Gedanken formulieren, ohne diesen fünf Mal von Neuen zum beginnen.

Zu ihrem Pech waren die Räume allesamt überwacht. In jeder der Ecke fand sich eine kleine Kamera, die versicherte, dass die Kinder niemals ohne Kontrolle waren. Doch der Hintergedanke war noch ein anderer, der sich just in diesem Zeitpunkt zeigte. Kaum, dass sie augenscheinlich in den Schlaf abdrifteten, ihre Müdigkeit die kleinen Körper abholte und den Geist zur Ruhe betten wollte, ging die Tür auf und drei Männer traten herein. Eigentlich erschrecken sie allesamt, als die Tür aufschlug und Schritte herein trampelten, schafften es jedoch nicht völlig kraftlos auch nur eine Reaktion darauf zu zeigen, stattdessen blieben sie einfach liegen. Seufzten angestrengt, ehe unisono ein Schrei durch den Raum ging.

Zeitgleich hatten die Männer Eimer Wasser über die Kinder gekippt und somit, gezwungener Maßen, ihre Lebensgeister geweckt. Keigo sah nur benommen und verwirrt zu ihnen auf, Touya und Ran sprangen energisch auf und wollten den Übeltätern direkt an den Hals. „Was zum Teufel soll das!?", fuhr das Mädchen den Herren, der sie unter den Armen packte und von sich weghielt, an. „Ihr spinnt doch!", stimmte Touya ein und zappelte wild mit den Beinen in der Hoffnung einen Tritt zu landen. Keine Antwortete ihnen, stattdessen war ein Rauschen zu hören, bevor blechern aus einem Lautsprecher die Stimme, die sie hier begrüßte erklang. „Das ist Teil eures Trainings. Gelingt es euch nicht längere Zeit ohne Schlaf auszukommen, könnt ihr euch gegen schwierige Gegner nicht behaupten." So plausibel seine Erklärung klang, bei den Kindern kam diese nicht an - lediglich Keigo nickte und verstand was vor sich ging, die beiden anderen interessierte es nicht. Touya beruhigte sich relativ schnell, während Ran vor Wut kochte. „Ich hab' mir das nicht ausgesucht!", maulte sie direkt los und biss dem Anzugträger in den Arm. Doch er rührte sich keinen Zentimeter, völlig gleich wie tief sich ihre Zähne in sein Fleisch bohrten. Er hielt sie weiterhin fest und ließ sie erst herab, nachdem sie zur Ruhe gekommen war. ‚Sind das wirklich Menschen?', war das einzige, was ihr dazu einfiel, ehe sie das Zimmer wieder verließen und Damen in weiß gekleidet hereinkamen. Es war ein fliegender Wechsel. Sie tauschten Matratze und Bettwäsche gegen Trockene aus und überließen die Kinder wieder sich selbst.

Letztendlich zerrten sie bewusst an den Kräften der Kindern und während die restlichen bereits nach einem Tag auf dem Zahnfleisch gingen, gelang es diesen drei - besonders dadurch, dass sie sich untereinander unterhielten - länger auszuharren. „Ich bin Takami Keigo." - „Todoroki Touya." - „Shousan Kyouran, freut mich!" Die kleine Vorstellungsrunde der drei endete letztendlich damit, dass Keigo begeistert Touya ansprang und direkt einige Fragen zu dessen Vater hatte - wie oft bekam er schließlich die Chance mit jemandem zu sprechen, der direkt zur Familie Endeavors gehörte? Der Rotschopf stieß ihn jedoch weg und wollte seine Ruhe. „Ich will nicht darüber reden!", fuhr er ihn an und zog sich zurück, während das Mädchen und der Takami verwirrt nur zusahen, wie sich der dritte im Bunde wieder hinlegte.
Auch wenn sie es noch nicht benennen konnten, es zerrte an ihren Nerven und machte sie dünnhäutig, denn Touya zeigte sich die Zeit vorher immer recht ruhig, mittlerweile nagte es auch ihm. Es brauchte nur noch wenige Stunden bis diese Drei am Ende ihrer Kräfte waren - wirr sprachen sie vor sich hin, führten Dialoge mit sich selbst oder Bildern, die sich vor Erschöpfung bei ihnen auftaten.

Damit war der erste Schritt im Training zum Helden gemacht - doch die eigentliche Hölle begann erst.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 09, 2020 ⏰

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