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Kapitel 7

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Stöhnend blinzelte ich, als das Licht in meinem Zimmer plötzlich anging und ich die verschwommenen Umrisse von Mary sah. Sie stand, die Hände in die Hüften gestemmt, mitten in meinem Zimmer.

„Charlie, du musst aufstehen! Sonst kommst du zu spät. Hopp!"

Ich kniff die Augen wieder zusammen und versuchte, mit der Hand das Licht abzuwehren, was natürlich nicht funktionierte.

„Noch fünf Minuten", murrte ich und zog mir das Kissen über den Kopf, aber Mary zog es mir einfach weg.

„Steh auf!" Mit diesen Worten verschwand sie wieder und ich setzte mich schlaftrunken auf, damit ich bloß nicht einschlief. Aber da das mit meiner jetzigen Müdigkeit selbst im Sitzen passieren konnte, stand ich dann doch lieber auf und machte mich mit frischen Anziehsachen in der Hand auf den Weg in die Dusche. Eigentlich wollte ich heute meine Lieblingshose von gestern anziehen, aber dank dem beschissenen Motorradfahrer konnte ich mir das wohl abschminken.

Gerade, als ich in die Dusche steigen wollte, begann mein Handy zu klingeln. Ein Blick auf das Display verriet mir, dass es Isabella war. Aber dass sie mich um diese Uhrzeit anrief, wunderte mich, denn normalerweise schlief sie noch.

„Ja?", meldete ich mich und musterte mich dabei im Spiegel.

„Charlie! Ich brauche dringend deine Hilfe!", hörte ich sie sagen.

„Ähm ... okay? Und wobei?"

„Ich habe keine Ahnung, was ich anziehen soll!" Sie seufzte frustriert.

„Ist das dein Ernst? Mit deinen Klamotten kann man ein ganzes Land versorgen!", lachte ich. „Wieso bist du überhaupt schon wach?"

„Keine Ahnung, ich hatte einfach Lust, heute gut auszusehen."

Ich runzelte skeptisch die Stirn, wagte es aber nicht, weiter nachzufragen, denn ich hatte das Gefühl, dass es etwas mit Aiden zu tun hatte.

„Ich kann dir da nicht weiterhelfen, ich kann deine Klamotten über das Telefon nicht sehen, sorry."

Sie stöhnte auf. „Okay, egal. Wir sehen uns dann in der Schule."

„Bis nachher."

Kopfschüttelnd stieg ich in die Dusche und kam zehn Minuten später mit einem viel besseren Selbstgefühl wieder heraus.

„Guten Morgen!", begrüßte Mary mich, als ich eine weitere halbe Stunde später angezogen und geschminkt in der Küche ankam. Auf dem Tisch standen wie jeden Morgen zwei Teller mit frischen Brötchen und Tee, dessen Anblick das Grummeln in meinem Magen bestärkte.

„Und? Gehst du heute zu Isabella oder kommt sie hierher?"

„Sie kommt wahrscheinlich hierher", sagte ich und trank einen Schluck von meinem Tee. Mhh, Vanille.

Dienstags war es bei Isabella und mir Tradition, dass wir uns zum Hausaufgabenmachen trafen, da sie die absolute Niete in Mathe war und ich für gewöhnlich nachhelfen musste.

Nachdem ich gefrühstückt hatte, machte ich mich auf den Weg zur Schule. Wie fast jeden Tag lief ich, da ich erstens kein Auto besaß, da mein Vater mir erst mit 18 eins erlaubte und zweitens Busse über alles hasste. Die ganzen Menschen, die sich drängelten und dann auch noch die Leute, die wohl noch nie etwas von Deodorant gehört hatten, konnte ich mir am Morgen dann doch sparen.

Isabella kam schlussendlich, wider Erwarten, mit einer normalen Jeans und einer Bluse zur Schule. Doch Aiden ließ sich den ganzen Vormittag über nicht blicken (nicht, dass ich darauf achten würde). Auch, wenn Isabella es versuchte; die Enttäuschung stand ihr dick und fett auf die Stirn geschrieben.

Sie begann vermutlich (aus den unbegreiflichsten Gründen), Aiden zu mögen. Nun, ich sagte dazu nichts. Es war jedoch nur eine Frage der Zeit, bis ich wieder mit Taschentüchern, Teeniefilmen und Schokoladeneis bei ihr aufkreuzen musste. Ihr einen Jungen aus dem Kopf zu schlagen, hatte sich bei den letzten Malen nämlich als unmöglich erwiesen.

Carter ließ mich zu meiner Überraschung in Ruhe, doch der Tag bis zur Mittagspause zog sich dennoch endlos lang und wie so oft, war ich die erste, die den Raum verließ und zur Cafeteria stürmte. Aber leider wurde mein Enthusiasmus getrübt, als ich sah, wer schon wieder auf meinem Platz saß. Hatte der Typ etwa Tomaten auf den Ohren?

„Ach, lass ihn doch", sagte Isabella beschwichtigend, während ihre Augen zu glitzern begannen.

Aber ich schüttelte nur den Kopf und ging mit selbstsicheren Schritten auf Aiden zu. „Hey!", sagte ich bissig und fixierte ihn mit dem düstersten Blick, den ich aufbringen könnte.

„Selber hey", erwiderte Aiden ruhig und schenkte mir ein freches Grinsen, da er genau wusste, was jetzt kommen würde.

„Du sitzt wieder auf meinem Platz!"

„Steht hier vielleicht irgendwo dein Name drauf?", fragte er und sah mich unbeeindruckt an.

Gott, irgendwann würde ich ihn sicher umbringen.

„Nein. Aber irgendwie versteht es trotzdem jeder, nur in dein Erbsenhirn geht es nicht hinein."

„Ja, blöd", seufzte er und sah mich gespielt mitleidig an.

„Du auf jeden Fall", erwiderte ich trocken, was ihn scheinbar zu amüsieren schien, denn für den Bruchteil einer Sekunde zuckten seine Mundwinkel nach oben.

Ich wollte ihn von diesem verdammten Stuhl schubsen, aber da ich wusste, wie affig es wäre einen Terz wegen eines blöden Sitzplatzes zu machen, riss ich mich zusammen und ging wieder zu dem Platz, an dem Isabella saß, die Aiden verträumt ansah.

„Ach, übrigens!", rief dieser mit einem herausfordernden Glitzern in den Augen. „Ist die Hose wieder sauber?"

Verwirrt sah ich ihn an. War er jetzt total durchgeknallt?

„Was meinst du?"

„Ich denke, dass kannst du dir selbst zusammenreimen. Du bist doch so clever."

Hose? Hä? Ich musterte ihn nachdenklich, bis es mir schließlich dämmerte.

„Nein, die Hose ist ruiniert", knurrte ich und ballte meine Hände zu Fäuste. Wären wir in einem Comic, würde mir sicherlich Rauch aus den Ohren steigen.

Er war der Typ auf dem Motorrad gewesen. Der Arsch, der durch die Pfütze gefahren war!

„Schade um die Hose. Hat deinen Arsch gut zur Geltung gebracht."

Das war's.

„Du ...", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hinaus. „Mir ist noch nie so ein respektloses, bescheuertes Arschloch wie du untergekommen! Und bei Gott, ich werde dir jeden einzelnen versauten Spruch oder Hosenvorfall heimzahlen!"

Ich starrte ihn wutentbrannt an und schwor mir, ihm bei der nächsten Gelegenheit eine zu scheuern, was Aiden gar nicht zu realisieren schien, denn er lachte.

„Mann, da bekommt man ja beinahe Angst", sagte Aiden von oben herab.

„Leck mich, Aiden."

Daraufhin erwiderte er nichts, sondern hob einfach mit einem schmierigen Grinsen eine Augenbraue.

Ich zeigte ihm bloß den Mittelfinger, weil mir zum einen die Argumente ausgingen und es zum anderen es eh keinen Sinn hatte, mit Aiden zu diskutieren. Der Typ dachte anscheinend, dass er der tollste und beste Kerl auf der Welt wäre und genau solche Menschen konnte ich nicht leiden. Carter war manchmal auch so, was auch einer der Gründe war, warum ich ihn nicht datete. Das Problem bei solchen Jungs: sie waren sich nicht mal bewusst, dass sie sich wie arrogante Kotzbrocken benahmen. Also wurde es schleunigst Zeit, dass jemand anfing, es ihnen klar zu machen. Und wer eignete sich dafür besser als ich?

Pale green eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt