Chapter 5

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Chapter 5

Schnell verließ ich das Mehrfamilienhaus und wandte mich, ohne mich noch groß weiter umzusehen in Richtung Stadtmitte. Zumindestens glaubte ich das, denn meine Orientierung war jetzt auch nicht die Beste, aber bisher war ich immer gut zurecht gekommen. Unbekümmert lief ich die Straßen runter, bis ich an einer Straßenecke einen Kiosk mit Eiscremeverkauf entdeckte. 

Ohhh ein Eis wäre jetzt ganz schön... Ohne noch einmal zurückzublicken, lief ich auf das kleine Geschäft zu und stieß die Tür auf. Dafür musste die Zeit jetzt auch noch reichen. 

Flüchtig sah ich mich in dem kleinen Raum um, der aussah wie jeder andere Kiosk. Die Wände waren von Regalen bedeckt, in denen sich Produkte von oben bis unten in allen möglichen Farben so hoch stapelten, dass man Angst hatte, bei der kleinsten Berührung von einem würden alle rausfallen und auf einen stürzen. Anschließend wandte ich mich zur Kasse um, hinter der ein junger Mann stand und mir bereits neugierig entgegen blickte.

Etwas schüchtern ging ich auf ihn zu und hob meine Hand kurz zum Gruß. ,,Ehm, hi.''

Für ein paar Sekunden musterte er noch schweigend mein Gesicht, bevor sich langsam ein strahlendes Lächeln auf seinen Wangen ausbreitete, sodass sein ganzes Gesicht sich erhellte. ,,Hey Kleine! Dich hab ich ja noch nie hier gesehen.'' 

Ungewollt lächelte ich zurück und betrachtete ihn nun ebenfalls genauer. Braune Locken umrahmten sein markantes blasses Gesicht, auf dem ich einzelne Sommersprossen um seine Nase herum erkennen konnte, seine Augen waren ein helles blau, klar wie der Himmel an einen heißen Sommertag und wirkten offen und freundlich. Er war vielleicht einen Kopf größer als ich und wirkte aufgrund seiner breiten und muskulösen Schultern relativ sportlich. Er sah gut aus, und das erste Wort das mir bei seinem Einblick einfiel war Sunny Boy. Denn genau so wirkte er auf mich. Wie ein Sonnenschein. 

,,Das kann tatsächlich sein, ich wohne nämlich erst seit gestern hier.'', antwortete ich ihm freundlich und trat näher, wobei mein Blick gleich darauf auf die Eistheke fiel.

Überrascht weiteten sich seine Augen und interessiert stützte er sich neben der Kasse auf seinen Ellenbogen ab, bevor er mich fragend ansah. ,,Und was führt dich bitte hierher? Es kommt so gut wie nie vor, dass jemand Außenstehendes hierher zieht. Die meisten wollen eher raus als rein.'' 

Ich zuckte die Schultern und erwiderte, während ich im Kopf schon meine Eiskugeln auswählte: ,,Meine Gran lebt hier. Ich möchte sie nicht alleine hier ganz ohne Familie wissen, also hab ich mich entschieden einfach auch herzukommen. Ist doch mal eine andere Lebenserfahrung als immer nur in Großstädten.'' Während ich sprach runzelte Sunny Boy seine Stirn, was mir zeigte dass er nicht wirklich nachvollziehen konnte, dass ich eine Großstadt für ein Kaff wie Derry eintauschte und das auch noch freiwillig, aber bevor er mich darauf weiter ansprechen konnte, kam ich schnell auf das Eis zu sprechen und direkt war er wieder in der Verkäuferrolle. 

,,Aber klar doch, was darf es denn sein? Becher, Waffel? Ein? Zwei? Zehn Kugeln?'' Direkt griff er nach einem Eislöffel und stellte sich wartend hinter die Eisbehälter. 

Überlegend hielt ich meine rechte Hand an mein Kinn und die andere auf die Hüfte gestemmt. Hmmm ich konnte mich einfach zwischen zwei Sorten nicht entscheiden... Ach egal, dann nahm ich einfach beide. 

,,In einer Waffel, einmal eine Kugel dunkle Schokolade und  eine Kirsche.'', bestellte ich und sah wieder zu ihm hoch. 

Lächelnd nickte er. ,,Kommt sofort.''

Nach einigen Momenten hielt ich bereits das Eis in der Hand und nach einem Blick auf die Uhr, kramte ich schnell einen fünf Dollarschein aus meiner Tasche und drückte ihn Sunny Boy in die Hand, bevor ich mich hektisch verabschiedete. ,,Dankeschön! War nett dich kennenzulernen, wir sehen uns bestimmt noch einmal irgendwann!'' Und ohne auf eine Antwort zu warten, rannte ich aus dem Geschäft heraus und hörte nur noch ein perplexes ,,Eh, Ciao!'' das mir hinterher gerufen wurde. 

Ich trat wieder auf die leere Straße und setzte meinen Weg Richtung Stadtmitte fort.  Liebevoll betrachtete ich die Eiswaffel in meiner Hand, bevor ich sie an meinen Mund hielt und genüsslich probierte, wobei ich kurz meine Augen schloss. Direkt traf die fruchtige Note der Kirsche auf die Geschmacksknospen meiner Zunge, begleitet von der Süße der Schokolade, mit einem leicht bitteren Nachgeschmack. 

Ich liebte diesen Geschmack und die Kälte ließ mich noch ein bisschen wacher werden. Ich sah mich weiter um, versuchte mir die Umgebung einzuprägen, als ich in eine verlassene Straße einbog. Ich drehte meinen Kopf, um den Namen der Straße auf dem Schild links von mir lesen zu können, auf dem in schwarzen Buchstaben ,,Neibolt Street'' stand. 

Meinen Weg fortführend speicherte ich den Namen in meinem Unterbewusstsein ab und schlenderte Eis essend den Weg weiter entlang. Die Straße war ruhig, so ruhig, dass ich nicht mal das Rascheln der Bäume am Ende der Straße hören konnte, doch ich dachte nicht weiter drüber nach, denn ich war mir sicher, dass dies nur meine immer anwesende Paranoia war. Unbesorgt leckte ich weiter an meinem Eis, als meine Gedanken wieder zu meiner zukünftigen Wohnung drifteten, was mich leicht aufschreckte. Hektisch zog ich mein Handy aus der Tasche, um die Uhrzeit noch einmal zu überprüfen und erschrak, als ich sah, dass es nur noch 10 Minuten bis zur vereinbarten Uhrzeit waren. Prompt fing ich an schneller zu laufen, sodass ich fast schon rannte. Währenddessen blickte ich weiter auf das Display, dabei die Adresse mühsam mit einer Hand in die Navigation einzugeben, als... ,,Hiya Dakota!'' 

Bei dem Klang der schrillen Stimme schoss mein Kopf nach oben und erschrocken weiteten sich meine Augen, doch mein Arm war schneller als ich, sodass meine Hand mit der Waffel reflexartig ausholte und das Eis auf die Figur nur wenige Meter vor mir schoss, doch mein Tempo war nun auch nicht mehr zu zügeln, sodass mein Eis gefolgt von mir, gegen die Person flog. Der Aufprall presste mir die Luft aus den Lungen, sodass ich für ein paar Sekunden einfach nur eng an den Fremden vor mir gepresst stand, den Kopf direkt auf seinem von Eis befleckten Bauch und versuchte, den Schock zu verarbeiten. Am Rande nahm ich war, dass die Person sich trotz des Zusammenstoßes nicht mal einen Millimeter vom Fleck gerührt hat, an ihrer Stelle läge ich jetzt wohl am Ende der Straße auf dem Boden. 

Plötzlich drang ein hohe Kichern von oben in mein Ohr, was sich zu einem tiefen rumpelnden Lachen in der Brust des Fremden entwickelte, und zwei lange, muskulöse, von Rüschen bedeckte Arme, schlangen sich fest um meinen Körper und drückten mich noch enger an die Person. Direkt darauf, spannten sich die Muskeln vor mir an und ein Kopf kam meinem langsam näher, sodass ich mit geweiteten Augen meinen Blick starr auf grauen den Stoff direkt vor meinem Gesicht gerichtet hielt und den Atem anhielt, unfähig mich vor dieser plötzlichen Annäherung zu schützen. Ein großes sich rau anfühlendes Gesicht schmiegte sich an meine linke Wange, und warme Lippen legten sich an mein Ohr, sodass ein heißer Atem an meine Ohrmuscheln stieß. 

Ein leises Säuseln erklang, so sanft, dass meine Knie kurz weich wurden und doch, stieg in mir ein Gefühl der Bedrohung auf, als die Worte mit einem leisen Hauchen endeten. 

,,Was für eine reizende Art mich zu begrüßen, Daku.'' Und ich konnte spüren, wie die Lippen sich an meiner Haut zu einem Lächeln verzogen.




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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 02, 2020 ⏰

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Beneath The Drain || p.w.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt