Kapitel 20

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"Auch nen Schluck?"

"Äh....Nein, danke. Aber könntest du mir erklären, warum du mitten in der Nacht Ketchup trinkst? Warum du überhaupt Ketchup trinkst?" Er sah mich leicht angewidert an. Dabei schmeckt Ketchup pur gar nicht mal so scheiße. Zumindest nicht, wenn man Hunger hat.

"Hast du heute schonmal in den Kühlschrank gesehen? Da ist nix mehr drin. Selbst den Tomaten war es zu langweilig, dass sie zu leben angefangen haben."

"Hast du sie dann wenigstens weggeworfen?"

"....."

"Rikka?"

"Äh...nö?" Ich zuckte nur mit den Schultern. "Ich war auf der Suche nach essen, dann ist das zweitrangig. Aber wie kann es sein, dass wir über einem Lebensmittelladen wohnen, der sogar unserer Familie gehört, und nichts zum essen im Kühlschrank haben?"

"Wir sind einfach beide zu faul?" Zur Untermalung legte Keishin seine Füße auf den Couchtisch und zündete sich eine Zigarette an. Ich ging zu ihm, ließ mich neben ihm auf der Couch nieder und tat es ihm gleich, mit dem Unterschied, dass ich mir, anstatt einer Zigarette, noch einen kräftigen Schluck Ketchup gönnte.

"Hast recht. Trotzdem muss einer morgen einkaufen."

Ab da wurde die ganze restliche Nacht diskutiert, wer einkauft. Wenn man das selbe Faulheitslevel wie wir beide hat, kommt man selten zu einer Lösung. Aber es gibt Ausnahmen. Diesmal konnten wir uns darauf einigen, dass ich die Sachen zusammensuche, bezahle und in Taschen packe und er diese dann nach oben in die Wohnung trägt und auspackt. 

Leider mussten wir nach unserer Einigung feststellen, dass es bereits vier Uhr morgens war und Keishin in einer Stunde auf dem Feld zum arbeiten sein muss. Ich hatte noch zwei Stunden, bevor ich zu meiner Lauf-Runde aufbrechen werde. Da schlafen jetzt auch keine Option mehr war, beschloss ich den Einkaufszettel zusammen zu stellen. Das meiste war letztendlich Junkfood und Süßigkeiten, aber was solls. Man sieht es ja an den Tomaten, die immer noch im Kühlschrank sind und definitiv nicht von mir entfernt werden, dass wir selten Gemüse und Obst essen. Keishin kann sie später wegwerfen oder frei lassen, wenn er den Kühlschrank einräumt.

Danach machte ich mich zum Laufen fertig. Glaubt mir, im müden Zustand ist joggen wesentlich schlimmer als das Anfangen damit, obwohl immer gesagt wird, dass es einen wach macht. Bei mir bewirkt es eher das Gegenteil. Deshalb merkte ich gar nicht, nachdem ich mich auf den Weg machte, dass ich bereits an der Bushaltestelle von Aone und Futakuchi angekommen war, und lief, was sollte man auch anderes von mir erwarten, in jemanden rein. Eigentlich dachte ich, wegen der Statur und wie ich abgeprallt bin, dass es Aone war und wollte mich schon bei ihm entschuldigen, aber als ich nach oben sah, sah ich in das Gesicht eines gelben Angry-Bird. 

"Wer bist denn du?" Völlig perplex vergaß ich mal eben meine Manieren und schaute ihn verdattert an, anstatt mich zu entschuldigen. Er war ebenfalls ein Riese und schaute auf mich mit einem für mich nicht definierbaren Blick. Dann sah aber Futakuchi hinter den Riesen hervor.

"Oh hey Rikka! Warum guckst du denn so? Was hast du gemacht, Kogane?" Das letzte sagte er etwas genervt zu dem riesen Vogel vor mir. Dieser wiederum guckte nun etwas geschockt.

"Hey Futakuchi. Nein er hat nichts gemacht. Ich bin nur wieder gegen jemanden gelaufen, in diesem Fall gegen ihn hier, und war etwas verwirrt, dass es nicht Aone war." Wie jedes mal, wenn etwas peinlich war, legte ich meine Hand in den Nacken. Jetzt würde nur noch dieser epische Anime-Tropfen fehlen. Während Futakuchi sich das lachen verkneifen muss, kam jetzt auch Aone in mein Sichtfeld und begrüßte mich stumm.

"Also gut. Ich bin Rikka Ukai. Wer bist du denn jetzt eigentlich?" Da der Angry-Bird etwas verloren aussah und anscheinend keinen Plan hatte, was hier eigentlich abging, versuchte ich ihn jetzt aus seiner Verwirrtheit zu befreien. 

"Ich bin Kanji Koganegawa. Kannst auch Kogane sagen. Gehst du auch auf unsere Schule oder woher kennst du Aone und Futakuchi. Spielst du auch Volleyball?.." Und es startete eine Salve von Fragen. Mir ging nur 'Hinata in Groß' durch den Kopf, war dann aber doch etwas überfordert und schaute hilfesuchend zu Futakuchi. Dieser haute Kogane nur kurz auf den Kopf und er war still.

"Also Kogane, ich bin etwas überfordert grade. Also ich gehe nicht auf eure Schule, aber ich kenne die beiden von meiner Jogging-Runde. So wie heute bei dir, bin ich damals voll in Aone reingerannt. Naja und seit dem sehen wir uns morgens. Aber wo kommst du auf einmal her?"

"Er ist vor kurzem hier in die Gegen gezogen. Vorher ist er wo anders eingestiegen. Er hätte da auch meinetwegen bleiben können." Das letzte sagte Futakuchi nur so leise, dass ich es hören konnte. Trotzdem bekam er meinen Ellenbogen in die Seite gestoßen und ihm entfuhr ein kleiner Schmerzlaut.

"Und du spielst auch Volleyball?"

"Ja, da unsere Drittklässler nicht mehr da sind, bin ich der neue Zuspieler!" Er sagte das mit sehr viel Stolz. Futakuchi verkniff sich sein lachen und Aone...ja gut, er war so wie immer. Aber so ein großer Zuspieler, ich bin echt beeindruckt. Er war nämlich genau so groß, wie auch Aone und Futakuchi.

"Das macht eure Mauer ja noch gefährlicher. Aber sagt mal, macht ihr auch bei dem Sommercamp mit?" Durch den Gedanken an das Camp kam meine Vorfreude wieder hoch. Das wird uns so viel Möglichkeiten bieten und ich kann unendlich viel Mist bauen. Aber lassen wir das erstmal. Erwartungsvoll schaute ich die drei an. Anscheinend haben sie meine Freude gemerkt und grinsten. Sogar Aone!

"Aber klar. So eine Trainingschance lassen wir uns doch nicht entgehen. Vor allem, wenn wir euch bei dem Vorentscheid des Frühlingsturniers schlagen wollen." Provozierend sah Futakuchi mich an. Da kann man doch nur mit machen.

"Ach und ihr glaubt, dass ihr durch das Camp uns schlagen könnt? Denk dran, wir sind da auch." Und schon mussten wir beide lachen. Natürlich war es von uns beiden ernst gemeint, aber die Situation war etwas absurd gerade. Dann kam auch schon der Bus und ich musste mich von den Dreien verabschieden. 

Schnell war ich wieder zu Hause. Als nächstes stand für mich einkaufen an. Deshalb verbrachte ich erst einmal eine Stunde im Bad. Als ich dann mit Duschen und allem möglichen, was man halt im Bad macht, fertig war, zog ich mich ganz langsam an. Ich lass mich ja nicht stressen. Danach nahm ich mir meinen Einkaufszettel und die Einkaufstaschen, ging Richtung Haustür, entschied mich dann aber doch dagegen und setzte mich erstmal aufs Sofa und schaltete den Fernseher an. Man ich HASSE einkaufen. Ja klar, ich muss nur mal eben die Treppen runter und durch eine Tür in unseren Laden, aber das ist schon echt ätzend.  

In Deutschland konnte ich meine Freundin immer dazu überreden einkaufen zu gehen. Im Gegensatz dazu habe ich die Wohnung sauber gehalten. Kann man sich bei mir zwar nicht vorstellen, aber das habe ich dann doch lieber gemacht, als einkaufen. Hab ich schon erwähnt, dass ich einkaufen nicht mag? Nein? Na dann: ICH HASSE EINKAUFEN. 





Mein Leben, oder wie sich dieses Chaos nenntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt