KINDER

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𝒥𝓊𝒷𝑒𝓁𝓃𝒹  und schreiend liefen die wilden Kerle aus der Bank von Herrn Maximilian. Sie hatten es geschafft! Der Teufel höchstpersönlich hatte – mehr oder weniger – zugestimmt ihnen das Geld zu geben! Glücksgefühle strömten durch den Körper eines jeden einzelnen von ihnen. Es war beinahe so, als könnte sie nichts mehr aufhalten. Sie würden das Spiel am Wochenende gewinnen und dann könnte sie niemand mehr stoppen. Die erste Hürde war genommen und das alles dank eines Mädchens, welches keiner der Kerle auch nur annähernd zu kennen schien. Die Einzige, die sich dazu geäußert hatte, war Vanessa gewesen. Jedoch schwirrte jedem der Kerle etwas im Kopf herum. Wie eine dunkle Wolke, welche sich über das Gute erstreckte, dabei alles in einen dunklen Nebel einhüllte. Ein Wall aus Fragen und bis jetzt noch unbeantworteten. Die Fremde passte einfach nicht zu den Kerlen. Sie schien zu sehr auf ihr Äußeres fixiert zu sein. Wahrscheinlich verbrachte sie unendlich viel Zeit damit sich zu schminken und die Nägel zu machen. Die Braunhaarige war durch und durch ein waschechtes stinkendes Mädchen.
Ein einziges Biest.

In dem ganzen Durcheinander verlor die Braunhaarige den Überblick. Lian war gerade aus der Bank getreten, da fuhren die Kerle mit ihren Rädern bereits los. Das Ganze hatte Leon mit einem „Auf geht's!" gestartet. Kurz darauf waren fast alle Kerle losgefahren. Die Jungen fuhren ihrem Anführer hinterher. Lian stemmte einen Arm an ihre Hüfte. Wie undankbar diese Kinder waren. Nicht einmal ein „Danke" hatte das junge Mädchen von ihnen bekommen. Aber was hatte sie schon bei diesem Ego von Anführer erwartet? Sein Ego war größer, als jeder Wolkenkratzer dieser Welt. Wenn Leon mal über seinen Schatten springen sollte, wäre es entweder das siebte Weltwunder oder es müsste in das Guinness-Buch der Rekorde eingetragen werden.

„Hey", riss eine Stimme Lian aus ihren Gedanken. Die Dunkelhaarige wand ihren Blick von der Richtung ab, in welche die Kerle verschwunden waren. Vanessa stand vor ihr. Das einzige weibliche Wesen der Fußballmannschaft war anscheinend nicht mit den Kerlen mitgefahren. Sie schien auf ihre Freundin gewartet zu haben. „Du kannst bei mir mitfahren, wenn du willst." Etwas misstrauisch betrachtete die Andere das Fahrrad. Es wäre vermutlich absolut lebensmüde, bei so einem Gerät aufzusteigen. Auf Lian machte es den Eindruck, als könnte es jederzeit zusammenbrechen, wenn sie eine falsche Bewegung machen würde. „Es sei denn, du willst schon nach Hause fahren?" Vanessa grinste ihre Freundin an und zögerlich setzte sich Lian auf den Gepäckträger – ihre Schuhe in der Hand.

Gemeinsam fuhren sie eine Landstraße entlang. Vanessa trat ziemlich schnell in die Pedale, sodass Lian sich an ihr festhalten musste. In einer Kurve waren komische Gestalten zu sehen. Sie trugen allesamt eine Zipfelmütze und eine Art Latzhose oder kurze Hose mit kariertem Hemd. Lian erinnerte diese Szene an die sieben Zwerge. Dieses Mal allerdings ohne Schneewittchen. An den Wänden von den Häusern war Graffiti zu sehen:

,Alles ist gut, solange du wild bist!'

,Für immer wild!'

,Sei wild! Gefährlich und wild!'

Das waren die häufigsten Schriftzüge. Sie waren eindeutig von den wilden Kerlen an die Wand gesprüht worden - in schwarz, weiß und orange. „Wer ist das?", fragte Lian und nickte in die Richtung der komischen Zwerge. Diese hatten Blumentöpfe in der Hand und sahen merkwürdig dabei aus. Die Jungen schienen viel zu alt dafür zu sein und trotzdem steckten sie in den Kleidern. Vanessa schenkte den Gestalten einem Seitenblick und fing an zu grinsen.

„Ach die? Das waren mal die unbesiegbaren Sieger, bis wir sie besiegt haben. Und sie sehen so aus, weil wir einen Vertrag mit ihnen haben. Die Verlierer müssen uns dienen – und zwar lebenslänglich!"

Sie konnte ganz deutlich das Lächeln und den Stolz aus Vanessas Stimme hören. Zu gerne wäre sie dabei gewesen, als die wilden Kerle gegen die unbesiegbaren Sieger gespielt haben. Der Sieg musst am Ende so süß gewesen sein. Fast so, wie Honig. Vanessa hatte damals unglaublich viel über die wilden Kerle erzählt, deshalb wusste Lian über jedes einzelne Detail bescheid. Und persönlich hatte sie die Mannschaft nur ein einziges Mal gesehen und zwar an Vanessas Geburtstag. Den Tag würde Lian niemals vergessen. Sie hatte sich damals sehr gefreut, als die Unerschrockene das Elfmeterschießen gegen die wilden Kerle gewonnen hatte. Von der Mannschaft hatte sie sich Kommentare anhören dürfen, bis die Braunhaarige ihnen den Mund gestopft hatte. Die Jungen schienen es vergessen zu haben, doch diese Erinnerung war Lian ins Gehirn gebrannt.

Mädchenhafter geht es nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt