DER BLASSE VAMPIR

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ℒ𝒾𝒶𝓃 überquerte die wackelige Brücke des Baumhauses. Dieses stand auf riesige Stelzen, welche in den dunkel grünen See hineinreichten. Aufgebaut war das Gebäude durch eine stämmige Weide. Die Sonnenstrahlen trafen auf die Blätter und ließen diese im Licht glitzern. Dabei war sich Lian jedoch sicher, dass es nur die Pollen waren, welche das Licht reflektierten. Das gleiche Prinzip wie bei einem Mond. Der Mond konnte nicht von selber leuchten. Er wurde von der Sonne angestrahlt und gab dieses Licht wieder ab. Dennoch war der Anblick für die Braunhaarige magisch. Die Festung der Kerle, Camelot, stand majestätisch und in seiner vollen Pracht und wurde währenddessen von den Strahlen der Sonne zum leuchten gebracht. Die wilden Kerle mussten viel Zeit damit verbracht haben, um das Material für das Baumhaus zusammen zu suchen und schließlich zu verarbeiten. Etwas unwohl klammerte sich Lian an das Geländer fest und starrte auf das Wasser. Die Burg mag zwar beeindruckend aussehen, doch das Mädchen konnte sich weder mit der Höhe nach dem tief-grünem Wasser anfreunden. Schluckend schmiss sie ihre Schuhe auf das Gras hinter sich. Diese konnte sie später immer noch holen.

Juli hingegen spazierte stur auf den Eingang seines Schlosses zu. Anscheinend war das wackeln der Bretter für ihn normal geworden. Verächtlich drehte er sich zu ihr um. „Verflixte Hühnerkacke! Wo bleibst du denn? Du wolltest doch unbedingt wissen, wo sich Gonzalez befindet!", meckerte der Streuner und verschränkte die Arme vor der Brust. Vor seine Augen klammerte sich Lian an das Geländer und tastete sich langsam voran. Wütend und frustriert funkelten ihre Augen dem wilden Kerl entgegen.

„Verfluchte Hölle! Ich versuche hier gerade meine Phobie zu bekämpfen, verdammt! Woher soll ich denn wissen, dass euer Kinderspielplatz auf einem beschissenen See ist!?", feuerte sie zurück. Ihre Beine waren stark am zittern, sodass es fast jeder Außenstehende sehen konnte. Die schwarzen Pupillen waren vor Aufregung geweitet. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?

Während sie mit um ihr Leben kämpfte, gab Juli einen geschockten Laut von sich. Die Augenbrauen des Braunhaarigen zuckten gefährlich. „Das ist kein Kinderspielplatz!", fauchte er Lian an, welche darauf ihre Augen unauffällig rollte. „Das ist unsere uneinnehmbare Festung, klar?! Aber so jemand wie du versteht das nicht!"

„Jemand wie ich?", fragte sie verächtlich und zwirbelte dabei eine ihrer braunen Haarsträhnen zwischen Daumen und Zeigefinger. Von außen mochte sie zwar stark aussehen, doch ihre vor Angst verkrampften Finger an dem Geländer sagten etwas anderes.

„Ein Mädchen!"

Julis,Augen bohrten sich in die von Lian. In ihnen flackerte ein blanker Zorn, der sich vollkommen gegen das Mädchen richtete. Eigentlich war sie hier, im Hauptquartier der Kerle, nicht willkommen. Ein kalter Schauer fuhr dem lockigem Mädchen über den Rücken. Juli rückte seine Mütze zurecht und verschwand mit einem finsteren Gesichtsausdruck in das Innere des Baumhauses.

Na herzlichen Dank auch, dachte Lian und ihre Augenlider zuckten gefährlich.

Die Bretter der Brücke fingen leicht an zu schwingen. Das Vibrieren erreichte Lian und diese krallte sich fluchend an das Geländer aus Holz. Blitzschnell verwandelte sich die Wut in Angst. Fest kniff sie ihre Augen zusammen und wartete, bis die Schwingungen vorbei waren. Langsam und vorsichtig setze Lian einen Schritt vor den anderen. Mit wackeligen Beinen bewegte sie sich wie in Zeitlupe auf den Eingang zu.

Lian versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Um den See herum standen Bäume, wessen Äste hinunter bis ins Wasser reichten. Diese trugen den Namen Trauerweide. Wahrscheinlich, weil die Blätter an den Ästen wie Tränen aussahen. Sie verliehen dem Ambiente eine zauberhafte Note.

Die Kerle schienen sich,  ihrer Meinung nach, viel aus sich selbst zu machen. Sie waren ziemlich arrogant und konnten sich keine Fehler eingestehen. Ihr Anführer war der schlimmste von allen, doch auch die anderen konnten unausstehlich sein. Genauso auch Juli. Lian war mit ihren Füßen auf dem Baumhaus angekommen und stützte sich außer Atem an dem Holz ab. Dabei schienen Mädchen für die wilden Fußball Kerle das Schrecklichste  zu sein, was sie jemals erlebt oder gekannt hatten.

Mädchenhafter geht es nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt