DER PLAN

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𝒩𝑜𝒸𝒽 immer schien die Sonne auf Marlon und Lian. Wahrscheinlich war das gute Wetter schuld daran, dass die wilden Kerle auf eine grausige Idee gekommen waren. Der Meinung des Mädchens nach, war ihnen wohl die Hitze zu Kopf gestiegen. Der Wind verpasste der Braunhaarigen einen angenehmen Schauer und kühlte ihre warme Haut. Gemeinsam mit Marlon radelte sie gerade eine Straße entlang, welche aus Grünwald hinausführte. Wobei der Rothaarige derjenige war, der in die Pedalen trat und sie nur hinten drauf stand. Während die Häuser hinter den Beiden immer kleiner wurden, wurde das Gebäude aus der Ferne größer. Langsam nahm der gewohnte Lärm der kleinen Stadt weiter ab, bis nichts weiter zu hören war. Nur der Fahrtwind rauschte in den Ohren von Lian und ab und zu durchdrang ein Vogelzwitschern diese fast unüberwindbare Wand. Marlon trat kräftig in die Pedalen, jedoch dauerte es dennoch weitere zehn Minuten, um den geplanten Treffpunkt zu erreichen.

Der Ort glich einer vertrockneten Einöde. Der besonders heiße Sommer hatte von jedem Opfer verlangt, besonders die Sträucher und das Gras hatten unter dem fehlendem Wasser gelitten. Viele Pflanzen trugen keine Blätter mehr oder nur noch kleine Überreste, welche ansatzweise als diese zu identifizieren waren. Keiner der Kerle war bisher angekommen. Marlon und Lian waren die ersten. Das junge Mädchen entdeckte einige Schienen auf dem Boden und verfolgte interessiert ihren Verlauf. Sie führten geradewegs auf das alte Gebäude zu, welches sich als der besagte Bahnhof herausstellte. Splitter von den Fenstern lagen auf dem Boden verteilt und reflektierten das Licht der Sonne. Einige alte Waggons standen verloren in der Steppe. Graffiti zierte die Seiten dieser.

Lian sprang vom Rad und kam in einem Stück auf dem Boden auf. Die Wärme hier glich beinahe schon einer unerträglichen Hitze. Es war heißer als in der Stadt - und schwül. Möglicherweise würde sie mit einem feuerrotem Sonnenbrand ins Bett gehen. Marlon tat es ihr gleich und ließ sein Rad zu Boden gleiten, auf welchem das Mädchen bis vor einer Sekunde noch mitgefahren war. „Wie lange denkst du brauchen die anderen, bis sie hier sind?", fragte Lian Marlon. Dieser kniff angestrengt die Augen zusammen und murmelte vor sich hin. „Vermutlich 30-45 Minuten?" Lian nickte nur und sagte nichts weiter. Die nächste halbe Stunde verbrachten sie damit, sich gegenseitig anzuschweigen. Es gab einfach nichts, was sie sich zu sagen hatten. Während Marlon angestrengt versuchte mit einem Kaugummi ein Loch im Reifen seines Fahrrades zu flicken, dachte das junge Mädchen über Gott und die Welt nach.

Ihr Leben hatte sich um einen Schlag komplett gedreht, seitdem Lian mit den Kerlen unterwegs war. Einerseits sollte sie froh sein, jedoch war sie andererseits genervt und verärgert, da die Jungen ein besonderes Verhalten jedes Mal an den Tag legten, wenn es nicht von ihnen verlangt wurde. Statt Mitgefühl oder Emphatie traten sie jedes Mal ins Fettnäpfchen. Diese Dinge waren der Grund gewesen, warum Vanessa sie verlassen hatte. Wenn sie dies nicht einsehen, dann würde die Mannschaft auseinander brechen.

Nach einiger Zeit konnte Lian das Schnaufen und die Kettengeräusche der Jungen hören. Während Marlon weiter seinen Reifen flickte, war die Aufmerksamkeit des Mädchens auf die Neuankömmlinge gerichtet. Maxi und Raban waren die ersten der Kerle. Schon aus weiter Ferne erkannte Lian das Grinsen auf den Gesichtern der beiden. Sie kamen zum stehen und warfen ihre Räder auf den Boden. Maxi ging auf Marlon zu und die Jungen gaben sich den bekannten wilde Kerle Handschlag. „Und?," fragte Marlon. „Wie sieht's aus?"

Maxi grinste ihn an. „Großartig! Raban war einfach einmalig! Ohne ihn hätte ich es nie geschafft." Der Besagte kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Seine Augen blitzten durch die riesige Brille und Lian unterdrückte ein belustigtes Glucksen. „Es war genauso wie damals beim Hausarrest. So schnell konnte mein Vater gar nicht reagieren!". Der Stürmer trug den Ausdruck eines Honigkuchenpferdes - also verdammt glücklich. „Raban der Held, den Namen hast du dir wirklich verdient!" Begeistert klopfte Marlon ihm einmal auf den Rücken. Raban rückte seine Brille zurecht. „Naja, ich habe eben vom Teufel dazugelernt." Jetzt starrten die Jungen ihren Helden verwirrt an. Raban warf einen auffälligen Blick in Lians Richtung, worauf diese ihre Arme verschränkte. „Ich soll also der Teufel sein, ja?"

Mädchenhafter geht es nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt