-Kapitel 1-

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Kapitel 1

Phoebe

»Müssen wir das wirklich tun, Jeremy?«, fragte ich meinen quirligen besten Freund, welcher mir aufgeregt zwei Tickets entgegenstreckte und dabei ein paar Hüpfer in die Luft sprang.

»Na aber unbedingt!«, antwortete er daraufhin. Jeremy hatte auf wundersame Weise zwei Tickets zu dem eigentlichen ausverkauften Boxkampf in einer Bar beim Campus ergattert.

Ich jedoch fand nichts Unterhaltsames an dem Spektakel von zwei sich prügelnden Männern. Außerdem hatte ich es nicht so mit Menschenmengen und ich musste sowieso am nächsten Morgen früh zu meinem ersten Kurs erscheinen.

»Ich weiß nicht so recht«, murmelte ich und sah zweifelnd zu Jeremy hinauf. Jer setzte seinen besten Hundeblick auf und sah mich flehend an.

»Bitte, Phoebe, ich verspreche, du wirst es nicht bereuen.«

Natürlich nicht, nicht wenn es nach ihm ginge. Jeremy fand nämlich nichts unterhaltsamer als sich prügelnde Männer anzusehen, die dabei– und Achtung, hier kommt ein Zitat – immer so verdammt heiß aussehen.

Dennoch überzeugte mich dieses Argument nicht wirklich, ich hatte momentan eine Menge für die Uni zu tun. Ich musste nächste Woche eine Hausarbeit abgeben und außerdem wollte ich heute Abend eigentlich mit meinen Eltern telefonieren, von denen ich schon seit Ewigkeiten nichts mehr gehört hatte. Ich schätze, sie nahmen mir den Umzug nach Phoenix immer noch ein bisschen übel.

Das waren schon genügend Gründe, warum ich nicht mitgehen sollte oder wollte.

Allerdings war ich auch wirklich schlecht darin, Nein zu sagen. Und gerade Jeremy, der so ziemlich die einzige Bezugsperson war, die ich in Phoenix hatte, konnte ich nie etwas abschlagen.

»Na gut, aber nur dieses eine Mal«, antwortete ich ihm daher. Jeremy machte einen Freudensprung, packte meine Handgelenke und sprang erneut in die Luft und zog mich dabei mit.

»Das wird ein fantastischer Abend!«, stieß er begeistert aus.

»Aber wir bleiben nicht so lange«, warnte ich ihn dennoch. Mir waren meine Noten wichtig, ich muss meinen Eltern einfach zeigen, dass es diese Uni wert war, den weiten Weg von Portland hierher zu machen.

Meine kleine Wohnung in der Nähe des Campus konnte ich mir nur dank der Hilfe meiner Eltern leisten.

»Geht klar!«, riss mich Jeremy aus den Gedanken »Dann mal los«, sagte er, umfasste meinen Oberarm und zog mich über die Schwelle meiner Wohnungstür. Ich konnte gerade so noch die Tür hinter mir zuziehen, da polterten wir auch schon die Treppen runter und den schmalen Weg zu seinem Auto entlang.

»Wir sind schon etwas spät dran, lass uns schnell reingehen«, sagte Jeremy nachdem er seinen Wagen schwungvoll in einen der provisorischen Parkplätze auf einem Schotterplatz abgestellt hatte. Und er hatte recht: Vor der Skyline Bar herrscht absolut kein Tumult mehr, dabei ist das eigentlich üblich. Auch der Gästebereich in der Bar war wie leergefegt. Stühle und Tische waren beiseite geschoben und die Theke lag im Dunkeln. Eine Treppe im rechten Teil der Bar war allerdings hell erleuchtet und spendete so dem restlichen Teil genügend Licht. Wir liefen die breite Treppe hinunter. Ein Schwall an Energie und Lärm trat uns entgegen. Von hier aus konnte man bereits den ganzen Keller überblicken, welcher um einiges größer war als gedacht. An den Seiten befanden sich mehrere Ränge mit Sitzplätzen, davor war genügend Platz für das stehende Publikum. Die Meisten hatten entweder eine Zigarette oder ein Bier in der Hand und der Großteil war definitiv männlich.

Vor der stehenden Menge befanden sich noch vereinzelt Sitzplätze, welche am nächsten vor dem Ring in der Mitte der Halle standen. Auch der war viel größer, als ich es mir vorgestellt hatte.

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