Breakdown Kapitel 7

17 1 0
                                    

Ich konnte durch die kleinen Fenster noch die Sterne sehen, als Simon mich wachrüttelte. Verschlafen gingen Dustin und ich ein Stück weiter von den schlafenden weg. Ich sah ihn an. Bevor diese ganze Geschichte hier passiert ist, hatten wir immer wieder Steit, nichts ernstes. Kleinigkeiten, zum Beispiel meine Entscheidung, nach der Schule zur Bundeswehr zu gehen. Er sah es nicht ein, dass ich mein Leben aufs Spiel setzen wollte, aber das wahr jetzt alles egal. Er wahr jetzt glücklich darüber, dass ich mich immer mit alledem auseinander gesetzt habe. Jedenfalls hoffte ich das. Während der Zeit, wo ich regelmäßig AirSoft gespielt habe, habe ich viel gelernt. Taktik, Karten lesen, survival, Waffen bedienen. Aber das wahr ein kleines Spiel. Dort gab es sowas wie Reglen. Die gab es nicht mehr. Nur noch das Überleben. Wir wahren vielleicht zu sechst aber niemand von uns hatte auch nur annähernd Erfahrung mit alledem. Wir alle haben früher AirSoft gespielt und es hat viel Spass gemacht, deswegen sind wir auch bisher nicht gestorben. Ich erinnerte mich an all das was mal wahr, wie es wahr bevor das, was ich da gelernt habe, unwichtig wahr. Bevor ich nur wusste, wie man ein Eichhörnchen häutet, weil ich es beim Survivaltraining zum Spass gelernt habe. All das wahr auf einmal wichtig und ich stand in der Mitte dieser kleinen Gruppe und ich fühlte mich verantwortlich. Vielleicht wahr ich die jüngste und kleinste, aber die einzige, die schon vor alledem Erfahrungen hatte. Die Ironie des Schicksals.

Die restliche Nacht verlief ruhig. Am Morgen aßen wir nur kurz etwas, ohne viel zu sagen. Wir hatten genug Vorräte, um eine ganze Zeit zu überleben, denn zum Glück bekommen alle Aussteiger aus den Lagern eine gute Ration Essen mit auf den Weg. „Wir könnten uns hier eine Basis aufbauen“ warf ich in den Raum, aber befürchtete, dass die das auch noch wollen könnten. Die Idee wahr nicht gut. Meine Hoffnung, irgendetwas zu finden, wäre so verloren. „Oder auch nicht. Das ist wirklich keine gute Idee.“ Gut, das hätte sich geklärt. Jessy ging verschlafen zu den beiden Pferden und sattelte sie auf. All das ging schon nach ein paar Tagen wunderbar von der Hand, auch ohne große Worte. Niemand wechselte ein Wort und schließlich wahren wir auf der Straße. Lange Wege, all die Straßen schienen nicht zu enden.

So vergingen einige Tage. Jeden Tag wanderten wir, immer weiter, ohne etwas zu finden. Die Pferde sahen mitgenommen aus. Beide waren die nahrhafte Nahrung von Sportpferden gewohnt, die sie bei so viel Laufen auch verdient hätten. Doch wir konnten von dem Müsli, was wir hatten nichts verfüttern. So sehr ich mit Jessy über dieses Thema diskutierte, ich hätte niemals so wichtige Nahrungsquellen einfach verfüttert. So gingen wir weiter. Auf dem Weg, den wir eingeschlagen hatten, gab es wenige Monster. Nur ein oder zwei schafften es, auch nur in unsere Nähe zu kommen. Es lebte sich so etwas wie Alltag ein. Tagsüber immer weiter, nachts schlafen, mindestens zwei halten gleichzeitig Wache. Insgesamt haben wir während den letzten sechs Tagen nur rund fünf Kugeln insgesamt verschossen und keinen einzigen Pfeil verloren. Tag um Tag sind wir immer weiter gekommen, in der Hoffnung, wieder in meinem alten Wohnort anzukommen. Ich weiß nicht einmal, ob ich da ankommen WILL.

Nach sechs Tagen kommen wir nun also an einer kleinen Hütte im Wald an. Die Tür stand einen Spalt breit offen. Ich sehe mich unsicher zu den anderen um. Nur drei von uns haben Schusswaffen, ich habe nur einen Bogen, Felix hat das G36 und Simon die M1911. „Also, was sagt ihr? Looten oder nicht?“ Jessy lacht ironisch. Die Situation ist tatsächlich etwas lustig, damals, in DayZ war das eine Frage die wir uns auch immer gestellt haben. Ich grinse sie an, danach gebe ich allen die Anweisungen. „OK, Felix, du gehst direkt hinter Simon da rein. Simon, du gehst in die Hocke, damit Felix im Ernstfall über dich schießen kann. Ich denke, ihr wisst, wie man Waffen entsichert und das möglichst bevor ihr reingeht?“ Leises klicken von beiden Waffen. Simon sieht mich unsicher an. „Muss ich wirklich als erstes da rein? Ich will das nicht.“ Ja, daran habe ich nicht gedacht. Die Taktik wäre in jedem Spiel oder in AirSoft wunderbar aufgegangen, aber das hier ist Reallife. „Ich geh rein!“ meldet sich Dustin von hinten. „Ich fall euch doch eh nur zur last... also, lass mich das machen.“ Ich bin gar nicht begeistert von der Idee. Ich will meinen Freund da nicht reingehen lassen aber ich will und kann es nicht selber machen. Ich habe in gewisser Maßen die Verantwortung, oder ich bilde mir das zumindest ein. Außerdem habe ich den Bogen... aber der bringt uns auch nichts, wenn es hart auf hart kommt. Ich schüttele nur den Kopf und nehme Simon die Pistole aus der Hand., gehe vor die Tür, sehe kurz zu Felix, er stellt sich hinter mich. „Deckt die Umgebung. Wenn es sein muss, reitet weg. Wir finden euch schon.“ Vorsichtig schiebe ich die Tür auf. Von innen kommt ein modriger Geruch. Vorsichtig sehe ich mir jede Ecke des Flurs an und entdecke den Ursprung des Gestanks. In einer der Ecken liegt eine Leiche mit einer Einschusswunde auf der rechten Schläfe. Die linke Hälfte des Gesichts fehlt gänzlich. Ein eiskalter Schauer läuft mir den Rücken runter als ich die Pistole in der rechten Hand der Leiche wahrnehme und höre Felix hinter mir schwer schlucken. Ich presse meine Lippen aufeinander und halte mir den Kragen meines Pullovers über Mund und Nase und taste mich langsam zu dem leblosen Körper vor. Mit einer kurzen Handgeste bedeute ich Felix, er solle die Türen abdecken und greife so schnell ich kann nach der Pistole und stecke sie sofort in meine Jackentasche. Sie ist mit geronnenem Blut verkrustet, ich muss sie später saubermachen. Raum für Raum tasten wir uns vor, finden hier und da kleine Mengen an getrockneten Lebensmitteln und Konservendosen. In einem Beistelltisch im Schlafzimmer finden wir sogar Munition für die Pistole und etwas großkalibrige Munition. Ich zeige meinen Fund Felix und flüstere ihm zu: „Der da unten hatte noch was größeres. Vielleicht n Jagdgewehr oder so. Wo würde er das aufbewahren?“ Felix zuckt die Schultern. „Wahrscheinlich in nem Waffenschrank. Aber ich weiß ja nich. Dachboden? Oder Keller.“ Ich grinse in mich hinein und wir gehen wieder in den Flur. An der Decke ist eine Luke und in einer Ecke steht ein langer Stab mit einem Haken an einem Ende. Ich hebe ihn vorsichtig auf und versuche vergeblich, an die Öse zu kommen, um die Luke zu öffnen. Angenervt gebe ich Felix den Stab und er schafft es beim ersten Versuch. Eine Leiter kracht lautstark nach unten und wir beide zucken zusammen. Von draußen höre ich Jessy erschrocken aufschreien. Mal wieder muss ich grinsen. Ich schüttele meinen Kopf. In Anbetracht der modernden Leiche in der Ecke finde ich das unangebracht. Vorsichtig klettere ich die Leiter hoch. Unter dem Dach ist es dämmerig und ich warte einige Sekunden, bis sich meine Augen an das dunkle Licht gewöhnt haben, steige dann die restlichen Stufen hoch und sondiere meine Umgebung. Der Dachboden ist ungewöhnlich aufgeräumt und ich finde schnell, was ich suche. Ein großer Metallschrank. Bevor ich darauf zugehe, sehe ich mich erneut im Raum um ob er auch wirklich leer ist. Nachdem ich mich vergewissert habe, dass ich allein bin, gehe ich auf den Schrak zu. Unglücklicherweise ist dieser mit einem Zahlenschloss verschlossen, doch es sieht recht alt aus. Ich puste den Staub weg und beginne, an dem ersten Rädchen zu drehen. Stück für Stück, bis ich eine leichte Veränderung im Druck und ein anderes Geräusch bemerke. 24. Nächstes Rädchen. 30. Nächstes... es ist verklemmt. Mit etwas stärkerem Druck versuche ich es vorzuschieben, aber so habe ich keine Chance, einen Unterschied zu bemerken. „Was machst du da oben so lange?“ höre ich Felix von unten rufen. „Der Schrank hat n Zahlenschloss. 5-Stellig. Das dauert nunmal. Is da unten alles in Ordnung?“ „Ja, alles klar. Brauchst du Hilfe?“ „Schmieröl wäre nett, das ding is verrostet und bei 50 möglichen Zahlen will ich nicht raten“ Gelächter von unten und schließlich wirft Felix mir tatsächlich ein kleines Kännchen Schmieröl hoch. Ich bin zurecht verblüfft. „Wo hast du das denn bitte her?“ rufe ich nach unten worauf Simon erwidert: „Die haben uns alles mögliche gegeben, damit wir es leichter haben zu überleben“ Dieses mal muss ich lachen und beginne, das Schloss mit dem Öl wieder funktionsfähig zu machen. Schließlich läuft das Rad wieder sauber durch und ich finde die nächste Zahl. 50. 42. 47. Die Tür klickt einmal schwer und ich schiebe sie mit einem lauten wumm auf. Zum Vorschein kommt viel Staub und Spinnenweben aber auch ein altes Jagdgewehr. Warum das hier eingeschlossen und verstaubt ist aber unten frische Munition liegt ist mir ein Räzel aber ich will mich nicht beklagen, nehme das Gewehr an mich und sehe mir den Rest des Schranks an. Das Gewehr benötigte keine Magazine, sondern lediglich Clips. Es liegt genug Munition in dem Schrank genauso wie drei bis vier Ersatzclips, die alle samt gut erhalten sind. Ich gehe noch einmal alle Winkel des Dachbodens ab und finde einen alten Gitarrenkoffer. Ich öffne ihn vorsichtig und darin ist tatsächlich eine alte, staubige Gitarre. Ich packe mir also den Gitarrenkoffer, das Jagdgewehr und die Munition und bewege mich wieder nach unten.

Draußen angekommen kann ich unseren Fund unter die Lupe nehmen. Das alte Gewehr hatte ein PU- Scope, das praktische daran war, dass man dafür keine Batterien brauchte. Es war etwas verkratzt aber man konnte noch wunderbar dadurch sehen und zielen. Das Gewehr selbst war zwar staubig aber es scheint noch voll funktionsfähig aber das würde sich später zeigen.

Die Gitarre war tatsächlich auch voll funktionsfähig, wenn auch, verständlicher weise, verstimmt. Das schöne an Stahlsaiten war, dass sie einfach nie zu reißen scheinen. Ich werde diese Gitarre hier nicht zurücklassen, ist vielleicht nicht allzu nützlich aber sie sollte die Moral heben. Ich verschnüre sie mehr schlecht als Recht auf dem Packpferd, hänge das Gewehr an meinen Rucksack und so machen wir uns wieder auf den Weg, jedoch nicht ohne etwas Essen für den nächsten Wanderer zurück zu lassen. Wir hatten mehr als genug.

Bis zum Abend kommen wir gut voran, wir hatten fast Spaß, so durch den leeren Wald zu wandern. Am Abend machen wir an einem kleinen Bach ein kleines Lager. Auch wenn es in den letzten Tagen viel geregnet hat, so deutet sich die Nacht klar an. Inzwischen bin ich relativ gut darin, ein Feuer zu machen, ohne, dass Jessy Panik bekommt, dass ich alles abfackele. Wie wir so da sitzen und essen, die Pferde entspannt trinken und fressen und das Feuer leise knistert, packe ich die Gitarre aus und beginne sie zu stimmen. Es ist gar nicht so leicht, eine Gitarre zu stimmen, die seit Jahren kein Stimmgerät gesehen hat, also durchforste ich den Koffer nach einem Stimmgerät und finde eine Stimmgabel. Na toll, das kann ich gar nicht. Ich schlage sie mir gegen den Kopf, zum Gelächter von allen und halte sie dann an die Gitarre. Irgentwie schaffe ich es, dass die A- Saite wie die Stimmgabel klingt und ich schaffe es tatsächlich, alle fünf Saiten halbwegs zu stimmen. So sitzen wir also mitten in der Apokalypse am Lagerfeuer und singen Country Rose oder ich spiele einfach Melodien von bekannten Spielen nach. Metro, Tetris, Battlefield... was mir grade in den Sinn kommt. Schließlich wählen wir die Wachschichten für die Nacht aus und legen uns schlafen.

BreakdownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt