Kapitel 5 - Ich bin nicht einsam

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An diesem Abend fuhr ich völlig erledigt und müde nach Hause. Meine Wohnung in der Innenstadt war nicht übermäßig groß, dafür aber zentral und bot genug Platz für mich allein. Natürlich hatte mein Vater mir eine Million Mal angeboten mir größere Wohnungen oder ein Haus zu kaufen, doch das wollte ich gar nicht. Ich war sowieso allein, da brauchte ich nicht viel Platz.
Vor dem Gebäude parkte ich mein Auto auf dem Bürgersteig und ging hinein. Das Mehrfamilienhaus war nicht sehr groß, also stieg ich auf der Steintreppe hoch in den zweiten Stock und schloss dort die dritte Tür, den Gang durch, auf.
Es war dunkel und kalt in meinem Apartment, aber alles war gerade besser als das Krankenhaus. Am liebsten hätte ich Wände eingerissen, Sasuke aufgesucht und ihm eine Schusswunde verpasst, irgendetwas, um meine Wut in den Griff zu bekommen. Stattdessen lehnte ich an der hölzernen Haustür und atmete in die Stille hinein. Niemand machte einen Mucks. Niemand war hier.
Ich würde nicht sagen, dass ich besonders einsam war, immerhin hatte ich Ino im Krankenhaus. Hinata, die in Zwischenzeit Tierärztin geworden war, könnte ich auch mal wieder anrufen. Und wo Temari und Shikamaru sich im Moment rumtreiben sollte ich vielleicht auch in Erfahrung bringen. Sie reisten seit etwa einem Jahr um die ganze Welt, ihr Hochzeitsgeschenk, und waren meinen Berechnungen nach in Europa angekommen.
Naruto war politisch sehr aktiv. Er setzte sich für die Minderheiten in diesem und den umliegenden Orten ein und gewann immer mehr und mehr Wähler. Es würde mich nicht wundern, wenn aus dem vorlauten, tollpatschigen Jungen von damals in ein paar Monaten ein neuer Kongressabgeordneter werden würde.
Neji und Tenten? Von denen hatte ich seit dem Sommer vor sieben Jahren fast nichts mehr gehört. Sie hatten sich einmal in dieser Zeit von einander getrennt, waren dann aber wieder zusammen gekommen. Ich hatte immer noch meine verlorene Wette bei Neji offen. Nach all den Jahren konnte er mich immer noch um eine Sache bitten und ich müsste und würde tun, was er von mir verlangte.
Ich war hier. Zwar allein, aber immerhin musste ich mich nicht für das Leben eines Freundes verantworten, der in irgendeiner der dunkeln Kammern des Uchiha-Towers, ein paar Straßen weiter, durch seine Verletzungen litt. Er hätte es auch nicht gemusst, doch dafür war es nun zu spät.
Es war bitter kalt im Flur, durch die eisigen Temperaturen draußen. Ich schleppte mich ins Wohnzimmer und drehte die Heizung auf volle Stärke hoch, zog mich im Schlafzimmer um und kochte mir in der Küche eine Suppe aus der Tüte. Kochen war nie meine Stärke gewesen. Dann ging ich zurück ins Wohnzimmer und wickelte mich mit meiner Schüssel in der Decke auf dem Sofa ein.
Heute war ein furchtbar anstrengender Tag gewesen, ich würde also den ganzen Abend hier sitzen und auf den Bildschirm starren, bis mir meine Augen wehtaten und ich morgen dem Augenarzt im Krankenhaus einen Besuch abstatten musste.
Auf einigen Sendern liefen Game-Shows oder irgendwelche Polizisten-Serien. Das interessierte mich alles eher weniger. Was allerdings meine Aufmerksamkeit erregte, waren die Nachrichten, die auf dem ersten Programm liefen. Es ging um eine Schießerei vor ein paar Tagen und dass "Sasuke Uchiha glücklicherweise nicht verletzt wurde." Über den wirklich Verletzten berichteten sie nicht. Ich stellte meine Suppe auf den Beistelltisch.
Der Nachrichtensprecher erklärte, dass es vor einer der Uchiha Fabriken zu heftigen Tumulten gekommen war, nachdem die Polizei bei einer Razzia Drogen bei einem der Vorarbeitern gefunden hatte. Sasuke hat etwas mit Drogen zu tun?
Sie spielten ein Bild von dem Eigentümer der Fabrik und des gesamten Uchiha-Imperiums ein und kommentierten, wie jung er doch war. Ja, das war er. Gerade mal etwas mehr als ein Jahr älter als ich und war immer noch so dumm, mit Drogen herumzuhantieren. Er hätte es besser wissen müssen.
Aber nicht nur an seinen Handlungen merkte man Sasuke sein Alter an. Er hatte sich fast gar nicht verändert seit der Highschool. Sein Gesicht war etwas markanter geworden, die schwarzen Haare waren noch etwas länger und er machte auf dem eingeblendet Foto ein noch ernsteres Gesicht, doch seine Augen verrieten ihn. Genau wie früher. Er war müde und ausgelaugt, hatte zu viel Druck, Schuld und Verantwortung auf seinen Schultern. Sie schienen plötzlich nicht mehr breit genug, um all das zu stemmen, doch was hätte er tun können? Alles hinschmeißen? Aufgeben? Nein, er würd sich eher zu Tode arbeiten, als aufzuhören.
Als der Bericht zu Ende war, war meine Suppe schon längst kalt geworden. Ich schüttete den kleinen Rest also weg und verkroch mich dann in mein warmes Bett.
Er hatte mich heute nicht ein einziges Mal richtig angesehen. Hatte sich über mich hinweggesetzt und mich völlig auflaufen lassen. Sasuke war noch exakt die gleiche Person wie vor sieben Jahren. Nur mit mehr Mitteln und Macht.

Swot! II - Die Ruhe vor dem Sturm Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt