Teil 1

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Maria Hill las ihr Protokoll zügig wie immer und ohne Emotionen herunter. "Und Agentin Romanoff ist schwanger und soll sich beim Arzt einfinden.…", sie stoppte, ihre Gedichtszüge entgleisten. Jedes Geräusch im Raum verstummte. Es war so still, dass man eine Nadel hätte fallen hören können. Dann passierten mehrere Dinge auf einmal. Sämtliche Farbe wich aus Tashas Gesicht, Steve sah fassungslos zu ihr rüber, Clint brach spontan in Gelächter aus, der Rest redete aufgeregt durcheinander. "Bitte behandeln Sie diese Information vertraulich.", murmelte Maria weiter, der gerade gewahr wurde, dass sie riesigen Mist gebaut hatte. Tasha stand auf und stürzte an ihr vorbei. Steve wollte hinterher, doch Clint legte eine Hand auf seine Schulter, "Lass sie, sie legt dich vermutlich um. Nicht mal ich trau mich gerade zu ihr." Er machte eine Pause "Es kam ja vor allem eh nur ein Fehler sein." "Ja, ein Fehler...", wiederholte Steve und atmete aus. Alles in ihm vibrierte. "Du weißt ja, sie ist sehr empfindlich, was das Thema angeht.", ergänzte Clint.

Ja, das wusste Steve. Weil sie eigentlich damals beim Red Room sterilisiert wurde und definitiv keine Kinder bekommen konnte. Sie hatte auch schon einiges versucht, um es rückgängig zu machen. Vergeblich. Das hatte sie ihn mal in weinseliger Laune erzählt.  Sie liebte Kinder. Und er hatte sie mit Clints Nachwuchs gesehen. Sie war toll mit ihnen. Die perfekte Mutter. Tasha litt sehr darunter, nie selbst eine werden zu können.  Schon ihr ganzes Leben lang.

Aber jetzt sollte sie schwanger sein? Wie? War das wirklich möglich? Er kannte sich mit der Materie nicht sehr gut aus, vielleicht sollte er nachforschen. Aber vor allem: war er der Vater? Konnte er denn überhaupt Kinder zeugen? Was hatte das Serum alles in ihm verändert? Er hatte sich nie Gedanken darum gemacht, er war ja schon damit überfordert gewesen, überhaupt eine Frau zu finden. Das waren ganz neue Gedanken für ihn. Und er bezweifelte, dass sie in letzter Zeit mit anderen geschlafen hatte, insofern konnte es nur er sein. Aber wie?

Am wahrscheinlichsten war es vermutlich sowieso, dass da irgendwas schief gelaufen war. Alles falscher Alarm. Sein Verstand war klar und analytisch, aber etwas in ihm war aufgewühlt.

Er wollte sie sehen, vielleicht konnte sie alles aufklären. Doch er fand sie nicht. Er versuchte, etwas zu arbeiten, ein paar Fallakten durchzusehen, doch er konnte sich nicht konzentrieren. So entschloss er sich, trainieren zu gehen, das half immer ein wenig. Clint kam in den Fitnessraum, als er fast fertig war. Er sah ihn aufmerksam an. Wenn Tasha mit jemandem reden würde, dann wohl mit ihm. Clint fing seinen Blick auf, schüttelte den Kopf: "Ich weiß auch nicht, wo sie ist." Steve wusste nicht, ob sie ihm von der gemeinsamen Nacht erzählt hatte. So musste er es so aussehen lassen, als wenn sein Interesse rein freundschaftlich war.

Tasha war auch zum Essen nicht aufgetaucht und so saß Steve nachts in seinem Zimmer und grübelte. Es war weit nach 1 Uhr, als er sich noch einsam auf den Weg nach draußen machte. Er kam an Tashas Zimmer vorbei, wollte klopfen, aber es war alles still und es drang auch kein Lichtschein unter der Tür hervor. Falls sie da war, schlief sie sicherlich. So ging er nach draußen und spazierte etwas umher. Es war kühl und er sehnte sich nach der Wärme Spaniens. Nach dieser einen wundervollen Nacht mit ihr. Es war Magie gewesen. Sie hatten so viel Spaß, so viel Leidenschaft war im Spiel gewesen. Für ein paar Stunden war die Welt bunt, ohne Kriege, ohne Leid. Und dann wurde sie wieder grau, weil Tasha sich zurückzog. Er hatte sich in sie verliebt, ach was,  das war er schon länger, ewig. Aber er hatte es sich endlich eingestanden und den Gefühlen nachgegeben.

Sie war so schön, so stark und gleichzeitig so verletzlich gewesen. Sie hatte sich ganz fallen lassen können und er hatte es so genossen, ihr Wesen in sich eingesogen. Und als er morgens wach wurde und sie im Bad stehen sah, in diesem Augenblick wusste er, dass er sie liebte. Und zwar nicht nur wegen der körperlichen Anziehung, die auch extrem stark war; nein, sie hatte sich ihm geschenkt. Voll und ganz. Alle Abwehr und Schilde fallen gelassen, sich ihm nackt und verletzlich gezeigt. Er hatte all ihre Narben gesehen und geküsst, seine Nase in ihren Haaren vergraben, ihren Hals geküsst und ihre Hände gehalten. Näher hätten sie sich nicht kommen können.

Doch groß Gedanken darüber, wie es weitergehen sollte, konnte er sich gar nicht machen, denn sobald sie wieder im HQ waren, ging sie ihm aus dem Weg. Zudem hagelte es auch noch Einsätze, die sie getrennt voneinander absolvieren mussten. Er sah sie kaum, und wenn, kam er nicht an sie heran. Seine Nachrichten beantwortete sie nicht. Als er sie endlich mal zu fassen bekam, sagte sie nur "Es tut mir leid Steve, ich kann das gerade nicht." Was auch immer sie damit meinte. Die Nacht musste auch für sie schön gewesen sein, denn so gut konnte niemand schauspielern. Und er sah, wie sie ihn ansah, wenn sie dachte, dass er es nicht merkte. Lange hatte er sich gefragt was er falsch gemacht hatte, entschied sich dann aber, abzuwarten. Und nun das?

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