Träumend schaute ich aus dem Fenster. Der Wind fegte die noch übrig gebliebenen Blätter davon und über den Himmel zogen Wolken. Vorne an der Tafel dozierte unser Mathelehrer über die Wahrscheinlichkeitsrechnungen.
Mein Blick schwenkte wieder hinauf zum Himmel. Er erinnterte mich ein bisschen an blaue Augen. An ozeanblaue Augen, um genau zu sein. Diese waren wunder- Stopp!
Ich war nicht eins dieser Mädchen, die irgentwelchen Jungs hinterlief und deren Absätze höher waren als ihr IQ.
Ich richtete mein Blick wieder nach
vorne und starrte an die Tafel.Plötzlich wurde ich angestoßen.
"Du wurdest aufgerufen, Lil!", zischte Lilly mit zu. Blinzelnd blickte ich zum Lehrer, der mich erwartungsvoll ansah. "Ähm ... also ...", stotterte ich.
"Die Lösung ist zweihundertsechzig", flüsterte Lilly mir zu. "Zweihundertsechzig", sagte ich, erleichtert, das sie mir geholfen hatte. "Danke Lilly, aber das nächste mal sollte Lilith besser aufpassen!"Tja, zu früh gefreut.
Seufzend wandte er sich wieder der Tafel zu, als die Schulglocke klingelte. Erleichtert packte ich meine Sachen zusammen, während unser Lehrer noch verzweifelt versuchte, uns Hausaufgaben zu geben, doch die meisten Schüler waren schon aus dem Klassenzimmer.
Ich stand auf, stieß aber gegen jemanden.
Erschrocken blickte ich auf und sah in blaue Augen. Ich versank in ihnen, bis ein Räuspern ertönte."Willst du ein Foto machen, das hält länger ..." Luke sah verschmitzt zu mir hinunter.
Empört sog ich Luft in meine Lungen, was sich als Fehler herrausstellte, denn er roch göttlich. Der Geruch hatte etwas herbes an sich, das ich nicht benennen konnte.
"Ne sorry, aber du verwechselst mich mit jemanden, der daran interessiert ist", antwortete ich gespielt cool, drängte mich an ihm vorbei und ging zu Lilly, die an der Tür wartete.
"Komm, sonst bekommen wir keinen Platz mehr in der Cafeteria, du weißt ja, wie voll es dort ist" sagte ich und zog sie mit in Richtung Mensa.
"Wow. Du hast es geschafft, zweimal mit Luke Nightmeer zu reden und das innerhalb von zwei Tagen! Und das, obwohl du die neue bist. Sorry, ist nicht so gemeint." Sie warf mir einen entschuldigen Blick zu.
"Alles gut, aber jetzt komm" Ich zog sie am Arm in die Cafeteria.
"Du besetzt uns einen Platz und ich hol uns Essen" befahl Lilly.Ich schaute mich um, doch ich sah keinen Platz und ich begann, mich unwohl zu fühlen.
Hier waren so viele Leute!
Die Tür zur Mensa öffnete sich und Schüler strömen hinein. Es waren nicht viele, doch für mich reichte es schon. Ich begann zu schwitzen und mein Blickfeld verschwamm. Mein Herz raste, während ich zitternd versuchte, mich an einem Stuhl festzuhalten. Mein Blick irrte umher, doch er fand keinen Punkt, um sich daran festzuhalten, nur die große Menschenmenge.
Warum half mir keiner?! Und wo blieb Lilly?
Ich spürte, wie der Schweiß meinen Rücken hinunterlief, als plötzlich mein Hals enger wurde.
Oder bilde ich mir das nur ein?
Ich wollte Luft einsaugen, doch es ging nicht wirklich. Verzweifelt versuchte ich es nochmal. Und wieder funktionierte es nicht.
Als wäre das schon nicht genug, begann sich alles zu drehen."Hey, alles in Ordnung bei dir?"
Ein Gesicht tauchte vor mir auf und ich versuchte vergeblich, mich darauf zu konzentrieren.
"Oh gott, du bist ja ganz bleich! Was ist los?"
Ich antwortete immernoch nicht. Wie denn auch, ich hatte ja einen Kloß im Hals, der mir das Atmen erschwerte.
"Okay, ich weiß nicht, was bei dir los ist, aber ich bring dich einfach mal nach draußen."Ich spürte einen Ruck an meinem Arm und stolperte ihm hinterher. Mehrmals fiel ich fast hin, doch mein Retter fing mich immer wieder auf. Er zog mich durch die Flure, doch davon bekam ich nichts mit. Wahrscheinlich wurden uns komische Blicke zugeworfen, doch das war mir egal.
Endlich stieß die Person, die mich immer noch am Arm festhielt, eine Tür auf und eiskalte Luft schlug mir entgegen. Erleichtert sog ich diese ein und ich hörte langsam auf zu schwitzen. Mein Herz beruhigte sich und ich blickte in den Himmel, erleichtert, es raus geschafft zu haben.
"Ist wieder alles okay bei dir?", fragte eine Stimme neben mir. Mein Retter. Den hatte ich ganz vergessen!
Ups ...
Ich wendete mich ihm zu und blickte in blaue Augen. Mein Herz machte einen Satz, während ich zu Luke hochstarrte.
Oh gott, wie peinlich! Er wird das sicher unserer Klasse erzählen! Und die dann der nächsten Klasse! Und die dann der nächsten Klasse! Und die dann der nächsten Klasse! Und am Schluss bin ich die Lachnummer der ganzen Schule! Und ich kann schon wieder Schule wechseln. Stopp! Keine Panik schieben! Überleg dir einfach was!, befahl ich mir selbst.
Soll ich ihn ohnmächtig schlagen, dann erinnert er sich vielleicht nicht mehr an die Rettungsaktion ...?Suchend blickte ich mich nach etwas nützlichem um, doch ich sah nur einen kleinen Ast, der nicht mal einer Maus etwas antuen könnte.
"Hallo?!" Ich blickte wieder zu Luke, der mich verschmitzt anlächelt.
"Also wenn du mir jetzt nicht antwortest, dann denke ich so langsam, dass das alles nur von dir inszeniert wurde, um mit mir alleine sein. Aber sorry, du bist nicht mein Typ."
Empört blickte ich ihn an.
Jetzt hätte ich wirklich gerne einen Stock zur Hand!
"Okay, du hast mich durschaut! Ich bin nur in die Cafeteria gegangen, um jemanden zu spielen, der gerettet werden muss, damit ich vielleicht von dir gerettet werde. Und es war mir egal, das jeder andere Schüler mir helfen könnte, den schließlich ist mein Plan ja aufgegangen!", sagte ich sarkastisch. Zum Schluss hin wurde meine Stimme immer lauter. Luke hob seine Hände und legte sie mir auf die Schultern. Ich wollte zurückweichen doch sein Griff war zu fest. Wieder begann ich zu schwitzen. Er war zu nah, viel zu nah!
"Woher soll ich den wissen, welche Risiken du eingehst, um mit mir alleine zu sein?", flüsterte er und brachte mein Gesicht näher an seins. Doch ich konnte diese Nähe nicht genießen, den meine Instinkte übernahmen. Obwohl mir mein Verstand zuschrie, dass alles gut war, dass nur ein arrogantes Arschloch vor mir stand, konnte ich nur seinen festen Griff auf meinen Schultern spüren. Konnte nur noch an ihn denken. Ich keuchte als ich von meinen Erinnerungen mitgerissen wurde."Komm doch her", flüsterte er mir zu. Ängstlich schüttelte ich den Kopf.
"Komm her!", befahl er, nun etwas lauter. Wieder schüttelte ich den Kopf.
"Komm her, sagte ich!", schrie er wütend. Doch ich konnte mich nicht bewegen. Ich war gelähmt vor Angst. Er stand auf und schritt auf mich zu. Ich wollte zurückweichen, doch es ging nicht.
"Nun gut, wenn du nicht zu mir kommst, dann komme ich eben zu dir!" Diabolisch lächelte er und hob die Hand.Ich wurde von einem Rütteln wieder ins Hier und Jetzt befördert. Doch ich sah immer noch ihn, spürte seine Hände auf meinen Schultern. Ängstlich schrie ich auf und tat etwas, das noch nie getan hatte: Ich holte aus und schlug zu. Geschockt wich ich zurück.
Er wird mich bestrafen!
Ich sah in die wütenden Augen von Luke und bereitete mich auf das Schlimmste vor.
"Was soll das?! Ihr beide kommt jetzt sofort mit!" unterbrach eine scharfe Stimme meine Gedanken. Ich blickte zur Seite und war noch nie so erleichtert, einen Lehrer zu sehen.
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Half Nightmare half not
Teen FictionDie frisch nach München gezogene Lilith Young bekommt erstmal eine Strafarbeit mit dem scheinbar netten Luke Nightmeer. Doch es gibt Gerüchte, die sich um ihn ranken ... ist Luke wirklich der, der er immer vorgibt zu sein? Und wird Lilith die Schatt...