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GRACE

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GRACE

Warum muss alles erdenklich Gute in meinem Leben plötzlich den schlechten Weg einschlagen?

Ich schiebe den Laptop von meinem Schoß und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Ich habe in den vergangenen Tagen sechs Bewerbungen abgeschickt und eine Anzeige als Babysitterin an das schwarze Brett in der Stadtmitte ausgehangen. Trotzdem glaube ich, dass keine Familie hier in Clarkville mich genauso gut bezahlen wird wie die Lexingtons. Ich bin einfach nur fertig. Fertig mit diesem Tag und vor allem mit meinen Nerven. Ich muss die 17.000 Dollar in einem halben Jahr zusammenhaben. Mir fehlen noch siebentausend. Siebentausend Dollar für den Kurs der Free Soul Akademie in Kanada. Das schaffe ich doch niemals!

Ich spüre, wie meine Lippe zu beben beginnt und nehme meine Hände von meinem Gesicht. Nein, Grace. Du wirst jetzt nicht schon wieder weinen und es wird alles gut werden. Du wirst das Geld vollständig haben und dich rechtzeitig bewerben können.

Für manch einen mag es banal klingen, dass mich die Bewerbung an der Free Soul so sehr mitnimmt, aber für mich bedeutet es einfach mein ganzes Leben, nein, die Welt! Ich träume davon, in Kanada auf diese Akademie zu gehen und dort zu leben, seit ich denken kann! Und die Bewerbung für nächstes Jahr ist meine letzte Chance auf einen Platz dort.

Ich atme tief durch und lasse die kühle Luft, die durch das geöffnete Fenster in mein Schlafzimmer gelangt, durch meinen gesamten Körper gleiten.

Mein Blick wandert nach rechts. Ich schaue die zahlreichen Leinwände an, die an meiner Wand lehnen und mit viel ausdrucksvoller Farbe bemalt sind. Seit ich letzte Woche gefeuert wurde, habe ich keinen Pinsel mehr angerührt. Vor allem, weil meine kreative Ader gerade nicht pulsiert. Sie ist einfach verschwunden. Das hatte ich wirklich lange nicht mehr.

Ich rutsche aus dem Bett, laufe zu meiner Staffelei und setze mich auf den davorstehenden Hocker. Doch auch nach mehreren Minuten Überlegung weiß ich nicht, was ich malen könnte. Normalerweise kommt das von alleine.

Nach einem Blick auf die Uhr beschließe ich, ein wenig vor die Tür zu gehen, um meinen Kopf frei zu bekommen. Zu viele Dinge schwirren in meinen Gedanken.

Die letzten Sonnenstrahlen des heutigen Tages blicken durch die Zweige der Bäume. Die warmen Farben, die die Dämmerung gerade hervorruft, sind unbeschreiblich schön. Ich bekomme Gänsehaut bei dem Anblick vom herbstlichen Clarkville. Hätte ich bloß meinen Zeichenblock mitgenommen, dann könnte ich es jetzt sofort festhalten.

Ich zücke mein Handy und knipse ein Foto, um es vielleicht später auf eine Leinwand zu bringen.

Mit beiden Händen in meinen Jackentaschen laufe ich durch die Gassen von Clarkville und genieße die natürliche Stille. Gelegentlich fährt ein Auto an mir vorbei oder ich höre das ein oder andere Kinderlachen. Aber schon bei der Dämmerung ist nicht mehr allzu viel los hier auf den Straßen. Das liebe ich so an diesem kleinen Städtchen. Hier kann man durch einen kurzen Spaziergang wirklich etwas runterkommen.

Bittersweet TendernessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt