Verbotenes Verlangen

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Brian (PoV)

Ich hocke in einem "Gästezimmer". Es ist ziemlich prunkvoll eingerichtet, die Möbel sehen unfassbar alt und wertvoll aus. Ich will sie gar nicht benutzen, so sehr habe ich Angst, etwas kaputt zu machen. Meine Gedanken schweifen zu Claire. Wieso hat sie dieses Schlafmittel genommen? Einfach, weil sie nicht mehr konnte? Oder hatte sie noch mehr im Hinterkopf? Weshalb ist sie überhaupt hier? Liebt sie Will? Hat er sie verdient? Oder sie ihn? Was hält Loki davon? Was würden alle anderen denken, wenn sie davon wüssten, dass Claire Loki's Tochter ist?

Stöhnend vergrabe ich meinen Kopf in den Händen. So viele Fragen, die beinahe ausschließlich Claire beantworten kann. Was würde ich dafür geben, sie jetzt hier neben mir zu haben, gesund und munter. Wie sie es normalerweise ist.

Das schwache Klopfen an der Tür lässt mich erschrocken zusammenzucken. Ich hebe meinen Kopf, strafffe den Rücken, setze ein falsches Lächeln und stehe auf. Ich öffne die schwere Eichenholztür. Olli steht davor. Er ist völlig verheult. Ich sage nichts, sondern bedeute ihm einfach, herein zu kommen. Olli geht schwankend, weshalb ich schnell die Tür schließe und ihn stütze. Ich helfe ihm, sich auf das überdimensionale Himmelbett zu setzen. Dann setze ich mich mit ein wenig Abstand gegenüber und betrachte diesen begehrenswerten Jungen. Was er wohl will? Ich weiß, ich könnte einfach fragen, aber irgendwas sagt mir, dass Olli von alleine reden wird, sobald er es kann. Also schweige ich und beobachte ihn. Wie gerne würde ich ihn berühren. Einfach in den Arm nehmen und...
Was 'und', Brian? Ihn küssen? Verdammt, der Kerl ist völlig fertig und du willst ihn KÜSSEN?! Das ist vollkommen egoistisch und erbärmlich. Beherrsch dich doch mal! Meine Fresse, du weißt ja nicht mal, ob er überhaupt schwul ist oder vergeben ist. Hör auf, sowas zu denken! Ich schüttel meinen Kopf, um die Gedanken loszuwerden. Ich konzentriere mich lieber darauf, das Muster der Decke nachzumalen. Olli schaut einfach zu Boden und schweigt.

"Brian?", krächzt er nach gefühlter Ewigkeit. leise.

Ich schaue ihm in die Augen. "Hier", sage ich sanft.

Sein Blick hebt sich und ich schaue in ein strahlendes Grün. Auch wenn es einen traurigen Ausdruck hat. "Ich muss jemandem davon erzählen. Aber Logan kann ich das nicht sagen; er wüsste nicht, wie er damit umgehen soll. Und Will hat genug eigene Probleme. Claire...kann grad nicht." Seine Stimme bricht und wieder rinnen ihm Tränen über die Wangen.

Instinktiv überbrücke ich die Meter, die uns trennen und schlinge meine Arme um seinen zitternden und bebenden Körper. "Shhh. Ich bin hier. Ganz ruhig, Olli", murmel ich. Worte verlassen meinen Mund, geben keinen Sinn und passen doch zusammen.

Irgendwann löst Olli sich von mir. "Danke."

"Gerne." Ich lächel ihn an. Olli schaut mir in die Augen und lächelt zaghaft zurück. Wieder sagt niemand etwas.

"Was ich dir erzählen wollte...", beginnt er.

"Ja?" Ermutigend sehe ich ihn an.

"Alexei hat Schluss gemacht." Er presst diesen Satz hervor und heult wieder los. Schwul und Single, das ist deine Chance, Brian! Ich verbanne diese Gedanken in die hinterste Ecke meines Hirns. Warum kommt Olli damit zu mir? Wir kennen uns seit ein paar Stunden. Und das ist ja wohl wirklich intim. Natürlich freu ich mich, dass er mir so sehr vertraut. Aber es ist unheimlich.

Ich schließe ihn wieder in meine Arme. Murmel Worte in sein Haar und sauge seinen Geruch ein. Ich bin ihm längst verfallen. Wann hab ich mich das letzte Mal Hals über Kopf verliebt? Nie. Wenn ich richtig nachdenke, war ich auch nie verliebt. Beziehungen waren bisher nur ein Statussymbol. Warum ist das bei Olli anders? Gott, wie gerne würde ich ihn küssen! Wie gerne würde ich... Nein, Brian, das ist jetzt nicht dein Ernst! Olli hat Liebeskummer und du willst ihn ficken! Geht's noch?! Ich unterdrücke ein Seufzen. Zaghaft löst Olli sich von mir. Er schnieft. Ich stehe auf und hole ihm ein Taschentuch. Ohne etwas zu sagen, reiche ich es ihm. Verdammt, ich will so sehr seine Lippen auf meinen spüren. Olli steht vorsichtig auf. Er ist ein wenig kleiner als ich, 1 oder 2 Zentimeter vielleicht. Er steht so dicht vor mir, dass wir uns fast berühren. Aber eben nur fast. "Warum hast du es mir erzählt? Ich bin froh darüber, aber ich verstehe es nicht." Ich sehe ihn an. Diese Augen, ich könnte sie ewig anstarren und trotzdem glücklich sein.

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