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Unsere Englischlehrerin war krank und es gab kein Ersatz, also hatten wir eine Freistunde. Die meisten Schüler alberten nur herum. Da Mr Kim mir den Auftrag gegeben hatte, mich um Felix zu kümmern, half ich ihm etwas.
"So", fing ich an, "do you have a Korean name too?"
"Yeah, my Korean name is Yong Bok", erwiderte er.
"Which name do you prefer?", fragte ich.
"Felix", sagte er. Ich nickte.
"You have a strong accent, where do you come from exactly?", fragte Felix weiter.
"I was born here, but my family moved to Sydney, so I grew up there", erklärte ich. Felix nickte lächelnd.
In synchron sagten wir Aussie, Aussie, Aussie. Anschließend lachten wir. Blöderweise bekamen das die anderen Schüler auch mit.
Sang Woo kam auf uns zu und grinste spöttisch. Er war auch derjenige, der mir mein Smoothie über die Haare geschüttet hatte.
"Jetzt sind deine Haare wenigstens nicht mehr so lockig, weil sie nass sind", lachte Sang Woo.
Felix sah mich irritiert an.
"Don't mind him", sagte ich zu ihm.
"Er wird bestimmt der einzige bleiben, der mit dir redet. Aber er wird sich bestimmt von dir abwenden, wenn er dich nicht mehr zum Übersetzen braucht", erwiderte Sang Woo süffisant und ging wieder zu seinen Kumpels, die genauso boshaft waren wie er.
"What did he say? Something mean?", fragte Felix besorgt. Es machte mich irgendwie traurig und frustriert. Er sorgte sich um mich, obwohl er mich nicht kannte, und es kam mir so rüber, als hätte Sang Woo recht; Felix brauchte mich nur zum Übersetzen.
"Don't worry, I'm used to it", sagte ich nur. Ich zwang mich zu einem Lächeln.

Nach der letzten Stunde verabschiedete ich mich von Felix und wir gingen getrennte Wege.
Auf dem Nachhauseweg kaufte ich noch etwas zum Essen ein. Meine Eltern waren zu busy, um selbst einzukaufen.
Im convenience store war recht viel los. Deswegen kam ich ziemlich spät zu Hause an.
"Chan!", rief Appa. "Wieso warst du so lange weg?"
Zur Antwort hob ich die Einkaufstüten hoch. Appa verdrehte die Augen. "Dann ab in die Küche. Deine Mutter und ich haben Hunger."
Ich seufzte und machte mich in der Küche zu schaffen. Obwohl ich müde war und eigentlich nur noch alleine sein wollte, musste ich mich noch für eine Stunde in die Küche stellen.
Ich war so froh, als alles fertig war. Appa und Eomma setzten sich an den Tisch und begannen zu essen. Ich hatte keinen Hunger, also verabschiedete ich mich von meinen Eltern für heute und ging in mein Zimmer.
Mein Zimmer war voll mit Musikequipment. Durch verschiedenen Minijobs hatte ich mir alles selbst verdient. Meine Eltern kapierten nicht, was Musik für mich bedeutete.
Ich duschte mich als erstes, und machte mich dann Bettfertig. Anschließend setzte ich mich nochmals an den Schreibtisch und erledigte meine Hausaufgaben, die ich noch aufhatte.
Ich wollte gerade die nächste Matheaufgabe anfangen, da vibrierte mein Handy. Felix hatte mir geschrieben.

Felix
Can you help me? I don't
understand a little thing in
Math

Chan
No problem
Should I translate it into English?

Felix
Yes, please

Ich nahm das Aufgabenblatt und übersetzte alles in Englisch und schickte es Felix.

Felix
Omg, thank you

Chan
It's okay, don't worry

Abrupt wurde meine Zimmertür geöffnet. Appa stand im Rahmen und sah mich missbilligend an. Er sah zwischen meinen Hausaufgaben und meinem Handy hin und her, welches ich noch in der Hand hatte.
"Kein Wunder, dass du so schlecht in der Schule bist", sagte er.
"Ich hab einen Klassenkameraden geholfen", erwiderte ich, legte mein Handy zur Seite und stand vom Stuhl auf. Appa lachte auf.
"Wer würde dich schon um Hilfe bitten, du undankbares Kind", sagte Appa und schlug mich. Er hatte so fest zu geschlagen, dass ich mein Gleichgewicht verloren hatte.
"Du hast doch bestimmt deinem Lover geschrieben, huh?"
Ich sah ihn verwirrt an.
"Denkst du, ich bekomme nicht mit, dass du dich in der Nacht raus schleichst?", erläuterte Appa.
Das tat ich wirklich, aber in dieser Zeit arbeitete ich in einem Club, der für sehr reiche Leute war. Dort spielte ich Piano und sang dazu; das war einer meiner Minijobs.
Appa schüttelte mit dem Kopf. "Werde gefälligst wieder normal!" Anschließend trat er mir in den Bauch.

SuicidalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt