Einleitung 2 - Der Anfang

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Ein Jahr.
365 Tage.
8.760 Stunden.

„Also ist es wahr", hauchte Kayla leise. Dabei stiegen ihr die Tränen in die Augen. Sie wusste nicht wie sie reagieren sollte, viel zu geschockt war sie von seiner Aussage. Obwohl sie bereits damit gerechnet hatte.

„Vielleicht auch mehr", versuchte Dr. Meisner sie etwas zu beruhigen, „Kayla, die Tests können nur einen wagen Ausblick geben. Sie sind keine Kristallkugel." Er wollte ihr ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Es gelang ihm leider nicht.
„Momentan ist die Vorhersage ein Jahr. Aber das kann sich ändern", er stand von seinem Stuhl auf und lief um den Glastisch herum. Schließlich kniete er sich vor ihr hin und nahm seine Hände in die ihren. Er mochte ihr dabei ein wenig zu nah erscheinen, aber er hatte es im Gefühl. Dass Kayla gerade jemanden brauchte der ihr halt gab; und bei so etwas pfiff er auf die Regeln. Er konnte nicht riskieren, dass sie unter einer Panikattacke litt und ihrer Gesundheit damit einen weiteren Knacks versetzte.
„Du musst auf dich Acht geben, verstehst du", er blickte ihr tief in die Augen, die mittlerweile schon schimmerten. Tränen klar für jeden erkennbar. „Versuche so gesund wie nur möglich zu leben. Es gibt da einige Pläne, die dir helfen können. Wichtig ist, dass du auf dich selbst achtest. Nicht nur auf deinen Körper, sondern auch auf deine seelische Verfassung. Beides ist unheimlich wichtig. Und wer weiß, vielleicht hast du auch mehr als ein Jahr."

Aber selbst dieser Versuch der Aufmunterung ging an ihr vorüber. Kayla fühlte sich leer; so als gäbe es diesen kleinen Sonnenstrahl in ihr nicht mehr, wie Noah es immer bezeichnete. Gefühlskalt; so würde sie sich aktuell beschreiben. Unfähig auch nur ein Wort auszusprechen, geschweige denn sich zu bewegen.
Dr. Meisner drückte ihre Hände. „Vergiss mal den ganzen Krankenhausquatsch. Ich bin David", stellte er sich vor, „ich möchte dich mit so etwas nicht alleine lassen. Und finde, dass es jetzt nur fair ist, wenn du mich ebenfalls duzt."
Er wollte ihr eine einig mehr Sicherheit geben, und sie von den Gedanken ablenkten. Bis zu einem Gewissen Teil bekam er das auch hin; aber alles schlimme konnte er einfach nicht verhindern.

„Danke", flüsterte sie. Ihre Lippen fühlten sich kalt und spröde an, wahrend sie dieses Wort sagte. Und sie fühlte sich, als hätte sie seit Jahren kein Wort mehr gesprochen.
„Kayla", er hockte sich hin, „wenn du etwas brauchst, dann bin ich da. Und das nicht bloß als dein behandelnder Arzt."
Er schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln. Welches auch ihre Mundwinkel leicht in die Höhe zog.
„Und jetzt sollten wir jemanden anrufen."

Kayla nickte, auch wenn sie sich immer noch betäubt fühlte. Sie griff in ihre Jackentasche und fischte ihr Handy heraus. Dabei zitterten ihre Hände. Ob aus Angst vor der Reaktion oder aufgrund der Nachricht, wusste David nicht. Er wollte sie auch nicht fragen, zu groß war seine Befürchtung er könne sie damit überfordern. Allein die Nachricht hatte sie schon weit zurückgeworfen.
Unterdessen tippte die Brünette stumm auf ihrem Telefon herum, bis sie schließlich den Rufton hörte. Sie hielt sich zitternd das Handy ans Ohr, und versuchte sich eine einig zu beruhigen. Ihre Atmung nam dennoch rasch zu, und sie fühlte sich, als würde ihr die Brust zugeschnürt. David beobachtete sie eindringlich, versuchte auszumachen, wie schlimm es um ihre Verfassung war. Würde sie weiter so zittern, würde er ihr das Telefon abnehmen. Kayla stand in seinen Augen kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

„Kayla, Liebes", Elena meldete sich mit ihrer liebevollen melodischen Stimme, wusste schon, dass ihre Nicht sie anrief. Kayla hatte ihr von heute erzählt, allerdings nicht davon wie schlimm es um sie stand. „Elena", flüsterte sie ins Telefon und versuchte einigermaßen ihre Fassung zu wahren.
Elenas Kopf schaltete in Sekunden von Freude auf Panik um. So klang ihre Nichte normalerweise gar nicht. Sie war stets eine aufgeweckte junge Frau, und die person am anderen Ende der Leitung klang ja mal so gar nicht danach.

„Ist alles in Ordnung?", Elena drückte den Hörer näher an ihr Ohr, versuchte auszumachen wo sich ihre Nichte befand. Doch vergeblich; sie konnte nur die schnelle Atmung hören. Keine Verkehrsgeräusche; kein Gemurmel; nichts.
„Ich -", Kayla wollte ansetzten, doch statt eines weiteren Wortes entfuhr ihr ein Schluchzen. Sie würde es sicherlich nicht schaffen ihrer Tante nach Wochen des Schweigen auf einmal alles zu erzählen. Kayla wusste, dass es sie mehr als nur schwer treffen würde. Denn wie sollte man schon reagieren, wenn ein wichtiger Mensch nicht mehr lange zu leben hatte?

Racing Heartbeat - Incoming Hope [Mick Schumacher FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt