Die zwei Wochen am Strand vergingen für Harrys Empfinden viel zu schnell. Remus und Severus bemühten sich den Jungen so gut es ging, von allem abzulenken. Vor allem Severus schaffte es immer häufiger, auszublenden, dass Harry eben James Potters Sohn war. Nur selten gab er wieder seinem üblichen Verhalten nach und bedachte Harry mit bissigen Kommentaren, die ihm schnell darauf leidtaten, besonders wenn er merkte, dass der Junge dann sofort in alte Muster verfiel. In der ganzen Zeit am Meer hatte Harry nur ein einziges Mal eine Panikattacke gehabt. Es war die erste Nacht, in der er ohne einen Trank geschlafen hatte. Sofort waren die Albträume wieder dagewesen. Es hatte lange gedauert, bis Remus und Severus ihn hatten beruhigen können. Aufgelöst und schwer atmend hatte Harry im Bett gesessen. Sie hatten ihn dann mit zu sich genommen und irgendwann war er wieder eingeschlafen, aber diesmal ohne Albträume. Auch in den Nächten danach wollte Harry ohne Tränke schlafen, immer wieder wachte er auf, aber er schaffte es sich selbst, aus seiner Panik zu befreien und nach einigen unruhigen Nächten schlief er inzwischen beinahe ohne schlechte Träume.
Am Tag vor ihrer Abreise saß Severus im Wohnzimmer des kleinen Hauses und las, ein Glas Wein auf dem Tisch, als Remus die Treppe hinunterkam.
»Na, schläft er?«, wollte Severus wissen und legte das Buch beiseite.
»Mhm ... ja schon, aber es hat länger gedauert als sonst«, sagte Remus nachdenklich und setzte sich zu seinem Partner.
»Ich denke, dass er lieber hierbleiben würde«, sagte Severus.
»Ja, er hat Angst vor allem, was noch kommt und ich denke, seine Angst doch noch zurückzumüssen ist nicht in Gänze verschwunden«, Remus griff nach seinem Weinglas und trank einen Schluck. Die Männer schwiegen. Sie hatten in den langen schlaflosen Nächten viel über die Zukunft geredet. Harry war zwar schon zwölf, aber immer noch ein Kind, welches sie großziehen wollten. Sirius nach der Übertragung der Vormundschaft zu fragen machte ihnen genauso Bauchschmerzen, wie der sicher anstehende Prozess und die Frage, wie Harry und Severus in der Schule zurechtkommen würden.
»Sollen wir schon morgen ins Manor? Je schneller Harry Lucius, Narzissa und Draco kennenlernt, also richtig meine ich, umso schneller können wir nach Askaban und ihn bei ihnen lassen«, fragend sah Remus zu Severus. Dieser nickte nachdenklich.
»Ja, es ist sicher besser. Wir werden irgendwann morgen am frühen Abend zurück sein und könnten dann gleich zu ihnen.«
»Ob die Jungs klarkommen werden?«, ein Lächeln umspielte Remus' Mund.
»Ich mach mir da keine Sorgen. Draco ist im privaten Umfeld sehr umgänglich und ja, vielleicht etwas stolz, aber er wird es schon schaffen. Ich hatte Lucius auch gebeten ihn, so weit es eben geht, einzuweihen, allerdings den Missbrauch sollte er aussparen. Ich glaube nicht, dass Harry das Recht wäre und Draco ... er würde es nur schwer verstehen«, sagte Severus.
»Ja, die nächsten Tage sind entscheidend und in zwei Wochen ist wieder Vollmond, es wäre schön, wenn bis dahin alles geklärt wäre«, sagte Remus gequält. Severus beugte sich zu ihm und küsste ihn.
»Mach dir keinen Sorgen«, sein Partner lächelte, lehnte sich vor und küsste nun seinerseits seinen Partner.
»Lass uns ins Bett gehen«, raunte er und sofort folgte ihm Severus nach oben.
Harry saß zwischen Remus und Severus in einem Dreierabteil im Zug zurück nach England und las. Er versuchte, sich von dem Kommenden abzulenken, aber es fiel ihm schwer. Severus und Remus hatten ihm gesagt, dass sie nach ihrer Ankunft direkt nach Malfoy Manor weiterreisen würden. Sie hatten ihm auch erklärt, dass die Malfoys, Spione waren und daher in der Öffentlichkeit eine emotionale Maske trugen, um keinen Verdacht aufkommen zu lassen. Trotz allem war Harry mulmig, wenn er daran dachte. Besonders die Begegnung mit Draco machte ihm Bauchschmerzen. Sie waren nicht gerade Freunde, eher sogar Feinde, obwohl Harry das nie so gewollt hatte, aber Draco hatte Ron beleidigt, den ersten Freund, den es überhaupt in Harrys Leben gab. Als er Draco damals in der Winkelgasse getroffen hatte, da fand er ihn zwar arrogant, hätte sich aber vorstellen können, sich mit ihm anzufreunden, aber dann war alles ganz anders gekommen.
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Mit deinen Augen
FanfictionHarry Potter flieht kurz nach seinem 12. Geburtstag aus dem Haus seiner Verwandten. Ausgerechnet Severus Snape läuft er in die Arme und dieser erkennt, dass er den Jungen wohl oder übel mitnehmen muss. Seinen Hass auf Harry kann er kaum verbergen, d...