Dear World, Fuck you!

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Mit schnellen Schritten laufe ich in unser Bad. Halte die Tränen mühsam zurück. Ich muss aufpassen, dass sie niemand sieht! Will niemandem Sorgen bereiten. Darauf bedacht keine Geräusche zu machen schließe ich die weiße Tür. 

Im ebenfalls weißen Spiegelschrank liegt in einem kleinen Schmuckkästchen versteckt mein Taschenmesser. Hab ich mal bekommen. Ist eigentlich nur ein Werbegeschenk, aber ich habs geschliffen. War eine gute Idee.

Ich seh schon verschwommen als ich danach greife um es herauszuziehen. Kurzzeitig kann ich nichts mehr erkennen weil die Tränen alles unscharf machen, blinsle sie aber weg und klappe das Messer vorsichtig auf. 

Ein Schnitt folgt dem nächsten. Achte gar nicht auf das Blut das herausströmt. Setze nur immer wieder neu an und verursache einen roten Faden der mein Handgelenk hinab auf den Rand des Waschbeckens tropft. Aber es ist egal. Alles was ich sehe sind die roten Schnitte. So wunderschön, und doch können sie nur einen Bruchteil dessen widerspiegeln was in meinem Inneren vorgeht. Ein Wirbelsturm aus Frust, Angst, Wut und Trauer. Sehr viel Trauer. Ich weiß nicht mal warum. Eigentlich sollte ich doch glücklich sein. Habe alles, aber doch ist die Einsamkeit oft da. Es ist doch sowieso alles nur sinnlos, ich sterbe doch im Endeffekt trotzdem. Ob es nun etwas früher oder später ist.

Ich fühle mich einfach nur gefangen in meinem Körper, wie in einem Käfig. 

Immer wieder schneide ich in meinen Arm, kann nicht mehr aufhören. Der ganze Arm ist inzwischen voll roter Linien, manche tiefer andere weniger und es tut so gut das zu sehen, und doch kann ich nicht aufhören. Denke immer wieder an das Geschehene, es treibt mich zu mehr Tränen und Blut. 

Nach einiger Zeit sind meine Tränen endgültig versiegt und ich sitze keuchend am Boden, um mich herum rote Tropfen. Und endlich sehe ich meinen Arm an. Mir entfährt ein erschrockenes Lufteinziehen, die Schnitte sind nicht normal. Sie sind zu tief.

Während ich es so betrachte wird mir langsam schwummrig und ich muss heftig blinseln um etwas sehen zu können. Ich werd doch jetzt nicht ohnmächtig oder? Nein! Ist doch nur ein bisschen Blut. Das krieg ich schon hin. Sonst könnten mich meine Eltern entdecken, oder.... vielleicht ist es doch ein wenig mehr als es sein sollte?

Staunend starre ich auf die Wunden. Sie sind plötzlich ja seltsam tief, aber tun kein bisschen weh. 

Langsam wird mir wieder schwummrig. Es ist ein schönes Gefühl, als wäre ich auf einer Wolke. Alles ganz sanft und weich. Nicht wie ich es mir immer vorgestellt habe. Kein Schmerz, kein schlechtes Gewissen. Nur diese mich umgebende Sanftheit. Inzwischen denke ich an nichts anderes mehr. Nur kurzzeitig blitzen einige Gesichter auf. Ein Junge, er kommt mir irgendwoher bekannt vor. Erinnert mich an Schmerz. So unglaublichen Schmerz, nichts was man mit Medikamenten heilen könnte. Nein, es ist tief in meinem Inneren. Nun fließen die Tränen wieder. Warum tut mein Herz so weh? Warum hört es nicht einfach auf?!

Warum lässt du mich nicht wenigstens friedlich sterben? Du hast doch schon mein Leben ruiniert, dann ruinier nicht auch noch meinen Tod! Ich HASSE dich ok? Von vollstem Herzen, du hast mich immer weiter kaputt gemacht. Mir meine Freunde weggenommen, mein Leben, meine Liebe und jetzt lässt du mich noch immer nicht in Ruhe? Hast doch schon erreicht was du wolltest. Wirst am Montag in meine Klasse kommen und erstaunt meinen leeren Platz ansehen. Vielleicht denkst du dir ich bin krank, doch wenn ich nach ein, zwei Wochen immer noch nicht da bin wirst du nach mir fragen. Sie werden dann sagen ich sei >nicht mehr unter uns< Doch ich werde dir kein bisschen verzeihen. So habe ich mich fast jeden Tag gefühlt!

Also wilkommen in meiner Welt!

Einige Zeit starre ich einfach gerade auf auf die weißen Fliesen. So rein, unbeschmutzt aber auch seltsam neu. Ich will auch so sein. So wunderschön. Aber ich habe viel zu viel getan was ich nicht sollte. 

Weißt du, du hast mich immer nur als Mädchen gesehen das man hänseln kann. Zu dem man Hure, Miststück oder Schlampe sagen kann. Und das obwohl ich dich geliebt habe. Hab dir so viel verziehen, was ich nicht sollte. Ja, Liebe ist eben doch mächtig. Ich konnte über alles hinweg sehen. Bin immer wieder zurück. Doch du wolltest mich gar nicht! Wolltest nur ein Arschloch sein. Mir vorspielen mich zu lieben und dann machst du hinter meinem Rücken mit anderen herum. 

So endet also mein Leben. Mit Selbstmord. Tja.. Das hätte ich mir früher nie denken können. Aber da wusste ich ja auch noch nicht, dass mich jemand schamlos ausnutzen würde.

Ich sollte glücklich sein. Nun ist es endlich vorbei. Die Nächte in denen ich weinend eingeschlafen bin, die Angst und Trauer. Ach ja und die vielen Schnitte. Niemand hat sie entdeckt. Hat mich darauf angesprochen, sich Sorgen gemacht. Warum denn auch, bin ja nur ein wertloses Mädchen. Sie werden alle einfach weiter leben als wäre ich nie da gewesen. Werden mich vergessen, wegwerfen. Sind mich endlich los. Befreit von dieser Last mit mir reden zu müssen.

Einmal will ich die Welt noch sehen. Die Welt die mich verraten hat, im Stich gelassen. 

Langsam öffne ich die mittlerweile schwer gewordenen Augenlieder. Es ist gar nicht so leicht, fühlt sich an als wären sie tonnenschwer. Doch ich habe genug Willen sie noch einmal zu heben. Ein letztes Mal. Alle die Farben, sie strahlen viel mehr wie früher. Das Weiß, es verschluckt mich beinahe und der rote Schwamm. Wie ein leuchtender Sonnenuntergang.

Ich weiß, das klingt jetzt kitschig doch mir kommt es so wirklich vor. Als hätte es schon immer so gestralt und ich konnte es einfach nicht sehen. 

Während ich noch so nachdenke muss ich mich immer mehr bemühen die Augen offen zu halten. Sie werden immer schwerer. Nein, mein Wille wird immer schwächer. Bevor sie mir endgültig zufallen will ich mir das Bild aber noch einprägen. Vielleicht sehe ich ja nie wieder was. Immer nur schwarz. 

Ganz leicht senke ich den Blick um meinen Arm noch zu sehen. Er ist fast vollständig mit einem roten Schimmer überzogen und mitten drinnen vier Wörter. Stechen heraus. 

Die Tür geht krachend auf und meine Mum kommt rein. Zuerst will sie mich wütend fragen was ich denn solange im Bad mache, dann erst sieht sie mich richtig an. Und während sie mich wie erstarrt mit geschocktem Blick ansieht merke ich wie mir die Augen zufallen. Die Lieder schließen sich langsam und es fühlt sich an als hätte ich Watte in meinen Ohren und Mund. Alles ist gedämpft. Dann ist ein leiser Klick und es wird schwarz. Einfach nur tiefe Finsternis. Aber es ist nicht unangenehm oder Angst einflößend. Nein. Ich fühle mich geborgen. Geliebt, nicht mehr alleingelassen. Vergessen sind all die Sorgen, meine Eltern und Er.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 23, 2015 ⏰

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