Nachdenklich fuhr ich immer wieder über das Gold in meinen Fingern. Es war eine Medaille mit einer Kämpferin darauf abgebildet. Ich hatte sie heute erst gewonnen und doch versuchte ich zu ergründen, warum sie mir so wenig bedeutete. Ich war nicht fokussiert auf Gewinn oder Reichtum. Sehr viel brachte es mir auch nicht. Ich unternahm nicht viele Reisen und hier hatte ich allein schon durch mein adeliges Blut genug Ansehen und ein gutes Leben. Es war nicht leicht für meine Eltern gewesen, zu akzeptieren, dass ich niemals so viel wie sie mit anderen hoch angesehenen Kriegern zu tun haben wollte. Natürlich war ich zu anfangs auf den Versammlungen gewesen, doch ich hatte mich nie wirklich zugehörig gehört. Wie konnte man das auch bei solchen Leuten?
Ein, für den Sommer, kaltes Lüftchen streifte über meine Haut und stellte meine Haare ein wenig auf. Ich hob meinen Blick wieder gen Bäume und ließ die Medaille an ihrem Band in meiner Hand hinuntergleiten. Ich musste leicht seufzen, als mir klar wurde, dass ein Teil von mir bereits die Teilnahme an dem Wettkampf bereute. Es war die Idee meiner besten Freundin gewesen. Sie hatte schon seit vielen Jahren darauf gedrängt und bis heute hatte ich mich auch noch dagegen wehren können. Eigentlich wollte ich ihr damit einen Gefallen tun und sie auch ein wenig loswerden, doch die letzten Stunden waren eine Qual gewesen. Ich mochte es aus gutem Grund nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Sie verstand mich nicht und würde nur zu gerne meinen Platz einnehmen, auch wenn sie nicht darüber sprach. Wir hatten uns eine Nacht lang darüber ausgesprochen und danach das Thema nie wieder aufgebracht.
"Hier bist du." Ich zuckte leicht zusammen und drehte meinen Kopf zur Seite. Ich versteifte mich sofort ein wenig, als ich erkannte, dass es der Prinz war. Er hatte wie immer natürlich ebenfalls an dem Wettbewerb teilgenommen, doch dieses Jahr zur Abwechslung mal nicht gewonnen. Es schien ihm sichtlich etwas zu bedeuten von jemandem wie mir geschlagen worden zu sein, doch wie er es tun musste, überspielte er es. "Mein Herr Legolas", begrüßte ich ihn, wandte mich ihm ganz zu und neigte meinen Kopf ein wenig. Er hatte seine Rüstung noch an, was mir zeigte, dass das Festessen gerade erst zu Ende sein musste. Er hatte anscheinend bemerkt, dass ich nicht dabei gewesen war und sich auf die Suche gemacht, auch wenn es nicht in seiner Verantwortung lag.
"Warum bist du nicht bei der Feier, als Ehrengast", fragte er und lächelte dabei ein wenig. Seine Hand legte er auf das kalte Geländer ein Stückchen weiter weg von mir. Ich versuchte mich schnell an Kindheitstage zu erinnern. Ich hatte immerhin nicht oft mit Leuten wie ihm zu tun. "Vergebt mir. Ich habe mich nicht wohl gefühlt", antwortete ich und brach den Blickkontakt. "Du sahst schon bei der Siegerehrung nicht besonders glücklich aus." Ich musste leicht schlucken. Konnten wir nicht einfach hinein gehen und dieses Essen beenden? "Ja, ich... mag es nicht sehr im Mittelpunkt zu stehen", erwiderte ich etwas unsicher und drehte meinen Körper wieder den Bäumen zu. "Und dann machst du bei so einem Wettbewerb mit?" "Meine Freundin hat mich überredet." Ich kam nun ebenfalls nicht um ein leichtes Lächeln. Ich versuchte immer noch herauszufinden wieviel ich mir ihm gegenüber leisten durfte. Immerhin hatte ich ihn gerade in Kraft, Geschick und Ausdauer geschlagen.
Es breitete sich Stille zwischen uns aus, doch sie war nicht unangenehm oder peinlich. In dem Moment schien sie einfach zu passen. Ich drehte langsam die Scheibe in meinen Händen hin und her. Ich hatte nicht unbedingt erwartet gleich zu gewinnen, doch es war kein Geheimnis, dass ich ziemlich gut war. "Das Festessen ist inzwischen beendet. Lust auf ein Glas Wein?", fragte er und drehte sich bereits um. Etwas überrascht sah ich wieder zu ihm. Warum wollte er denn nun mit mir reden? Ich hatte eigentlich erwartet, dass er nur gekommen war, um mir seinen Respekt zu erweisen oder ähnliches, doch dafür wären die paar Worte von eben genug gewesen. Wozu also das Glas Wein noch? Doch es war offensichtlich nicht nur ein einfacher Vorschlag gewesen, nicht, wenn er von jemandem wie ihm kam. Also folgte ich ihm und ließ die Medaille in meiner Tasche verschwinden. Ich fühlte mich nicht gerade wohl dabei, als wir wieder durch die Balkontür schritten, doch was hatte ich schon für eine Wahl?
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Intrigen im Düsterwald // Legolas FF
FanfictionWie in jedem Königreich, werden auch in Düsterwald dunkle Geheimnisse von seinem Herrscher geheimgehalten, doch was würde passieren, wenn eine unscheinbare Elbin unabsichtlich eines von ihnen aufdeckt? Sie muss sich zwischen Liebe und einem sicheren...