Zweites Kapitel

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"Fertig?" Ich unterdrückte genervt einen Kommentar auf das nicht vorangegangene Klopfen und drehte Naira meinen Kopf zu. Sie stand halb in der Tür und sprühte nur so über vor Energie. Hinter ihr konnte ich ihre Taschen erkennen. "Eine Sekunde", erwiderte ich und schnürte noch mal alles fest. "So wenig nimmst du mit?", fragte sie mit großen Augen und wagte sich etwas weiter vor. Ich lächelte und verdrehte leicht meine Augen. "Das ist Bruchtal. Ich denke, alles, was ich hier vergesse, wird dort zur Verfügung stehen. Außerdem ist das alles, was ich brauche", antwortete ich und stand auf. Ich musste noch ein wenig mehr grinsen, als ich erkannte, wie hübsch sie sich gemacht hatte. In ihren braunen Haaren hatte sie passend zum Sommer Blumen eingeflochten und auch ihr Gewand war offensichtlich nicht ihr normales Reisegewand. Ich war auch nicht unbedingt alltagsmäßig gekleidet, doch das lag auch daran, dass ich ein paar alte Kleidungsstücke von früher angezogen hatte, wegen des Prinzens. Ich wollte einen guten Eindruck machen, bei ihm ebenso wie in Bruchtal, auch, wenn die Reise ein paar Tage dauern würde. Elben mussten zwar nicht rasten, doch Pferde sehr wohl.

"Gehen wir", lächelte ich und folgte ihr aus meinem Zimmer. Es fühlte sich unerwartet gut an, sich in der noblen Kleidung durch die Hallen zu bewegen. Sie waren weich und fügten sich perfekt an meine Haut an. Irgendwie bereute ich es, sie nicht öfter zu tragen, doch ich hatte mich nun mal gegen ein Leben als Adelige entschieden. "Naira, wo ist dein Mantel?", fragte ich schnell, bevor wir uns zu weit von meinem Zimmer entfernten. Sie drehte sich überrascht um und schaute mich fragend an, worauf ich ein wenig lachen musste. "Auch, wenn es Sommer ist, würde ich nicht so durch den Regen reiten", lächelte ich und kehrte noch einmal in mein Zimmer zurück, um ihr einen von meinen zu holen. Es sah lustig aus, wie sich mein roter, plüschiger Mantel, welcher von hoher Qualität war, von ihren normalen Sachen abhob. Ich hatte einen dünneren, silbernen an, welcher für das Wetter mehr angemessen war. Doch sobald sie ihren Mantel zuknöpfte, sah man keinen Unterschied mehr.

Als wir nach draußen traten, standen die zwei Wachen bereits mit den gesattelten Pferden da. Den einen kannte ich sogar, sein Name war Aldon, er hatte mir mal einiges über den Umgang mit Pferden beigebracht. Den anderen hatte ich zwar schon mal gesehen, doch hatte ich niemals ein Wort mit ihm gewechselt. "Guten Morgen", begrüßte ich sie erfreut und ging auf mein Pferd zu. Ich war es nicht wirklich gewohnt, dass jemand anderes für mich meine Stute sattelte, doch wusste, dass es nur nett gemeint war.

"Mehr oder weniger gut", erwiderte Aldon und schaute grimmig aus einem der Fenster. Durch die offene Tür konnte ich das Prasseln des Regens vernehmen. "Ich bin Naira", stellte sich meine Freundin nett vor und überspielte den Kommentar ihres Gegenübers mit einem Lächeln. "Aldon." "Helevorn", stellte sich auch die andere Wache knapp vor. Er schien nicht unbedingt der Gesprächigste zu sein und vermied auch großräumig den Blickkontakt mit uns. "Du hast den Wettbewerb letztens gewonnen, oder?", fragte Aldon an mich gerichtet und legte seine Arme auf seinem Pferd ab, welches zwischen uns stand. Ich formte ein tonloses "Ja" mit meinen Lippen und nickte kurz. Soweit ich wusste, hatte auch er mitgemacht, doch war recht früh ausgeschieden.

"Und dann unternimmst du mit dem Prinzen eine Reise?", murmelte Helevorn, doch war weiterhin mit seinem Pferd beschäftigt. Aldon verdrehte die Augen und winkte ab. Ich war mir nicht so sicher, ob der Kommentar einfach so abgetan werden sollte, doch machte mich daran meine Taschen an meinem Pferd zu befestigen. Hinter uns ging die Tür zum Schloss wieder auf und Legolas und Gwaihir traten ein. Sie waren anscheinend in ein Gespräch vertieft und grüßten uns nur nebenbei. Gwaihir war ein guter Freund von Legolas und schon sehr erfahren und weise, gleichwohl man sich trotzdem gut mit ihm unterhalten konnte. Das wusste ich noch von der Zeit, als meine Eltern mich auf die Feste gezerrt hatten und ich mit Leuten wie ihm reden musste.

"Also dann", eröffnete der Prinz schließlich die Reise und schwang sich auf seinen Hengst. Seine Taschen waren anscheinend schon von Helevorn und Aldon angebracht worden. Legolas und Gwaihir ritten vor, Naira und ich in der Mitte und Aldon und Helevorn jeweils auf einer Seite. Zunächst war alles still und nur die beiden an der Spitze unterhielten sich fröhlich weiter. Ich vergrub meinen Kopf tiefer unter meiner Kapuze und schob meine Ärmel über meine Hände. Schnell wurde es kalt und auch, wenn mein Mantel eigentlich wasserfest war, so spürte ich doch die Kälte darunter kriechen. Es war dunkel und auch auf dem freien Feld in Richtung der Nebelberge konnte man nicht das Ende der dunklen Wolken erkennen.

Intrigen im Düsterwald // Legolas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt