Fünfzehntes Türchen

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Diesen Text hat yours, truly verfasst. Ursprünglich sollte dies das erste Kapitel eines Kurzromans werden, den ich allerdings verworfen habe. In meinen Dokumenten verrotten soll's aber auch nicht. Also: enjoy (hoffentlich.)

Zuckerstangen & Schnee

„Ich sehe, was ich tun kann, okay, Jonathan?", sage ich mit meinem schönsten Lächeln zu dem kleinen Jungen, der strahlend von meinem Schoß rutsch.

Okay, mir fällt jetzt erst auf, wie creepy das klingt. So ist das nicht, versprochen.

Außerhalb der Arbeit lass' ich keine Kinder auf mir sitzen und verspreche ihnen auch nicht, dass ich ihnen ihre Wünsche erfüllen werde. Ich bin Santa. Nun ja, ich bin nicht er, aber ich tue so, um den Zauber von Weihnachten aufrecht zu erhalten oder so. Hauptsächlich, weil's recht gutes Geld einbringt. Emery findet es lustig, dass ich Chris heiße und mir ausgerechnet diesen Nebenjob ausgesucht habe. Andererseits findet Emery aber auch Klopf-Klopf-Witze lustig. Es ist also nicht sonderlich schwer, ihn zu amüsieren.

Ich spähe auf meine Uhr, woraufhin sich Vorfreude in mir breitmacht. Fünf Minuten, bis meine Schicht zu Ende ist und ich aus diesem kratzigen Anzug raus kann, der irgendwie viel zu sehr nach Schweiß riecht für die Tatsache, dass ich ihn erst gestern bekommen habe. Ich frag' mich, wie oft im Jahr sie die Dinger waschen. Vermutlich nicht sehr oft.

Ein kleines Mädchen fragt mich nach einem Pony. Ich nicke abwesend, aber kann mich kaum auf sie konzentrieren. Denn ich weiß, dass seine Schicht genau jetzt begonnen hat. Mein Blick wandert durch die dekorierte Halle, bis ich ihn erblicke. Er steht da, in seinem lächerlichen Elfenkostüm strahlt die die Mall verlassenden Kunden an und fragt sie, ob sie eine Zuckerstange wollen.

„Jaja. Kriegste", murmele ich dem Mädchen zu. Sie steht auf und ich ebenso. Meine Schicht ist aus, mir kann egal sein, dass die Mutter mit einem Schal im Leopardenmuster um den Hals sich lautstark beschwert, weil ihre Tochter unbedingt noch ein Foto mit dem Weihnachtsmann wollte.

So schnell habe ich mich noch nie umgezogen, ernsthaft. Jetzt stehe ich hinter ihm, mit dem Mistelzweig aus Plastik, den ich jeden Tag in meiner Jackentasche mit mir rumtrage. „Entschuldigung? Ich hätte gerne eine Zuckerstange."

Er dreht sich zu mir um und lächelt sein süßes, irgendwie träges Lächeln. Am liebsten würde ich mich in seinen Grübchen einrollen. „Na?" Er küsst mich knapp.

Ich weiß, dass er nicht lang reden kann, also halte ich mich kurz: „Miriam's, in zwei Stunden, ich bring' Kekse mit."

„Bis dann." Er lächelt immer noch und drückt meine Hand sanft. „Ich liebe dich."

„Schleimer."

Er streckt mir die Zunge raus und huscht zu einer älteren Dame. „Zuckerstange gefällig?"

Als ich die stickige Mall verlasse, schlagen mir kalte Luft und Wind ins Gesicht. Und dann wird mein Lächeln noch breiter, als ich realisiere, dass Emerys erster Weihnachtswunsch wahr geworden ist.

Es schneit.

Bei Kakao und KeksenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt