(6) In seinem Benz

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»Wow.« Bewundernd streicht Mabou über die mit hellem Leder verkleidete Autotür des Mercedes. Ihre Augen sind groß wie Untertassen.
Wenn es eines gibt, für das sie sich begeistern kann, dann sind das Autos - vorzugsweise möglichst schnelle und teuere Modelle.

Das glänzend weiße Schlachtschiff, auf dessen Rückbank wir sitzen, scheint ganz hervorragend in ihr Beuteschema zu passen.

Felix, der sich grade lässig auf den Fahrersitz fallen lässt, schmunzelt. Als kleinste meiner Freunde sitze ich in der Mitte, sodass ich im Rückspiegel sein Gesicht erkennen kann.
Als sich unsere Augen treffen, wende ich schnell den Blick ab.

Felix betätigt die Zündung. Wie auf Knopfdruck wird der Innenraum des Autos von goldenem Licht erhellt, das von in die Armaturen eingelassenen LEDs ausgeht.
Mabou zieht scharf die Luft ein.

»Der CLS 63 AMG mit Ambientebeleuchtung.«, haucht sie, und ich runzele die Stirn. Sie fährt zwar auf Autos ab, lässt ihre Bewunderung gegenüber fremden Männern aber normalerweise nicht so offen durchblicken.
Entweder ist sie betrunkener als ich dachte, oder sie will etwas von Felix.

Wahrscheinlich ist beides der Fall.

Bevor es peinlich werden kann, wechsele ich das Thema. »Wo geht's eigentlich hin? In einen Club?«

Wieder treffen Felix' stechend blaue Augen im Rückspiegel auf meine. Diesmal ist er es, der sich meinem Blick entzieht und aus dem offenen Fenster schaut.

»Ne, nich' wirklich. Ist eine Art After-Show-Party. Sind also keine Fremden da.«

Kaum hat Felix seinen Satz zu Ende gebracht, wird die Beifahrertür aufgerissen. Ein dunkelhaariger junger Mann streckt seinen Kopf herein und betrachtet uns kritisch, bevor er sich nahtlos in unser Gespräch einklinkt. »Ist allerdings größtenteils eine Innenraum-Location. Könnte also ein bisschen warm werden, wenn ich mir euch so ansehe.«

»Kawuuus Kalantar!«, skandiert Felix freudig, während sich die beiden abklatschen. »Komm rein, Junge. Guter Auftritt, man.«

Der Neuankömmlings schiebt sich neben Felix auf den Beifahrersitz. Noch bevor er die Tür zugezogen hat, startet Felix den Motor und setzt zurück.

»Thank you. War'n gutes Publikum heute. Aber bei keinem rastet die Crowd so aus wie bei dir.« Mit einem jungenhaften Grinsen im Gesicht dreht sich Kawus zu uns um. Er scheint sich keine Sekunde über unsere Anwesenheit zu wundern. »Hey, man. Ich bin Kawus.«

Der Reihe nach stellen wir uns vor; Mabou und ich mit Händedruck, Milo stilecht mit Handshake.
»Du warst mega.«, komplimentiert er.

»Danke, Bruder.« Während Felix auf die Straße auffährt und beschleunigt, hat er sich immer noch umständlich zu uns umgedreht. Ich kann nicht anders, als ihn dafür zu bewundern, dass ihm dabei nicht sofort schlecht wird.

»Mal ehrlich: Sollen wir noch eben bei euch vorbei, damit ihr euch umziehen könnt? Ihr seht nicht aus, als wärt ihr aufs Feiern vorbereitet gewesen.« Kritisch betrachtet er unsere Outfits.

Seine Bemerkung trifft mich wie ein Schlag. Vor lauter Aufregung habe ich mir noch gar keine Gedanken um unsere Kleiderwahl gemacht.
Shit, ich bin sowas von nicht fürs feiern gehen angezogen.

»Quatsch, macht euch bloß keine Umstände wegen uns. Das passt schon.«, unterbricht Mabou meine Gedanken.

Mit einer einzigen, eleganten Bewegung streift sie sich den groben Strickpullover über den Kopf, den sie über ein verdammt enges, schwarzes Kleid kombiniert hat. Dabei entblößt sie ihr üppiges Dekolltée, das nur spärlich von ihren langen Locken bedeckt wird.

(zivil-) courage - felix lobrechtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt