18. "Sonderbarer Mann"

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18. "Sonderbarer Mann"

" Und woher genau wissen Sie nun, dass wir hier her müssen?" Sherlock war sich nicht sicher, warum genau er Mr. Aziraphale überhaupt gefolgt war, nachdem er wie von der Tarantel gestochen den antiquitären Buchladen verlassen hatten. Er hatte es nicht mal geschafft, die Seiten, die ihm gegeben wurden, gründlicher zu lesen! Eine Frechheit.

"Äh... mir ist eingefallen, dass ich vor kurzen gelesen hatte, dass die Tunnel der Londoner Untergrundbahn öfter für solche Aktivitäten genutzt werden." Ohne sich zu ihm umzudrehen  oder sich zu versichern, dass Sherlock ihm überhaupt folgen konnte, ging er weiter. Die Dunkelheit um sie herum wurde immer allumfassender  und Sherlock hatte Mühe, die Hand vor den Augen zu sehen. Wiedermal verfluchte er die Limitationen des menschlichen Körpers.

Menschen waren gegenüber anderen Lebewesen praktisch blind, taub und ihre Nase funktionierte auch nicht. Dafür waren sie mit höherer Intelligenz ausgestattet. Ein guter Ausgleich? Sherlock bezweifelte es. Denn bei so gut wie allen Menschen fehlte auch die Intelligenz. Ohne die Gesellschaft, die sie auffing, wären sie hilflos zu Grunde gegangen. Erbärmlich.

Je tiefer die beiden Männer in den Tunnel vordringen, desto deutlicher wurde es, dass der kauzige Buchhändler mit der Dunkelheit und dem unbekannten Terrain keine Probleme zu haben schien. Sherlocks Misstrauen wurde erneut geweckt.

"Wie ist es möglich, dass sie sich hier in dieser Finsternis so zielsicher fortbewegen können?" Tatsächlich brachte die Frage, den anderen kurz aus dem Tritt. Im nächsten Moment drehte er sich um und Sherlock konnte sehen, dass er eine kleine Laterne bei sich trug. Dabei war er sicher, dass er diese bis eben noch nicht getragen hatte.

"Diese Laterne-"

"Hatte ich bereits die ganze Zeit bei mir. Wie kann es sein, dass sie Ihnen nicht aufgefallen ist, sie sehen doch sonst auch alles? Und jetzt kommen Sie, wir sollten uns beeilen." Schnell drehte er sich wieder um und ging weiter. Sherlocks Neugier war nun endgültig geweckt. Was hatte es mit diesem seltsamen Mann auf sich?

Die gesamte Situation war mehr als skuril. Und vielleicht zum ersten Mal, konnte Sherlock nicht genau sagen, was das skurile war. Irgendetwas stimmte einfach nicht. Mr. Aziraphale versuchte verzweifelt etwas zu verbergen unf tat einen sehr schlechten Job dabei. Aber was wollte er verbergen? Dass er einer von Moriarty Seite war? Ein Doppelagent? Hatte sein Bruder etwas damit zu tun?

Vermutlich nicht. Mycroft würde sich mit so jemanden wie diesem Mr. Aziraphale nicht abgeben. Es war schon ungewöhnlich, dass er so viel Zeit mit dem Detective Inspector verbrachte. Doch Mr. Aziraphale wäre da zu viel des Guten gewesen.

Ein heller Schimmer - das wortwörtliche Licht am Ende des Tunnels - lenkte den selbsternannten Consulting Detective ab.  Gleich würde er erfahren, was Mr. Aziraphale dazu bewegt hatte, seine heiße Tasse Kaffee stehen zu lassen und ihm die Blätter entriss, die er ihm einen Moment zuvor noch so unbedingt hatte zeigen wollen.

Doch auf die Szene, die er vorfand, als er an der Seite des Buchhändlers die verlassene, halbfertige U-Bahn-Station betrat, hätte ihn keine seiner Deduktion vorbereiten können.

Er sah John, wie er bewustlos an einen Stuhl gekettet war, von drei Männern und Fackeln flankiert. Um ihn herum flog ein Schwarm... waren das Bienen? Wespen? Daher auch die Wunden an den Handgeleken. Doch schienen diese bereits zu heilen. Wenn das Licht ihn nicht täuschte, waren sie ausgebrannt worden.
Irritierend war, dass die Wespen anscheinend nur die Handgelenke gestochen haben.

Sein Gedankenpalast schaffte es nicht, diese Informationen zu einer ordentlichen Deduktion zu verarbeiten.

"Haste dir das so vorgestellt, Mori? Der erhabene Herr Sherlock Holmes - sprachlos. Sein Loverboy geschunden und verletzt und er selbst machtlos. Diese... bescheuerten Dedik-...  Dedakt-... De-dingsda halt, bringen nur Fragezeichen hervor... Hach es ist wundervoll, ein Genie zu Fall zu bringen." Die kratzige Stimme hallte von den steinernen Wänden, im nächsten Moment trat eine junge Frau in das Licht. Die Wespen umschwirrten sie sofort, wie die Motten das Licht.

Written by Federsturm

Between Heaven and Hell (Abgebrochen) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt