Kapitel 6

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Unangekündigt beim Anderen aufzutauchen und vorzuschlagen, gemeinsam etwas zu machen, entwickelte sich zu einer Art Tradition und auch zu einer Herausforderung. Tradition insofern, dass es immer regelmäßiger vorkam. Herausforderung insofern, dass die vorgeschlagenen oder auch sich aus der Situation ergebenden Aktionen immer absurder wurden. 

Zuerst hatte Hermine Draco überredet, magisches Scrabble zu spielen. Es funktionierte genauso wie normales Scrabble, nur dass die Buchstaben sich gelegentlich weigerten, zu kooperieren, dir halfen oder eben nicht, je nachdem ob du ihnen sympathisch warst und dass man Extrapunkte bekam, wenn man einen Zauberspruch legte, der etwas bewirkte. Selbstverständlich hatte letzteres großes Konfliktpotential und sie waren in einer Diskussion über Zauberkunst gelandet und ob spontan erfundene Zauber nun zählten oder nicht. 

Dann hatte Draco mit Minigolfschlägern vor Hermines Tür gestanden. Wie sich herausstellte, konnte Hermine exzellent berechnen, wie man den Ball schlagen müsste, um ihn direkt ins Loch zu bekommen. Sie war jedoch nicht in der Lage, ihn tatsächlich auch so zu schlagen und Draco gewann haushoch. 

Eine Woche später hatte Hermine den Finger auf der Türklingel von Dracos Haus, als sich die Tür öffnete und Draco mit Scorpius herauskam. Sie waren auf dem Weg zum Zoo, der Scorpius' absoluter Lieblingsort war und den Astoria verweigerte, mehr als einmal in der Woche zu betreten, weshalb sie jetzt Draco beauftragt hatte, die Tierliebe ihres Sohnes zumindest kurzfristig zu stillen. Hermine hatte sich der kleinen Expedition spontan angeschlossen und wusste jetzt, dass Scorpius' Lieblingstier der Tapir war. 

Eine Diskussion über den Wert von Muggelkunst endete damit, dass Hermine Draco mit in ein Museum schleifte, woraufhin er darauf bestand, dass sie mit ins Planetarium kam und sich das Sternbild des Drachen zeigen ließ, woraufhin sie beschloss, dass er lernen musste, wie man Freundschaftsarmbänder knüpfte. Das hatte einen Wettbewerb zur Folge, wer dem anderen das Armband knüpfen konnte, was er verweigerte zu tragen. Hermine bekam ein rosa glitzerndes, Draco ein rot-golden gestreiftes. Beide trugen es, weil sie zu stolz waren, die Wette zu verlieren und weil die Blicke von ihren anderen Freunden und Kollegen witzig waren und weil sie inzwischen definitiv Freunde waren, also warum nicht? 

Das Highlight von Dracos Seite war, dass er sie einlud, mit ihm sein Wohnzimmer zu renovieren. Auf Muggelart. Es war selbstverständlich keine Sache von einem Nachmittag und auch keine, an der nur Hermine Spaß hatte. Also lernte sie im Zuge dieser Woche auch einige von Dracos anderen Freunden kennen. Wie sich herausstellte, fiel es selbst jemandem wie Pansy Parkinson schwer, einer mit blauer Farbe beklecksten Hermine gegenüber skeptisch zu sein. 

Pansy und Blaise schlugen am letzten Tag der Renovierung vor, anschließend noch etwas trinken zu gehen, was Hermine und Draco für eine exzellente Idee hielten und so schwanden die letzten feindlichen Gefühle vermutlich hinter der Karaokebar oder in einer Runde Feuerwhiskey. 

Kurzum: Nach einigen Wochen konnte sich Draco nicht mehr wirklich daran erinnern, wie es war, bevor er Hermine zu seinen engsten Freunden zählte. 

Es entging ihm aber auch nicht, dass sie gelegentlich Dinge über ihn wusste, die er nicht erzählt hatte. Oder dass sie ihn manchmal mit diesem nachdenklichen Blick ansah, als müsste sie überlegen, wer genau er war.  Es störte ihn nicht, es irritierte ihn nur furchtbar. Immer wieder vergingen Tage, manchmal sogar mehr als zwei Wochen, in denen er beinahe vergaß, dass da noch etwas war. Und dann wieder tat oder sagte sie etwas und ihm wurde wieder bewusst, dass es da irgendetwas gab, was er nicht wusste, irgendetwas ziemlich Großes. 

Immer wenn er fragte "Woher weißt du das über mich?" oder "Warum schaust du mich so an?", redete sie sich heraus, er habe es sicher schonmal erwähnt oder sie hätte gar nicht besonders geschaut, sie hätte einfach in die Gegend gestarrt. 

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