Kapitel 6 » Deine Lippen

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Kapitel 6

Grace

Meine Schritte fühlen sich schwer und gezwungen an. Ich bin verletzt, mein ganzer Körper fängt an zu schmerzen und mein Herz zieht sich zusammen, als ich ihn hinter mir wegfahren höre. Sein Verhalten trifft mich jedes Mal und ich kann nichts an ihm ändern. Er ist ja nicht mal bereit es zu versuchen und das ärgert mich so sehr.

Kraftlos schließe ich die Tür auf und betrete mein Haus mit einem leeren Gefühl. Meine Hand umschließt noch immer die Türklinge, als ich auf die weißen, hohen Wände des Hauses starre, mit den künstlerisch bemalten Leinwänden, die Pflanzen und die Kommoden die nur für reine Dekoration dort hingestellt wurden sind.

Mit einem Knall schmeiße ich die Tür hinter mir wieder zu und fange verbittert an zu weinen. Ich lasse meine Schulter hängen und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. So viele Fragen schwirren in meinem Kopf herum. Ich bin an einem Punkt angelangt, in dem ich nicht mehr weiss, wie ich mit der aktuellen Situation klar kommen soll. Ich brauche Harry's Unterstützung nie wirklich, doch momentan wünsche ich mir das alles anders gekommen wäre.

Ich hätte nie Ja sagen sollen. Das ist der größte Fehler meines Leben gewesen und ich bereue ihn heute so sehr. Ich versuche oft das Gefühl zu verdrängen, doch es gelingt mir heute Nacht nicht und meine Tränen hören nicht auf zufließen. Zu erfahren, dass Harry ein Bruder hat, hat mich mehr mitgenommen, als es sollte. Ich fühle mich so irrelevant. Als ich am Tisch gesessen habe und bemerkte, dass ich die einzige war, die nicht von ihm weiss. Harry hätte es wenigstens einmal erwähnen können.

Müde schleife ich die Treppen hoch, halte mich stark an dem Gelände fest und in der anderen Hand meine Schuhe. Im Zimmer angekommen lasse ich sie einfach los und auf dem Boden fallen, unbeschwert davon, ob sie nun im Weg lagen oder nicht. Mein Kleid streife ich auch von meinen Schultern, während ich mich auf dem Weg ins Badezimmer mache. Der kalte Marmorboden beruhigt meine Füße, die stundenlang in den unbequemen, hohen Schuhen gesteckt haben. Bis ich im Bad angekommen bin rutscht das Kleid von meinem Körper und landet auf den Boden.

Nur noch leicht bekleidetet betrete ich das Badezimmer und stütze mich an den Waschbecken ab. Mit müden Augen betrachte ich die Person im Spiegel und erkenne mich selbst fast nicht mehr. Meine nicht wasserfeste Mascara verschmiert sich durch das Weinen unter meinen Augen, mein Lippen sehen trotz des teueren Lippenstiftes trocken aus und ich würde mir beim einreden, das alles okay sei, selbst anlügen.

Ich wende mich von dem großen Spiegel ab und gehe zur Dusche, drehe sie auf und schloss die Badezimmer Tür. Ich ziehe mich komplett aus und steige in die heiße Dusche. Im Handumdrehen entspannen sich meine Muskeln und ich lasse meine Schulter lässig fallen, legte mein Kopf in den Nacken und versuche meine Gedanken für diesen Moment abzuschalten.

Harry's Stimme geht mir dennoch nicht aus den Sinn und auch der heutige Abend ist ein reiner Chaos gewesen. Es ist zu viel auf ein Mal passiert und es ist schwer so viele Emotionen unter Kontrolle zu halten. Ich bin erschöpft, möchte nur noch im Bett liegen und schlafen.

Ich lasse das warme Wasser noch eine ganze Weile auf meinem Körper prasseln, wasche meine Haare, schminke mich ebenfalls unter der Dusche ab und putze meine Zähne. Gegen mein Willen stoppe ich das Wasser vom fließen und gehe aus die Dusche, wickle meinen Körper in ein großes Handtuch und ging mit dem Fingerspitzen leicht durch meine Haarspitzen um sie zu entwirren. Ich konnte es kaum erwarten endlich im Bett zu liegen.

Als ich wieder aus dem Bad heraustreten möchte, erschrecke ich mich leicht als ich Harry auf dem Bett sitzen sehe. Ich drücke meinen Handtuch enger an mich und spüre wie mein Körper sich anspannt.
Auch er kann sein Gesichtsausdruck nicht unter Kontrolle halten, als er mich leicht verblüfft und erschrocken anschaut. 

„Ich wusste nicht das du hier bist." ,sage ich schnell und senke meinen Blick. „Ich bin gleich wieder da."

So schnell es geht, drehe ich mich um und verschwinde im Badezimmer. Ich sehe im Spiegel meine noch immer erschrockene Miene und fange an mich rapide anzuziehen. Mehr als ein Tshirt, das viel zu groß für mich ist und mir nur bis zu den Knien geht, liegt dort nicht, womit ich mich einfach zufrieden gebe und es mir über meinen Kopf und den nassen Haare ziehe.

Es ist eine ungewöhnliche und seltene Situation, dass Harry Zuhause ist, weshalb ich nicht genau weiss, wie ich mich verhalten soll. Ich hebe mein Kleid vom Boden auf und spüre wie die Hitze in mir stieg, als er jede meiner Bewegungen verfolgt. Es herrscht ein angespannte Stimmung im Raum und ich weiss tatsächlich nicht wie ich damit umgehen soll.

„Kannst du mir mir doch die Pflaster geben?" ,ertönt seine Stimmt und füllt den leeren Raum und abrupt halte ich inne.

Mein Gesichtsausdruck wirr sanfter und ich nicke. „Klar - warte bitte kurz - sind sie sehr groß? Die Wunden?" ,frage ich und bemerke das ich leicht nervös bin. Ohne auf seine Antwort zu warten, gehe ich auf ihm zu und nehme seine Hand in meine, schaue auf das getrocknete Blut. Ich spüre wie er zu mir hoch schaut, doch versuche ihn nicht zu beachten, dass würde mich nur noch mehr durcheinander bringen.

Ich gehe ins Bad und feuchte einige Tücher an und nehme mir die Pflaster aus der Schublade, lief zurück zu ihm, knie mich vor ihn hin und lege seine schwere Hand in meine. Ich spüre seinen Blick, er macht mich zutiefst nervös und bringt meinen Atem ausser Kontrolle, doch ich lasse es ihm nicht anmerken.

Vorsichtig ziehe ich ihm seine Ringe aus und lege sie neben ihm auf das Bett, wische das Blut von seinen Fingern und klebe nacheinander die Pflaster auf die aufgerissene Haut. Als ich fertig bin, schaue ich hoch und bemerke erst dann, wie nah wir uns eigentlich sind. Ich strecke meine Beine, so das wir fast auf Augenhöhe sind, sein Augen brechen nicht den Augenkontakt zwischen uns und ich fühle seinen warmen Atem nah meiner Oberlippe.

„Deine Lippen." ,krächze ich aus mir heraus aus und fahre mit dem angefeuchteten Tuch über seine aufgeplatzte Lippen, was wahrscheinlich einwenig brennt, denn ich hörte wie er scharf die Luft einzieht. Sein hissen bringt mich dazu ihm in die Augen zu schauen und meine Finger nicht zu bewegen solange ich nicht das okay von ihm bekomme.

„Alles gut, du brauchst nicht aufhören." ,obwohl er es nett meint, kann er seinen kalten Unterton nicht unterdrücken und bricht den Augenkontakt zwischen uns. Ich mache das Blut an seine Lippen sauber, wische über seinen Wangenknochen, tupfe es leicht mit einer Wundsalbe an und tue einen kleinen Pflaster dadrauf.

Als ich fertig bin, erwische ich mich selbst dabei, wie ich mich zurück halten muss, um nicht auf seine Lippen zu starren. Er bekommt meinen Blick mit, was mir äußerst peinlich ist, also erhebe ich mich und sammle die Sachen wieder ein, nachdem ich ein leises „fertig." von mir gegeben habe.

Trotz des Pflastern, sieht man die markante Züge seines Gesichtes, es bringt seine Konturen sogar mehr zum Vorschein, was mich faszinierte, sodass es mir schwer fiel wegzuschauen.

„Danke." ,gibt er kühl von sich und steht auf. Er legt seine Jacke auf dem Bett und zieht nacheinander seine Ringe wieder an, bevor er sie wieder packt und sich auf dem Weg nach draußen macht.

Ea dauert tatsächlich eine Weile bis ich realisiere, dass er wieder ging und irgendwas in mir drängt mich dazu ihm hinterherzulaufen. Also lege ich so schnell wie möglich die Sachen von meiner Hand auf die Kommode und eile ihm hinterher.

Er ist schon unten angekommen, als ich noch an der obersten Treppe stehe und auf ihn herab schaue. „Harry?" ,rufe ich unsicher und seine Bewegung stoppen. Er dreht sich nicht um, doch ich weiss, dass er mir zuhört.

„Wirst du nicht bleiben?" ,ich bereue meine Frage sofort.

Er dreht sich nicht um, öffnet die Tür und geht aus dem Haus.

Forced Marriage || Harry Styles || *ON GOING*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt