7.

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Jetzt bist du aber erst Mal mal dran. Ich habe mir meinen Mund fusselig geredet und habe im Augenblick keine Gedanken mehr übrig, die ich in Worte fassen kann. Ich habe dir so viel erzählt, jetzt würde ich gerne eine kleine Pause machen und dir zuhören. Ich werde an deinen Lippen hängen, wenn du mir deine Geschichte und deine Gedanken endlich anvertraust, ich bin jetzt schon so fasziniert von dir. Du hast bisher nicht viel mit mir geredet, aber ich liebe den Klang deiner Stimme, ihre Melodie ist für mich zu meinem Lieblingslied geworden, welches ich immer und immer wieder hören möchte, es aber nicht kann. Das hängt nämlich ganz allein von dir ab. Deine Stimme ist etwas besonderes, ich könnte ihr ewig lauschen, wenn du es nur zulassen würdest...

Ich möchte dir in die Augen sehen, um zu wissen, wie tief sie sind. Aber ich weiß, dass deine Gedanken noch tiefgründiger sind. Schade, dass du bisher nicht oft den Versuch unternommen hast, diese mit mir zu teilen.

Aber jetzt bin ich dran, jetzt mache ich es mir mal gemütlich und trinke schweigend eine Tasse Tee, während ich dir zuhöre. Jetzt bist du dran. Und falls du jetzt befürchtest, dass du nie wieder aufhören wirst: Du bist die Person, die über Zeit und Raum entscheidet, du gibst die Bedingungen vor, unter denen wir uns begegnen und den Gedanken freien Lauf lassen, während ich diesen Monolog führe. Das heißt für dich, dass ganz alleine du bestimmen kannst und wirst, wie lange wir uns hier aufhalten und wie lange ich die Möglichkeit haben werde, deiner wundervollen Stimme zu lauschen und ihren Klang zu genießen, während zur Abwechslung einmal du deinen Gedanken freien Lauf lässt. Ich gebe dir nicht nur die Möglichkeit und den Raum dafür, sondern ich verlange es sogar von dir. Ich kann dich zwar nicht dazu zwingen, anzufangen, aber ich erwarte es von dir. Das ist das Einzige, was ich von dir erwarte und es ist auch das Einzige, was ich jemals von dir fordern würde. Noch vor kurzer Zeit hätte ich das niemals getan. Ich hätte mir nie die Freiheit genommen, etwas von jemandem zu fordern. Und dann bist du gekommen und hast mich aus meinem Gefängnis befreit, von dem ich dir nicht sagen könnte, was mich dort eingesperrt hat. Vermutlich war ich es selbst, ich kann mich aber nicht mehr daran erinnern, es ist schon zu lange her.

Es ist bemerkenswert, wie viel sich in der Zeit verändert hat, seit du mir deine helfenden Hände angeboten und mich aufgenommen hast. Du hast mir ein besseres Leben gegeben. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass du meine Existenz zu einem Leben gemacht hast. Ich kann plötzlich atmen, und ich spüre, wie die Luft durch mich hindurch strömt und wie das Leben pulsiert. Ich spüre wieder Wärme, wo vorher nur Kälte gewesen ist. Ich beginne, aufzutauchen und während ich schmelze, fange ich damit an, Dinge erneut wahrzunehmen. Ich beginne, dich wahr zu nehmen.


Und was ich da vor mir sehe, gefällt mir.

Aber jetzt, jetzt bist du dran. Erzähl mir von dir. Ich schweige so lange, wie du es brauchst.

Lieber Leser - eine Geschichte für (und über) dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt