Kapitel 6 - Anthony Parker

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Gesundes neues Jahr! 


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Als James die Tür des Hotelzimmers schloss, blieb Elara einen Augenblick reglos stehen und atmete tief aus. Die Stille war nach den Geräuschen der Stadt und dem ununterbrochenen Dröhnen des Flugzeugs eine Wohltat. Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Dunkelblauer Teppich, rote und pastellgrüne Sessel, ein runder Holztisch am Fenster, ein Eckschrank mit Fernseher schräg gegenüber des Bettes, eine Kommode aus demselben hellen Holz an der Wand. Schlicht aber gemütlich. Dafür war die Aussicht auf Berlin umso beeindruckender.

„Wir sollten uns ein wenig ausruhen", meinte James, während er die Koffer in eine Zimmerecke verfrachtete. Sie nickte, schälte sich aus dem leichten Sommerblazer und streifte ihre hohen Schuhe ab. Ausruhen klang verlockend gut. Der Flug hatte ihr zu viel Energie geraubt. Über ihre Angst zu sprechen, mochte geholfen haben, die Furcht zu mindern, doch sie war nicht verschwunden. Keine einzige Sekunde lang. Dieses erstickende Gefühl, als das Flugzeug abgehoben war ... furchtbar. Von der Landung ganz zu schweigen. Wie zittrig sie sich beim Aussteigen gefühlt hatte, wie froh sie über den festen Boden unter ihren Füßen gewesen war.

„Komm her." Auffordernd klopfte James neben sich auf die Matratze. Elara schüttelte die unangenehmen Erinnerungen an den Flug ab und kletterte zu ihrem Wächter ins Bett.

„Aber nur ein paar Minuten", sagte sie.

„Nur ein paar Minuten."

Seufzend kuschelte sie sich in seine Arme und schloss die Augen. Der Schlaf kam auf samtweichen Pfoten.

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Das Geräusch einer Dusche weckte Elara irgendwann. Benommen blinzelte sie ins Licht.

„James?"

Sie benötigte ein paar Sekunden, ehe ihr wieder einfiel, wo sie sich befand. Geblendet vom Sonnenlicht tastete sie nach ihrem Handy. Der Schreck durchfuhr sie wie ein Blitz. Vierzehn Uhr fünfzehn. Sie hatte fast zwei Stunden geschlafen. Rasch loggte sie sich ins WLAN des Hotels ein und erhielt prompt eine Nachricht von Helen, die schrieb, sie Will und Ethan seien in der Lobby.

In dem Moment trat James mit umgebundenen Handtuch aus dem Badezimmer.

„Du hättest mich wecken sollen", meinte sie mit einem Hauch von Vorwurf in der Stimme.

„Du hast den Schlaf gebraucht. Wage ja nicht, es abzustreiten."

„Das tue ich nicht, aber wir haben nicht die Zeit für Mittagsschläfchen und das weißt du. Hannah und die Artefakte sind zu wichtig." Ärger kroch in ihr hoch. Giftig und falsch.

„Und um etwas ausrichten zu können, müssen wir bei Kräften sein. Gerade jetzt, wo du dich nicht auf deine Magie verlassen kannst."

Seine Worte erinnerten sie schmerzhaft an die Leere in ihrer Brust. Sie wollte ihre Hand auf die Stelle legen, an der normalerweise ihre Magie pulsiert hatte, verharrte jedoch und ballte stattdessen die Hand vor ihrem Bauch zur Faust.

„Zieh dich an. Helen wartet in der Lobby auf uns", brachte sie hervor, ehe sie sich an ihm vorbeischob, ins Badezimmer lief und die Tür verschloss. Die Luft war feucht und warm, der Spiegel über dem Waschbecken beschlagen. Es roch nach Shampoo. Sie drehte den Wasserhahn auf eiskalt und hielt erst ihre Handgelenke unter den Hahn, bevor sie sich das Gesicht wusch. Sie wusste, dass James es gut meinte. Dass er sich um sie sorgte. Und dass er recht hatte. Sie war müde gewesen. Regelrecht ausgelaugt von der langen Reise von Kanada nach Deutschland. Die knappen zwei Stunden Schlaf hatten kaum ausgereicht, um ihre Akkus wieder aufzuladen. Sie war gereizt, aber das durfte sie unter keinen Umständen an ihm auslassen. Er und sie waren ein Team. Das beste Team. Sie trocknete sich ab, atmete mehrmals tief ein, dann kehrte sie dem Bad den Rücken.

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