Innerhalb von Sekunden hatten ihre Sachen sich mit Wasser vollgesogen, der Schock durch die Kälte lähmte ihre Glieder, während sie wie ein Stein in Richtung Grund sank. Ihr erster Gedanke galt ihrer Magie, ehe ihr wieder einfiel, dass sie keine mehr besaß. Dann begannen ihre Lungen zu brennen. Sauerstoff. Luft. Sie brauchte Luft! Irgendwie schaffte sie es, ihre Arme und Beine zu bewegen, obwohl sie sich bleischwer anfühlten, die Kälte wie Nadeln in ihre Haut stach und ihre Augen von dem salzigen Meerwasser wehtaten. Sie musste schwimmen. Nach oben. Zum Licht. Wenn ihre verdammte Jacke sie doch bloß nicht daran hindern würde. Panik flutete ihren Kreislauf, ihre Lungen schrien nach Luft, Druck baute sich hinter ihren Schläfen auf, grellweiße Lichter flackerten vor ihren Augen. Trotzdem schwamm sie, kämpfte sich mit dem puren Willen, nicht sterben zu wollen, Richtung Oberfläche. Nicht nach einem solchen Streit mit James. Nicht so kurz vor dem Ziel, das Gegenmittel für Hannah zu finden. Dann durchbrach ihr Kopf das Wasser. Sie rang nach Luft, atmete Wasser ein, verschluckte sich und musste husten. Sich oben zu halten, kostete sie unendlich viel Kraft, denn ihre nasse Kleidung schien sie erneut unter Wasser ziehen zu wollen. Wo war das Boot? Wie weit war sie abgetrieben worden? Ihr verschwommener Blick zuckte über die Wellen. Suchend, von Panik getrieben. Da! Sie konnte es sehen. Und es kam auf sie zu. Eine weitere Welle drückte sie für schrecklich lange Sekunden erneut unter Wasser.
Als sie wieder auftauchte, war das Boot kaum einen Meter von ihr entfernt. James beugte sich über die Reling, packte erst ihren rechten, dann ihren linken Arm.
„Ich hab dich", stieß er hervor und zog sie unter großer Kraftanstrengung aus dem Wasser. Das Boot schaukelte heftig.
Keuchend und immer wieder hustend, sackte sie in seinen Armen zusammen. Ihr Herz raste. Er setzte sie behutsam auf die Bank und zerrte eine Decke darunter hervor, in die er sie einwickelte. Sie wollte nach dem Saum greifen, doch ihre Finger waren völlig gefühllos. Von ihren Fußzehen ganz zu schweigen. Der stechend kalte Wind raubte ihr jede noch verbliebene Wärme. Klappernd schlugen ihre Zähne aufeinander, ihre Muskeln zitterten.
James zog sie stumm an sich, rieb mit kräftigen Bewegungen immer wieder über ihre Schultern und Arme.
„James?", hörte sie Mara irgendwann fragen. Sie klang hilflos. Ihr Wächter seufzte, erhob sich aber und nahm ihren Platz am Steuer ein. Mara hingegen kauerte sich neben sie. Elara wusste, dass sie aus den klatschnassen Sachen raus musste, wenn sie sich keine Grippe oder Schlimmeres holen wollte, doch hier mitten auf dem Meer bloß eingehüllt in eine Decke zu sitzen, war auch nicht besser.
Also konzentrierte sie sich darauf, ihre Hände unter der Decke zu bewegen, ihre Zehen in den Schuhen zu krümmen, um wenigstens dort wieder etwas zu spüren.
Dann dröhnte der Motor auf und James lenkte auf eine kleine Insel zu. Schroffe Felsen bildeten eine gefährliche Barriere, doch ihr Wächter fand trotz der Wellen eine schmale Bucht, in der sie ankern konnten. Stotternd erstarb das Geräusch des Bootes und sie blieben für einige Minuten einfach sitzen. Elara, weil sie nicht wusste, ob ihre Beine sie tragen würden. Mara, weil sie vermutlich auf Anweisungen wartete. Schließlich rappelte sie sich als erste hoch und ließ sich von James beim Aussteigen aus dem schaukelnden Boot helfen.
Dann kam er zu ihr, sah aus, als wolle er etwas sagen, doch sie kam ihm zuvor.
„Ich werde mitkommen."
Also nickte er bloß, stützte sie und half ihr auf die Insel.
„Und wohin jetzt?", wollte Mara wissen, während der scharfe Wind an ihren Haaren zerrte.
„Felsformation", meinte James, während Elara nicht aufhören konnte zu zittern. Sie wusste nicht, wann ihr in ihrem ganzen Leben einmal so kalt gewesen war.
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Academy for Elementarys - Ring der Liebe
Fantasy- Zusatzgeschichte zu Elara und James 2 - Elara hat James in ihr Herz gelassen, doch nun sieht sie sich einer ganz anderen, sehr viel schwierigeren Herausforderung gegenüber gestellt. Raven Dragoni, abtrünniger Elementary, unwahrscheinlich mächtig u...