Skeptisch runzelte ich die Stirn, als ich das kleine Haus, vor dem ich stand, betrachtete. Nun, ehrlich gesagt konnte man das Bauwerk vor mir nicht als kleines Haus betiteln. Es erinnerte mich an ein kleines Schloss mit dem rechteckigen Grundbau, der an allen Ecken und Enden erweitert wurde, und den vielen Türmen und Schornsteinen. Meine ältere Schwester Eleanor, die mich zu Lilys Haus gefahren hatte, schien genauso verwirrt von dem Anblick zu sein.
,,Und du bist dir sicher, dass das die richtige Adresse ist?" Ich nickte und versuchte, mir meine Zweifel nicht anmerken zu lassen. Eleanor legte den Kopf schief, den Blick fest auf das Haus gerichtet.
,,Wie hält das Ding?", sagte sie. ,,Ich weiß gar nicht, ob ich das als Haus betiteln will, denn es sieht aus, als würde es jeden Moment zusammenbrechen."
,,Magie", witzelte ich und kicherte.
Eleanor gab mir einen Klaps auf den Hinterkopf.
,,Na komm schon, steig aus. Ich warte hier, bis ich mir sicher bin, dass das auch wirklich der Ort ist, an dem Lily wohnt."
,,Sie wohnt nicht immer hier", korrigierte ich. ,,Nur in den Ferien. Das ist wohl das Haus ihrer Großeltern."
,,Und Hugo auch?", hakte Eleanor nach. Ich nickte erneut. ,,Jep. Sein Vater ist der Bruder von Lilys Mum."
,,Also sind sie Cousins", fasste Eleanor zusammen.Wir stiegen aus und sie half mir, meine große Reisetasche aus dem Kofferraum zu heben. ,,Also, wir sehen uns dann am Samstag", verabschiedete ich mich und meine Schwester nickte. ,,Das sind drei Tage. Wie viel Zeug hast du bitte mitgenommen, damit deine Tasche so schwer ist?" Ich verdrehte die Augen und machte mich auf den Weg zur Haustür.
Vorsichtig wich ich einem Huhn aus und lief an dem etwas baufälligem, jedoch sehr geräumig aussehenden Schuppen vorbei. Das Haus war umgeben von einem verwilderten, gemütlichen Garten mit einem kleinen See. Es lagen etliche Gummistiefel und Gartengeräte unordentlich herum. Ich war froh, meine Schwimmsachen mitgenommen zu haben, da Lily erwähnt hatte, dass sie bei gutem Wetter manchmal schwimmen gehen würden. Hugo, sie und Albus, ihr älterer Bruder, hatten letzten Sommer sogar ein Floß mit der Hilfe ihres Großvaters gebaut, das sie mir zeigen wollte.
Lily und ich waren seit der ersten Klasse befreundet, doch dies war das erste Mal, dass ich bei ihr zuhause sein würde. Ich hatte ihren Vater ein paar Mal getroffen, einen schwarzhaariger Mann mit Brille, aber ihre Mutter oder ihre Brüder hatte ich noch nie gesehen. Lily hatte mir irgendwann mal erzählt, dass ihre Mutter eine Sportlerin war und oft beim Training war. James und Albus waren auf einem Internat irgendwo in Schottland, das auch Lily nach diesem Sommer besuchen würde. Ich hingegen würde in der nächsten Großstadt zur Schule gehen. Ich hoffte wirklich, dass wir trotzdem befreundet bleiben, obwohl wir uns dann nur noch in den Ferien sehen würden.An der Haustür angekommen endeckte ich keine Klingel, weshalb ich zögerlich klopfte. Gerade als ich ein weiteres Mal klopfen wollte, wurde die Tür aufgerissen und ein hoch gewachsener, schlanker Mann stand vor mir, der verwirrt auf mich runtersah. Seine roten Haare waren in einem lockeren Dutt in seinem Nacken zusammengebunden worden und an einem Ohr trug er einen Ohrring an dem ein Zahn hing. Ich persönlich fand diesen Fake-Zahn etwas lächerlich, aber abgesehen davon war sein gesamtes Auftreten ziemlich cool. Ich war mir ziemlich sicher, dass meine Mutter einen Nervenzusammenbruch hätte, würde sich mein älterer Bruder Nathan so kleiden. Vielleicht sollte ich es ihm mal vorschlagen, sich die Haare wachsen zu lassen, schoss es mir durch den Kopf.
Doch eine weitere Sache unterstrich das Aussehen des Fremden vor mir; die vielen Narben, die sich über die blasse Haut quer über sein Gesicht zogen. Während ich mich fragte, was wohl passiert war, ob es vielleicht ein Autounfall war oder ein Angriff eines Tieres - Hatte ich nicht letztens etwas über die Ernsthaftigkeit von Hundebissen gelesen? - sprach der Unbekannte.,,Oh, entschuldige. Verkaufst du auch Kekse? Wenn ja, muss ich dich enttäuschen, gestern erst hat meine Mutter einen ganzen Haufen gebacken. Oder hast du dich verlaufen? Besuchst du irgendjemanden?" Seine Stimme war ein angenehmer, freundlicher Bariton und auch er schien nett zu sein, weshalb ich meine Schüchternheit verdrängen und den Kopf schütteln konnte.
,,Wohnt hier Lily Potter? Ich besuche sie für ein paar Tage." Der Mann grinste.
,,Du bist also Annabelle? Schön dich kennen zu lernen, ich bin Bill, Lilys Onkel. Komm ruhig rein, ich hole sie schnell." Noch während er redete, drehte er sich um und lief ins Haus. Unsicher blieb ich an der Tür stehen.
,,Lily! Deine Freundin ist da!", rief er laut und im Haus schien Chaos auszubrechen. Ich hörte Schritte, die anscheinend eine Treppe hinunterliefen und Gemurmel. Kurz darauf tauchte Lily auf, schlüpfte an Bill vorbei und fiel mir um den Hals.
,,Ann! Wie schön, dass du da bist. Komm rein! Hugo ist noch bei meinem Onkel im Laden, aber er sollte bald kommen." Ihre Augen leuchteten, als sie mir trotz Protest meinerseits meine Tasche abnahm. Ich drehte mich in die Richtung, wo meine Eleanor immer noch stand und winkte ihr. Zufrieden, dass alles gut war, fuhr sie weg.
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Magical Contest - Meine Geschichten
FanfictionMeine Abgaben zum Magical Contest 2019 und 2020. Kleine Oneshots und Drabbles, die sich alle um Harry Potter drehen, vom ersten Besuch in der Winkelgasse über Beziehungen zwischen Muggel und Zauberer bis zu Strafarbeiten ohne Magie.