1. Mehr als ein Job

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~Ich bin wie der Wind
Für meine Vergangenheit nicht mehr zu greifen~

Total konzentriert blickte ich zu meinem Gegner, dabei bedacht, ihn keine Sekunde aus den Augen zu lassen. Auch er ließ seinen Blick nicht von mir und wartete darauf, dass ich den nächsten Schritt mache. Doch ich wusste, dass er meine nächste Bewegung hervor sagen würde, dafür kannte er mich lange genug. Also wartete ich ab, selbst wenn es Minuten dauern würde.

Plötzlich blitzte da etwas in seinen Augen auf und bevor ich mich versah, hob er seinen rechten Arm. In dem Bruchteil einer Sekunde feuerte seine Faust direkt auf mich zu, aber zum Glück verlor ich nicht die Fassung und konnte schnell genug reagieren. Ich wich der Faust aus, indem ich mich gerade so duckte und nutzte die Chance, da er ungeschützt war, aus. Also hob ich selber die linke Faust und ließ sie ohne Gnade ihn seine Magengrube feuern.

Mein Gegner erstarrte in seiner Bewegungen, allerdings schien mein Angriff keine weitere Wirkung zu zeigen. Ich zog die Augenbrauen zusammen, als ich aufsah und in sein Gesicht blickte. Der Tattoowierte sah mit einem amüsierten Lächeln auf mich herab. Noch immer weilte meine Faust, an seinem Bauch, weshalb er die Gelegenheit nutzte und danach giff. Er zog meinen Arm zur Seite, so, dass ich nach vorn kippte und das Gleichgewicht verlor.

Ich fiel auf die harte Matte des Sparring-Ringes und bevor ich mich versah, stand er auch schon über mir und drückte meinen Körper in das Leder. Er missachtete somit komplett die Regeln beim Sparring. "Mannn Max, was soll das?! Wir sind hier nicht beim Wrestling", meckerte ich und versuchte mich aus seinem festen Griff zu befreien. Unglaublich, dass er mit seinen 45 Jahren noch immer so fit war, wie mit seinen frischen 30. Weder innerlich, noch äußerlich war der Rapper gealtert.

Er war noch immer das reinste Energiebündel. "Das sagt die Richtige, du kleine Kickboxerin", erwiderte Max lachend und hob eine Augenbraue. Ich spürte, wie sich der Druck auf meinem Rücken langsam löste und Max von mir abließ. "Hey, Kickboxen ist immer noch näher am Boxen, als Wrestling, okey", meinte ich ebenfalls lachend und ergriff dankend seine Hand, die er mir entgegen hielt. Mit einem Ruck zog mich Max auf meine Beine zurück.

Ich drückte meinen Rücken durch und spürte daraufhin, wie er kurz knackte. "Oh das klingt aber gar nicht gut", stellte Max fest. Ich konnte genau erkennen, dass er sich gerade ein Lachen verkneifen musste. Die Tatsache, dass er mit seinen 45 Jahren um einiges fitter als ich war, schockte mich noch immer zutiefst. Aber zum Glück holte mich das Klingeln meines Handys, aus dieser peinlichen Situation raus. Ich wendete den Blick von Max ab, drehte mich um und sprang über die Begrenzung des Ringes.

Um den Anruf nicht zu verpassen, lief ich mit schnellen Schritten auf mein Handy zu, welches neben meiner Trainingstasche lag. "Ja, hallo", pustete ich in den Hörer, nachdem ich den Anruf entgegen genommen hatte. Ich setzte mich auf die Bank und griff nach dem grauen Handtuch in meiner Tasche. "Hey Cat, wie geht es dir", hörte ich eine fröhliche Stimme, auf der anderen Seite der Leitung. Der Anrufer stellte sich als Sahra, meine Ziehmutter, heraus. "Gut, ich bin gerade beim Sport. Was gibt's", fragte ich sie und wischte mir mit dem Handtuch den Schweiß von der Stirn.

Ich blickte zu Max. Auch er verließ nun den Boxring und kam neugierig zu mir geschlendert. "Hast du heute Nachmittag Zeit? Ich habe eben den Dachboden entrümpeln und dabei eine Kiste mit einigen Sachen von dir entdeckt. Ich wollte sie nicht einfach wegschmeißen...vielleicht brauchst du noch etwas von deinen alten Sachen", erklärte Sahra auf der andern Seite der Leitung. Lächelnd nahm Max die Flaschen, die ich ihm entgegen hielt, an sich und öffnete sie. Genüsslich trank er einen großen Schluck.

"Ja, ich denke nach dem Training kann ich vorbeischauen", antwortete ich meiner Ziehmutter und legte das Handtuch wieder zur Seite. Ein erfreutes Ausatmen war aus dem Hörer zu vernehmen: "großartig! Dann bis gleich." Ich lachte. "Ja bis gleich", antwortete ich, bis ich auflegte. Ich legte mein Handy beiseite und blickte zu Max auf, der mich abwartend ansah. "Na los, lass uns weiter trainieren", meinte ich nur und erhob mich von der Bank, damit wir unser zweistündiges Training fortsetzen konnten...

...Ich schaltete den Motor meines Wagens aus. Vor einer Stunde hatten wie unser Training beendet und nun stand ich vor dem Haus, in dem ich über die Hälfte meiner Jugend verbracht hatte. Mein Mercedes stand vor der Garage neben dem Audi von Leon. Es war noch immer der gleiche Audi, wie von vor fünfzehn Jahren. Genau der gleich A8, in dem ich von Leipzig, in mein neues Leben fuhr. Von einem Waisenkind, zur Security-Chefin in einem Luxushotel. Niemals hätte ich mir erträumen können, dass es so weit kommt.

Ich stieg aus meinem Auto und lief zur Haustür meins alten Familienhauses. Es war Winteranfang, die Tage wurden kürzer und die Nächte länger. Der Vollmond erhellte die Wände des Hauses, im inneren brannte Licht. Ich trat an an die Tür und betätigte die Klingel. Keine paar Sekunden später wurde mir diese auch schon geöffnet und eine gut gelaunte Sahra kam zum Vorschein: "Cat, schön dich mal wieder zu sehen. Komm rein!"

Dankend trat ich ein, nachdem sie zur Seite ging und mich mit einer Handbewegung hinein bat. "Setz dich doch", meinte sie und wies auf die Sitzplätze an der Kochinsel, "willst du was trinken?" Sahra öffnete einer der Schränke und holte bereits, ohne auf meine Antwort zu warten, ein Glas für mich hervor. "Warte...ich sollte doch nur nach meinem alten Sachen schauen", erinnerte ich Sahra, als sie auch schon Leitungswasser in das Glas füllte. Die 45 Jährige stoppte in ihrer Bewegung und drehte sich zu mir um.

"Ach komm schon Catharina! Du kommst uns kaum noch besuchen, bist nur noch mit der Arbeit beschäftigt! Der letzte Besuch ist Wochen her", sagte sie etwas enttäuscht und verschränkte die Arme vor der Brust, "bleib doch etwas länger da, bitte...lass uns ein wenig reden." Ich stieß laut die Luft aus. Sahra hatte recht. Ich wusste gar nicht, warum ich es so eilig hatte, immerhin war heute mein freier Tag. Also warum dieser Stress? "Tut mir leid, du hast recht", meinte ich und ließ mich auf einen der Barhocker nieder. Dankend nahm ich das Glas an, welches sie mir entgegenschob und trank einen Schluck daraus.

"Also erzähl doch mal; wie geht es dir und Chris...wie läuft die Arbeit", sprach Sahra sofort darauf los. Dabei legte sie ihre Hände auf die meine und sah mich mit einem abwartend und neugierigen Grinsen an. "Mir geht es gut...Chris kommt morgen von einem Auslandseinsatz zurück", erzählen ich und spielte mit meinem Ehering. Seit fünf Monaten ist Chris in Afghanistan. Ich und die Kinder konnten es kaum erwarten, unseren Soldaten wieder zu sehen. Er ist Leutnant und daher Gott sei dank nicht ganz so oft weg.

"Das ist schön! Ich hoffe wir bekommen ihn auch mal wieder zu Gesicht", sagte sie und legte den Kopf schief,  "Aber...du scheinst gerade viel um die Ohren zu haben oder?!" Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen und antwortete: "Ja...ich wurde zur Security-Chefin befördert und habe daher allerhand zu tun." Erst jetzt fiel mir auf, wie wenig Zeit ich noch mit meiner restlichen Familie verbrachte und umso mehr mit der Arbeit. Die Beförderung war immerhin schon einige Monate her, außer Max und Chris hatte ich keinem davon erzählt. Ich war so sehr in meinem Job vertieft, dass ich kaum noch mitbekam, was um mich herum passierte.

Aber es ist für mich nun mal mehr als ein Job...es ist ein Beweis für all die, die mich unterschätzt haben. "Du wurdest befördert", riss mich Sahra aus meine Gedanken und klatschte erfreut in die Hände, "das ist ja großartig! Du hast es echt geschafft...ich bin stolz auf dich!" Das sagte sie so ehrlich, dass es mich zu lächeln brachte. Jedoch verließ nur ein leises Ja meine Lippen. Sahra seufzte und meinte: "naja, ich geh mal den Karton holen, bevor wir den noch vergessen." Bevor ich etwas erwiedern konnte, verschwand Sahra auch schon nach oben, in die erste Etage...

~Doch mein Hunger steigt, niemand hält mich klein
Denn nur eine Handvoll Leuten kennt meine dreckige Zeit~

Song: Mehr als ein Job
Album: Gute Nacht

Hey meine Freunde, hiermit präsentiere ich euch das erste Kapitel von Team Loyal 3 - Tiefschwarz. Ich weiß es ist sehr kurz und Max ist wirklich sehr kurz zu lesen, aber ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen😅

LG Gin❤
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