"Hadi Zeynep man ich will nicht direkt am ersten Tag zu spät kommen" rief ich durch die Wohnung, mit der Hand schon bereit an der Türklinke. Heute würden unsere Vorlesungen anfangen und Zeynep lies mich mal wieder warten.
"Geldim" (Bin da) antwortete Zeynep gestresst und wir fuhren endlich los. Der Campus der Johannes Gutenberg Universität in Mainz war riesig, wahrscheinlich genau so groß wie der Ort in dem wir gewohnt hatten. Das führte dazu, dass ich nachdem ich mich von Zeynep verabschiedet hatte eine gefühlte Ewigkeit durch die Gegend irrte, bis ich schließlich das Gebäude fand, in dem meine erste Vorlesung stattfinden würde.
Meine Vorlesungen vergingen schneller als gedacht und ich hatte mir jetzt schon so viele Notizen gemacht, da ich noch nicht einschätzen konnte was relevant sein würde. Mittags ging ich mit Zeynep in die Kantine der Uni und wir erzählten uns von unseren Vorlesungen. So verlief die erste Woche unseres Studiums und bis jetzt konnte ich mich nicht beschweren, die Vorlesungen waren interessant und ich war zufrieden mit meiner Studienwahl.
"Hosgeldiniz" (Herzlich wilkommen) begrüßte ich Cemil, Serkan, Murat und Arzu als ich die Wohnungstür geöffnet hatte. Wir begrüßten uns und ich bat sie ins Wohnzimmer. Cemil trat als letzter ein und als ich den anderen ins Wohnzimmer folgen wollte hier er mich fest und zog mich zu sich.
"So sagst du also deinem Freund Hallo?" fragte er amüsiert, da ich ihn neben den anderen nur kurz umarmt hatte.
"Soll ich dir lieber vor den anderen die Zunge in den Hals stecken oder was" lachte ich und er grinste bei dem Gedanken daran.
"Nicht unbedingt vor den anderen Güzelim, aber jetzt ist gerade keiner da" Er sah mich auffordernd an und ich wusste genau was er wollte, doch ich lies ihn lachend zurück und ging ins Wohnzimmer, wo die anderen bereits mit Zeynep saßen. Eine Minute später kam Cemil nach und hob den Finger in meine Richtung, was so viel heißen sollte wie 'Warte ab', doch ich streckte ihm nur frech meine Zunge raus.
"Also Leute was sollen wir gucken?" fragte Zeynep und scrollte auf dem Fernseher durch Netflix.
Wir entschieden uns für eine türkische Komödie und verbrachten den Abend bei uns Zuhause.
Nach dem Film gingen alle und Zeynep und ich gingen schlafen. Da Gökhan sie morgen besuchen kommen wollte ging sie früh schlafen und ich war sowieso müde von der Woche. Ich musste mich erstmal wieder daran gewöhnen so früh aufzustehen.
Ich wurde von lautem Krach wach und sah verschlafen auf die den Wecker auf meiner Kommode. 3:56 Uhr Nachts. Gerade als ich mich entschied das Gerräusch einfach zu ignorieren und weiter zu schlafen, hörte ich es schon wieder. Ich rappelte mich auf und ging innerlich fluchend über meinen verlorenene Schlaf in den Flur um Nachzusehen, doch ich sah nichts. Leise öffnete ich Zeyneps Zimmertür und fand sie tief und fest schlafend auf, unfair. Ich schüttelte den Kopf und ging zurück in die Richtung meines Schlafzimmers, als ich es schon wieder hörte und endlich zuordnen konnte. Jemand war an unserer Wohnungstür, doch die Person klopfte nicht, sondern hämmerte dagegen. Ängstlich schlich ich mich an die Tür um durch das Guckloch nachzusehen, doch das einzige was ich erkennen konnte waren dunkle Haare. Es muss ein Mann sein. Was ist wenn es ein Einbrecher war? Sofort sah ich mich um und suchte nach etwas womit ich mich verteidigen könnte, doch fand nichts und dann stoppte ich. Ein Einbrecher würde doch nicht anklopfen, oder? Ich sah nocheinmal durch das Guckloch und die Person hob in dem Moment den Kopf, so dass ich sein Gesicht sehen konnte und was ich sah schockierte mich. Es war Aziz.
Ohne nachzudenken öffnete ich die Tür und sofort traf mich der Gestank von Alkohol, doch ich versuchte mich zusammen zu reißen, denn meine Neugier gewann. Aziz lehnte mit einem Arm an der Türlehne, als würde er sonst zu Boden kippen und hob langsam den Kopf, bis er mir in die Augen sah.
"Aziz was zum Teufel machst du hier?" flüsterte ich, da es schließlich mitten in der Nacht war.
"Seren" er stoppte "Du bist so Hübsch"
Ich sah ihn verwirrt an, war er jetzt wirklich her gekommen um mir zu sagen, dass er mich hübsch findet?
"Ich habe gefragt was du hier machst?" wiederholte ich, doch anstatt zu antworten sah er mir lange ins Gesicht. Langsam wurde ich ungeduldig.
"Aziz es ist mitten in der Nacht, ich bin müde und ich habe dich was gefragt" forderte ich ihn auf und er lies wieder den Kopf hängen.
"Es tut mir so Leid" sagte er schließlich leise.
"Was tut dir Leid?"
"Du" er stoppte wieder "Du bist meins ich wollte das nicht ich will dich wieder man"
Ich sah ich geschockt an. Ich hatte mittlerweile mit der Sache mit Aziz komplett abgeschlossen, weil ich es nunmal musste um mein Leben weiter zu leben und jetzt zu sehen, dass er es nicht getan hatte überforderte mich.
"Ich bin mit Cemil zusammen" sagte ich schließlich mit fester Stimme. In diesem Moment verspürte ich kurz das Gefühl von Rache. Ich wollte dem Jungen, der mich damals verarscht und verletzt hatte zeigen, dass er es dennoch nicht geschafft hatte mich zu brechen. Ich wollte, dass er sah, dass ich immer noch glücklich sein konnte, immer noch lieben konnte. Und zwar einen Anderen.
"Wegen mir" schrie er plötzlich und sah mich verzweifelt an "Du warst meins! Du bist nur mit ihm weil ich Scheiße gebaut habe aber man Seren es tut mir so Leid vallah"
Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Sollte ich ihn beten leiser zu sein und nicht zu schreien? Sollte ich ihm glauben? Doch selbst wenn ich ihm glaubte, dass es ihm leid tat es würde nichts ändern.
"Das ändert nichts Aziz und jetzt bitte geh" sagte ich ruhig. Plötzlich war es als wäre er durch das was ich gesagt hatte nüchterner geworden, denn er stützte sich nicht mehr im Türrahmen und sah mich ebenfalls ruhig an.
"Ich weiß, dass ich dir nicht egal bin" sagte er "Vielleicht liebst du mich nicht mehr wie vor einem Jahr, doch ich weiß du könntest es wieder und nur darum bitte ich dich Seren, eine Chance"
Ich konnte echt nicht fassen, dass Aziz nach Allem was er getan hatte wieder vor mir stand und mich um eine Chance bat. Ich sah zu Boden und schüttelte gerade meinen Kopf, als plötzlich alles so schnell geschah, dass ich nichts realisierte. Aziz zog meinen Kopf hoch und küsste mich so schnell, dass ich einfach nur mit aufgerissenen Augen dort stand. Als ich jedoch realisierte was hier gerade geschah schubste ich ihn weg von mir.
"Was soll der Scheiß?" schrie ich ihn an. Jetzt war es mir egal, wenn die Nachbarn es hören würden. Ich wischte über meine Lippen, als könnte ich den Kuss damit ungeschehen machen.
"Du spürst es doch auch Seren wieso wehrst du dich gegen die Gefühle?" fragte er ohne auf meine Frage einzugehen.
"Verpiss dich Aziz und halte dich ab jetzt fern von mir hast du verstanden?" schrie ich und sah ihn ein letztes Mal wutentbrannt an, bevor ich ihm die Tür vor der Nase zu schlug. Ich lehnte mich gegen die geschlossene Tür und fuhr mit den Fingern über meine Lippen. Was hatte er nur getan? Wie kann er nach all der Zeit einfach hier auftauchen und mich küssen? Wie konnte er mich küssen und mich um eine zweite Chance beten, wenn er doch wusste dass ich mit Cemil zusammen war? Scheiße Cemil. Wie sollte ich ihm das sagen?
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- 1303 Wörter
> C.
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Wunden / Yaralar
Любовные романыDie 17 jährige Seren versucht nach dem Tod ihrer Eltern wieder ins Leben zurück zu finden, doch plötzlich lernt sie jemanden kennen und öffnet das allererste Mal ihr Herz für einen Jungen. Wird diese Liebe gut gehen? Oder wird sie nur noch mehr Schm...