21 - Wunden / Yaralar

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21.

Bestimmt zum zehnten Mal diese Nacht sah ich auf die Uhr. 5:00 Uhr morgens. Es hatte keinen Sinn, weiter zu versuchen einzuschlafen Ich war die ganze Nacht wach und hatte die Decke angestarrt, also würde ich ab jetzt auch nicht von Zauberhand einschlafen, vor allem weil ich kein bisschen müde war. Es war als würden meine Gedanken, mich so überfordern, dass ich wach blieb.

Also stand ich auf und ging erstmal duschen, dann würde wenigstens die Zeit vergehen. Danach zog ich mir einfach einen Jogginganzug von Nike an. Ich war heute nicht in der Stimmung nach einer Jeans oder Ähnlichem. Ich war schon immer so, dass wenn es mir nicht gut ging oder ich schlechte Laune hat ich mich dementsprechend locker kleidete. Ich föhnte meine Haare um sie danach zu einem lockeren Dutt zusammen zu binden.

Unten bereitete ich das Frühstück für meinen Bruder vor, der aber eh frühestens in einer Stunde aufwachen würde, also schrieb ich ihm einen Zettel, dass ich früher los ging um den Kopf bisschen frei zu bekommen. Ich schnappte mir meine Schultasche und verlies das Haus. Vor der Haustür blieb ich stehen und atmete ein paar Mal tief durch. Ich wusste, dieser Tag heute würde für mich emotional gesehen sehr anstrengend werden und so wollte ich einen Moment die Ruhe vor dem Sturm genießen. Da ich immer noch zu viel Zeit bis zur ersten Stunde hatte, entschied ich mich bei Zeynep mit einer kleinen Geste zu bedanken. Ich war immer so, dass wenn jemand etwas für mich tat egal wie klein es war oder für mich da war wenn ich ihn gebraucht habe, ich der Person meine Dankbarkeit zeigen möchte. Also ging ich zum Bäcker, da dieser schon auf hatte und holte Brötchen und noch kleine Leckereien für Zeynep und ihre Familie. Im Blumenladen holte ich zwei Blumensträuße und machte mich auf den Weg zu Zeynep.

Bei ihr angekommen legte ich die Dinge aus der Bäckerei und einen Blumenstrauß vor ihre Wohnungstür und ging wieder. Mit dem anderen Blumenstrauß in der Hand lief ich in Richtung Friedhof, auf dem Weg schrieb ich Zeynep noch eine Nachricht.

Seren : Günaydin Canim (Guten Morgen). Danke nochmal für Gestern und guck vor eure Haustür, sobald du wach bist <3

"Günaydin Anne ve Baba" (Guten Morgen Mama und Papa) begrüßte ich die Gräber meiner Eltern und legte die Blumen auf die nasse Erde zu meinen Füßen. Doch mehr sagte ich nicht, ich war heute nicht in der Stimmung zu reden oder zu erzählen, also setzte ich mich auf die Bank vor ihrem Grab und dachte einfach nur nach. Eher gesagt ich versuchte nicht nachzudenken und meinen Kopf auszuschalten, aber man weiß ja wie gut so etwas funktionierte. Ich hatte in der Nacht so viel geweint, dass ich mich wie einen zusammengedrückten Schwamm fühlte, trocken und leer. Es waren einfach keine Tränen mehr übrig zum verschütten. Ich wünschte meine Gedanken würden genau so schnell ausgehen, wie meine Tränen. Doch leider wusste ich ganz genau, egal wie viel Zeit vergehen würde, selbst wenn ich es eines Tages schaffen würde über ihn hinweg zu kommen, dass diese Wunde in meinem Herzen eine große Narbe hinterlassen würde. Ich war so enttäuscht. Enttäuscht von Allem. Enttäuscht von Aziz, dass er zu so etwas fähig war. Enttäuscht von der Liebe, die mich auf hohen Wolken hat schweben lassen, nur um mich danach noch tiefer zu Boden fallen zu lassen. Aber am meisten war ich komischerweise von mir selbst enttäuscht, dass ich nichts gemerkt habe. Ich habe mich die ganze Nacht lang gefragt, gab es Anzeichen oder Hinweise, die ich einfach übersehen habe? Aber es fiel mir nichts an. Aziz war der perfekte Freund oder tat zumindest so. Er war immer für mich da, egal wann und egal wo. Er war süß zu mir, liebevoll und voller Respekt. Er nahm Rücksicht auf mich und meine Gefühle. Er hatte es geschafft, mich blind vor Liebe werden zu lassen. Er hatte gut gespielt, zu gut.

Wunden / YaralarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt