Ich hatte bereits das Frühstück vorbereitet und Erdem geweckt, der nun in einem schicken Anzug gekleidet die Treppen runter kam und immer noch gähnte.
"Günaydin" (Guten Morgen) lachte ich und setzte mich, nachdem ich uns beiden noch Kaffee eingegossen hatte. Wir liebten zwar beide Tee, aber ohne unseren Kaffee morgens wurden wir nicht wach.
"Günaydin" (Guten Morgen) antwortete mir einen Bruder und setzte sich ebenfalls, nachdem er mir einen Kuss auf den Scheitel gab.
"Wie war gestern dein erster Schultag?" fragte er anschließend und ich sah in seinem Blick, dass er Angst hatte, dass es nicht gut gelaufen war.
"Gut" log ich und musste automatisch an den Tag gestern denken. Ja, wahrscheinlich war es nicht gerade gut, dass ich direkt den ersten Tag, an dem ich wieder zur Schule ging geschwänzt hatte. Aber ich hatte das einfach gebraucht und es hat unglaublich gut getan wieder Zeit mit Freunden zu verbringen und zu lachen. Seit dem Tod meiner Eltern hatte ich das nicht mehr gehabt. Ich war nicht mehr richtig raus gegangen. Das Höchste was ich tat war mit Zeynep Zeit zu verbringen wenn sie zu mir rüber kam, und das tat sie wirklich fast jeden Tag einfach um zu gucken ob es mir gut ginge. Aber auch da gingen wir nicht raus, sondern waren nur bei mir Zuhause, weil mir einfach nicht nach Menschen war. Sie war da nur die Ausnahme gewesen.
Erdem nickte zufrieden "Das freut mich Canim" und widmete sich weiter seinem Frühstück.
Mein Bruder war schon immer einer dieser Menschen gewesen, für die das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages war und dementsprechend ausgiebig aß er auch immer. Ich war da eher die Person, die nur einen großen Kaffee brauchte und erst was essen konnte, wenn sie schon ein paar Stunden wach war und zu sich kam. Aber trotzdem bereitete ich jeden Morgen ein ausreichendes Frühstück vor und leistete Erdem Gesellschaft. Früher hatte das meine Mutter immer getan und uns alle anschließend geweckt. Wir hatten jeden Morgen gemeinsam gefrühstückt, das war ihr immer besonders wichtig. Bei dem Gedanken huschte mir ein trauriges Lächeln über die Lippen. Diese Tradition wollte ich fortführen, auch wenn wir seit Monaten nur noch zu zweit an diesem Tisch saßen. Ich wollte auch nicht, dass dieses Frühstück Erdem fehlte. Er hatte nach dem Tod unserer Eltern so gut wie alle wichtigen Aufgaben übernommen und ich wollte ihm nicht noch mehr zur Last fallen. Also war das mindeste was ich tun konnte, morgens das Frühstück vorbereiten und mich allgemein um den Haushalt zu kümmern. Ich hatte ihm auch schon des Öfteren gesagt, dass ich mir einen Job neben der Schule suchen möchte, damit ich auch etwas zu unserer Kassse beitragen kann. Aber er war strikt dagegen, weil er nicht wollte dass ich die Schule vernachlässigte und sein Einkommen uns doch reichen würde.
"Soll ich dich wirklich nicht zur Schule fahren?" fragte mein Bruder als er sich die Schuhe anzog.
Ich schüttelte lächelnd den Kopf "Ich hab die erste Stunde eh frei. Ich fahre mit dem Bus"
"Tamam Canim, bis heute Abend dann" rief er noch und war daraufhin auch schon weg.
Ich räumte den Tisch ab und zog mich dann für die Schule um, da ich heute wirklich vor hatte hinzugehen. Die Auswahl fiel auf eine schwarze etwas zerissene Hose und einen schwarzen Oversize Hoodie. Mein Style war nunmal so. Eng anliegende Klamotten mochte ich irgendwie nicht und trug diese dementsprechend selten, da ich mich einfach darin nicht so wohl fühlte wie in lockeren gemütlichen Klamotten. Meine Haare band ich noch zu einem hohen strengen Zopf zusammen und schnappte mir anschließend noch meine Tasche, bevor ich das Haus verlies.
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Wunden / Yaralar
RomanceDie 17 jährige Seren versucht nach dem Tod ihrer Eltern wieder ins Leben zurück zu finden, doch plötzlich lernt sie jemanden kennen und öffnet das allererste Mal ihr Herz für einen Jungen. Wird diese Liebe gut gehen? Oder wird sie nur noch mehr Schm...