2 - Wunden / Yaralar

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Ich wusch gerade den Abwasch ab, als mein Bruder mir einen Kuss auf den Scheitel gab und sich verabschiedete

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Ich wusch gerade den Abwasch ab, als mein Bruder mir einen Kuss auf den Scheitel gab und sich verabschiedete. Heute würde ich nach den Monaten, in denen ich mich nur Zuhause einschloss und mich im Selbstmitleid badete wieder in die Schule gehen. Die Schule hatte unsere Familiensituation verständisvoll aufgenommen und mich auf längere Zeit von der Schule beurlaubt. Eigentlich war ich bereit wieder in den normalen Alltag zurück zu kehren, dennoch wusste ich dass ich heute besonders stark sein musste. Das Mitleid meiner Mitschüler konnte ich echt nicht gebrauchen.

Als ich fertig war trank ich meinen Kaffee aus und betrachtete mich noch ein Mal in dem großen Spiegel im Flur. Ich sah aus wie immer. Lange schwarze Haare, dessen Locken nur schwer zu bändigen waren und die üblichen trüben braunen Augen, die mich planlos betrachteten. Eine normale Jeans und ein gemütlicher, viel zu großer grauer Pullover von meinem Bruder. Also das, was ich sonst auch immer in der Schule trug. Ich war nicht eines dieser Mädchen, die sich für die Schule besonders aufdonnerten. Schminken tat ich mich eh nie, ich fühle mich einfach wohler ohne.

Ein Blick auf die Wanduhr neben der Haustür, verriet mir dass ich nun langsam los musste.

Die Schule war nur 10 Minuten entfernt, deshalb lief ich immer Musik hörend und träumend die paar Straßen. Im Winter nahm ich meistens den Bus, weil mir die eigentlich kurze Strecke in der Kälte doppelt so lang vor kam, aber da es Ende August war lief ich lieber. Die Aufregung auf den ersten Schultag nach dem Tod meiner Eltern verflog im Laufe des Weges und nahm mir eine riesen Last.

Bei der Schule angekommen, sah ich bereits Zeynep auf mich warten. Sie tippte aufgeregt etwas in ihr Handy und packte es schnell weg als sie mich bemerkte. Zeynep war meine beste Freundin und schon immer wie eine Schwester für mich. Sie war mit auf der Beerdigung und war während dieser Zeit immer für mich da. Obwohl sie wusste dass es mir besser ging umarmte sie mich fürsorglich.

„Wie geht es dir Süße?" fragte sie obwohl sie die Antwort kannte.

Ich konnte nur mit den Achseln zucken und sie mit einem halbherzigen Lächeln ansehen.

„Komm die erste Stunde fängt gleich an" sagte ich und zog sie mit mir auf den Schulhof, in Richtung Schulgebäude. Wir gingen beide in die 12. Klasse eines Gymnasiums und hatten deshalb auch noch viel zu viel mit unserem bevorstehenden Abitur zu tun. In den ersten beiden Stunden hatten wir unsere Leistungskurse, jedoch leider nicht zusammen. Während ich Englisch und Geschichte als Leistungskurs gewählt hatte, entschied sich Zeynep mehr in Richtung Naturwissenschaften zu gehen und wählte Mathe und Biologie.

Sie brachte mich noch bis zu meinem Raum und sah mich dann vorsichtig an.

„Canim wenn irgendwas ist, dann schreib mir okay? Ich mach mein Handy auf laut" sagte sie.

Ich nickte dankend und begab mich dann in den Raum. Die meisten Lehrer hier waren ganz in Ordnung und erlaubten uns sogar das Handy während des Unterrichts raus zu holen, solange wir nicht die ganze Zeit damit beschäftigt waren.

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