chap 4

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[Kenma]

Es ist eine Woche her, seit die Probezeit begonnen hatte.

Kurz nach dem Übergriff auf die fremde Gruppe, war für einige Zeit Ruhe eingekehrt und ich hatte kaum kämpfen müssen.
Stattdessen hatte der Boss der Gang, der sich als Kuroo vorgestellt hatte, dafür gesorgt, dass ich Frühstück und Abendessen hatte, warme Duschen nahm, in einem gemütlichen Bett schlief und auch langsam anfing etwas mehr zu sprechen.

Wenn ich bei ihm war, merkte ich, war ich nicht mehr vollkommen leer. Ich spürte etwas und ich wusste nicht was.
Das machte mir ein wenig Angst.

Dennoch waren alle aus der Gang wirklich nett.
Die Bezahlung war wirklich sehr gut, dafür, dass ich kaum etwas machen musste, und ich bereute es nicht, das Angebot in Anspruch genommen zu haben.

Doch heute war wieder etwas passiert.
Der Anführer ihrer Konkurrenten, so hatte Kuroo erklärt, war bei dem Übergriff mit nur kleineren Verletzungen davon gekommen.

Diese "kleineren Verletzungen", waren wohl ein paar Finger weniger und eine kürzere Zunge.

Zuerst hatte er sich wieder benommen nach dieser Machtdemonstration, doch nun hatten sie die Ware der Gang geklaut und einen der weniger wichtigen Dealer umgebracht. (R.I.P.)

Kuroo war wirklich wütend gewesen und hatte den Bandenkrieg erklärt. Mir war das egal, ob wir nun Krieg hatten oder nicht.
Meine Aufgabe war es, der Truppe den Rücken frei zu halten, andere Sniper zu erledigen und bei kleineren Aufträgen wie in der vergangenen Woche, Ziele zu eliminieren.

Wirklich sehr von meiner bisherigen Arbeit unterschied sich da nichts. Noch immer tötete ich um zu überleben.

"Ko.", hörte ich die dunkle Stimme vom Boss durch den Stecker in meinem Ohr. "Bist du bereit?"

"Ja.", antwortete ich ruhig. Ich war auf meiner Position rund einen halben Kilometer vom Schauplatz entfernt.
"Fünf auf der Weststreet und drei verstecken sich bei der Brücke.", gab Akashi die Informationen durch. "Tanaka, Mad-Dog, kümmert ihr euch um die.", befahl Kuroo.

Die gegnerische Gang hatte sich auf die Lauer gelegt. Sie wussten, dass wir heute kommen würden. Sie wussten, dass der Boss sein Revier verteidigen würde.

Sobald ich den ersten Sniper im Visir hatte, schoss ich ihm sein Perspektiv weg. Ich sollt ihn nicht direkt umbringen, hatte Sugawara gesagt. So schoss ich ihm nur die Zielvorrichtung davon, damit er uns nicht mehr bedrängen konnte.

Bald schon begann der Schusswechsel. Kuroo erschoss mit jeder einzelnen Kugel einen seiner Gegner und auch die anderen waren nicht schlecht.

Ich sah dem Trupp zu, wie sie einen nach dem anderen abmurksten und ein Blutbad veranstalteten. Sie waren außerordentlich talentierte Nahkämpfer und scheuten sich ebenso wenig zu töten wie ich.

Meiner Aufgabe entspechend eliminierte ich nun einen weiteren Sniper und erschoss hier und da ein paar der Gegner, die sich hinterhältig auf eines der Mitglieder stürzen wollte.
Nach getaner Arbeit, zogen wir uns zurück. Treffpunkt war die Bar.

"Hier Ko." Kuroo überreichte mir meinen Lohn für diese Woche.
"Ich habe mich gefragt-", meinte er,
"-ob du mit mir auf ein Date gehen würdest."

Ein Date? Wie meinte er das? Wieso sollte jemand freiwillig mit mir Zeit verbringen wollen? Wieso sollte er das vorschlagen?
Ich war ein Niemand, ein Nichts. Ich brachte wahllos Menschen um und fühlte nichts dabei. "Wieso?", flüsterte ich also.

[Kuroo]

Ich hatte ihn nun endlich gefragt und seine Antwort war wieso? Wieso? Weil ich mich auf den ersten Blick in dich verliebt habe! Weil du wunderschön bist und intelligent.
Deine Analysen der letzten Woche waren der Hammer und ich kann einfach nicht anders als mich immer mehr in dich zu verlieben!

Ich beugte mich ein wenig vor und raunte ihm ins Ohr: "Wieso nicht?" Ich grinste selbstsicher und erhielt eine überraschende Antwort: "Okay."

Am Nachmittag führte ich ihn aus in einen Vergnügungspark.
Werder meines noch sein Gesicht waren öffentlich bekannt und so konnten wir diese Zeit einfach genießen.

"Ein Vergnügungspark?", fragte der Kleine.
"Ja, lass uns mal ein bisschen Spaß haben!", meinte ich und zog ihn mit mir.
Ich ließ ihn eine Achterbahn nach der anderen mit mir fahren und nun waren wir in einem Gruselhaus.

Naja, eigenlich sollte es gruselig sein, allerdings lief es eher so ab, dass jedes Gespenst und jeder Clown, der uns erschrecken wollte, ignoriert wurde.
Ko und ich wussten beide noch bevor wie die Personen sahen, dass sie da waren und so konnte man uns nicht erschrecken.
Stattdessen entschied ich mich ein Gespräch mit ihm zu beginnen.

"Wie alt bist du eigentlich Ko?", fragte ich ihn. Nachdem er nichts antwortete fügte ich hinzu: "Du musst mir nichts über dich erzählen. Aber es wäre schön, wenn du es tun würdest.

Ich zum Beispiel bin 19. Mein voller Name lautet übrigens Tetsuro Kuroo, aber im Untergrund kennt man mich als 'Black Panther', den Namen hat sich Bokuto ausgedacht."

Einige Meter schwiegen wir beide.
"Kenma Kozume. 17.", sagte er da ruhig und mein Herz hüpfte herum.
"Kommt dein Pseudonym dann aus deinem Namen? Ko- wie in Kozume?"
"Ja.", sagte er. "Du bist also 17... Ich muss sagen, du siehst jünger aus, aber ich hatte dich als älter erwartet."

"Was soll das heißen?", fragte er da und blockierte nebenbei den Angriff eines Zombies.
Ich lachte und winkte ab. "Nichts. Alles gut."

"Wie bist du in dieses Geschäft gerutscht?", fragte ich ihn dann. Ich wusste, dass es vielen auch aus meiner Gang so ging, dass sie nicht gerne über ihre Vergangenheit redeten, aber es interessierte mich wirklich sehr.

Und tatsächlich begann Kenma zu sprechen. Seine Stimme war so emotionslos wie immer als er erzählte: "Ich bin eine Waise. Ich habe getötet, töte, und werde töten um zu überleben. Anderen das Leben zu nehmen bringt viel Geld. Also tue ich es."

Andere wären wohl betroffen gewesen über dieses Schicksal, aber ich hatte schon schlimmere Geschichten gehört.
"Bei mir war es die Straße. Ich wurde misshandelt zu Hause und da bin ich weg gerannt. Man hat mir angeboten, meinen Körper zu verkaufen. Aber ich habe es zum Glück auch ohne dieses Geschäft geschafft an Einfluss zu gewinnen. Und hier bin ich nun."

Ich lächelte Ko leicht zu und sah, dass er mich aufmerksam ansah.

Meine Schritte verlangsamten sich und wir beide blieben schließlich im Halbdunkeln stehen. Ich berührte seine Wange mit meiner Hand und näherte mich seinem Gesicht. Seine Wimpern waren wirklich lang und seine Haut so weich...

Seine Augen leuchteten im Dunkeln wie die einer Katze und sein analysierender, leerer Blick lag auf mir.
Plötzlich lag eine Hand auf meinem Arm und ich musste von Kenma ablassen um den mich angreifenden Zombie loszuwerden. Locker verdrehte ich ihm den Arm und sagte: "Bitte versuch es bei jemand anderem. Ich war beschäftigt!"

Bald schon waren wir dann wieder an der frischen Luft und verließen das Geisterhaus.
Es war schon etwas dunkler geworden, aber wir gingen noch an ein paar Spielstände.
Bei einem Schießstand räumte Kenma in wenigen Sekunden alle Preise ab und am Ende des Tages, gingen wir aus dem Park mit einem riesigen Teddybär in meinen Händen.

"Ich brauche den nicht.", hatte Ko gesagt.

Er hatte keinen der Preise gewollt und er hatte eigentlich auch nur geschossen, weil ich ihm dafür einen Hunderter gegeben hatte. Ich seufzte leicht. Er war genauso zerstört wie alle anderen.
Er war total kaputt und so tat er die Dinge nur für Geld, für nichts anderes.

Dennoch genoss ich die Zeit, die ich mit ihm verbringen konnte.
Und da es ihm kaum etwas auszumachen schien, über seine Vergangenheit zu sprechen, hatte ich auch noch etwas über ihn erfahren.

Ich nahm seine Hand und spürte augenblicklich das scharfe Metall eines Messers an meiner Haut.
„Du kriegst noch nen 50er", meinte ich und sah ihn liebevoll an.

Langsam zog sich das Metall zurück und Hand in Hand gingen wir durch die Nacht.

Heart ShotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt