Teil 2: Der Anfang vom Ende

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- Akaashi Keiji -

Ihre langen, schwarzen Haare waren zu einem unordentlichen Dutt zusammen gebunden. Ihre Augen waren leicht geschwollen, doch wenn man die gelbliche Farbe sah, beachtete man das nichtmehr.
Sie sah aus wie gemalt.

"Hallo."
Meine Stimme bebte und mein ganzer Körper fing an zu zittern.
Sie lief schnell auf mich zu, drückte mich und wir beide brachen in Tränen aus.
Die Bindung zu ihr war schon immer etwas besonderes gewesen. Sie war, seitdem ich Koutarou kannte, beinahe wie eine zweite Mutter. Oft konnte ich ihr eher etwas anvertrauen als meiner eigenen Familie.

"Mein Junge. Er muss wieder nach Hause kommen."
Während die Tränen wie Wasserfälle meine Wangen hinunter liefen, strich ich ihr über den Rücken.
"Alles wird gut."
Diese Lüge tischte ich nicht nur ihr auf, ich versuchte auch mir jene einzureden.
Wie sollte denn nun alles gut werden?
Bokuto Koutarou war gestorben.
Damit ist seine Geschichte vorbei.

"Oben in seinem Zimmer kannst du ruhig die Sachen durchschauen. Da ist viel von dir und wahrscheinlich auch Andenken von euch."
Sie lächelte wieder.
Ihr Lächeln war traurig, ihre Mundwinkel konnte sie gerade so in dieser Position aufrecht erhalten.
"Wie?"
Ich zog scharf die Luft ein.
"Ich wusste nichts. Nicht das er starb, nicht wie, wann oder wo. Ich konnte ihn nichtmals beerdigen."
Mitfühlend nickte ich.
Bokutos Mutter war Herzkrank und konnte deshalb nicht weit weg von Zuhause.

"Er starb bei einem Autounfall. Ein betrunkener Fahrer fuhr in eine Kreuzung kurz vor dem Flughafen mit einem zu schnellen Tempo hinein, direkt in Koutarous Wagen.
Der Fahrer starb sofort am Unfallort. Koutarou hingegen zwei Stunden nach dem Unfall. Er starb letztenendes an starken inneren Blutungen."
Ich ratterte die Erzählung hinunter, beachtete dabei nichtmals mehr die Tränen.

Ich wusste genau, was sie ihn diesem Moment dachte.
Er starb nicht, ohne Schmerzen.
Er kämpfte bis zum Ende und verlor den Kampf.
Und genau das war es, was seinen Tod so unfair machte. Er hing am Leben.
Er wollte vieles ausprobieren und erreichen.
Doch das ging nichtmehr.

Hey Akaashi. Wir sind die Protagonisten der Welt.

"Was führt dich eigentlich zu uns?"
Koutarous Vater meldete sich zu Wort.
"Immerhin ist es ein ganz schönes Stück von Kyoto nach Tokyo."
Mein Lächeln, welches ich aufgesetzt hatte, verschwand.
"Auf seiner Beerdigung gab mir Kuroo Tetsurou einen Brief von ihm. Darin stand, dass ich umbedingt hier her kommen sollte."
Nickend wandte er sich ab.
"Geh ruhig hoch."
Auch wenn er nie Gefühle zeigte, ließ ihn die gesamte Situation auch nicht kalt, denn ich hörte genau wie seine Stimme zum Ende hin abbrach.

Koutarous Zimmer war unordentlich, man konnte sofort erkennen, das es sein Zimmer war.
Das Wappen der Fukorodani, berühmte Volleyballspieler, eine Urkunde.
Polaroids von uns.
Mir diese Wände anzusehen, löste in meinem Körper Wärme aus.
Als hätte er seine muskulösen Arme um mich gelegt.

Ich nahm mir zwei Hoodies von ihm mit und eines unserer gemeinsamen Bilder. Ich wollte dieses Zimmer nicht verändern, es war das einzige Andenken, was seinen Eltern noch blieb. Und dieses Zimmer spendete mir Trost, also würde es auch ihnen guttun.
Auch wenn es weh tat.

Als ich das Zimmer gerade wieder verlassen wollte, sah ich einen weißen Umschlag.
Er klebte an der Rückseite der Türe.
In schwarzen Druckbuchstaben stand auf jenem 'Nr. 2'.

Ich wusste genau, dass dieser Brief an mich adressiert war. Es war beängstigend, aber auch aufregend.
Denn in diesen Briefen standen seine letzten Worte, gerichtet an mich.

Langsam öffnete ich den Umschlag und mir wurde schnell bewusst, dass das alles hier der Anfang vom Ende war.

Letters. - BokuakaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt