Eigentlich habe ich frei

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"Gott, nicht schon wieder, ich dachte, ich hätte das blöde Ding ausgemacht", stöhnte ich im Halbschlaf und schlug verzweifelt - in der Hoffnung er würde endlich Ruhe geben - auf meinen Wecker ein. Naja, leider falsch gedacht. Doch das blöde Ding dröhnte einfach weiter und ließ sich auch von meiner kleinen Prügel-Attacke nicht aufhalten.

Gequält richtete ich mich auf und nahm den Wecker in die Hand. Langsam wusste ich wie ich ihn zum Schweigen bringen konnte, ich drehte ihn um und "entzog ihm den Lebenssaft", durch Herausnehmen der Batterien.

Mit einem zufriedenenLächeln stellte ich fest, dass der Lärm endlich verschwunden war. Ich ließ den Wecker auf den Boden fallen, die Batterien daneben. Heute Abend setzte ich sie wieder ein, dachte ich und ließ mich wieder auf mein Kissen sinken.

Gerade wieder fast im Traumland angekommen begann plötzlich Rihanna neben meinem Bett zu singen. Ich erschrak und brauchte einen Moment, um mich daran zu erinnern, dass es mein Handy war, welches sich gerade meldete.

Hat das denn nie ein Ende? Da will man einmal in Ruhe schlafen und schon ist die halbe Welt an einem interessiert! In der Hoffnung, er hört von alleine auf und der Anrufer gibt auf, versuchte ich meinen Klingelton zu ignorieren.  Scheiße - leider falsch gedacht. Kurz kehrte die Stille wieder in mein Schlafzimmer zurück, mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck versuchte ich erneut ins Land der Träume abzugleiten. Doch auch dieser dritte Versuch wurde jäh unterbrochen. Erneut ertönte Rhianna‘s Stimme neben mir.

Langsam wurde ich sauer! Wenn der Anrufer nicht einen verdammt guten Grund hatte, mich vom Schlafen abzuhalten, würde das hier nicht gut enden.

Mit geschlossenen Augen tastete ich auf meinem Nachtisch herum. Ich fand alles, nur nicht das dämliche Handy. Das passte ja einmal wieder super zu mir. Glück? Nein, sowas kannte ich nicht oder um es exakt auf den Punkt zu bringen, das Glück mochte mich nicht.

Endlich, nach langem Suchen hatte ich mein Handy in der Hand. Mit einem Auge schielte ich auf das Display, um zu erkennen, welche Person es wagt, mich um diese Uhrzeit zu stören.

Auf meinem Bildschirm leuchtete in grellen Buchstaben der Name meines Chefs. Plötzlich war ich hellwach und Panik machte sich in mir breit. Hatte ich vergessen, dass ich heute arbeiten musste? Nein, so etwas vergesse ich eigentlich nicht, oder etwa doch? Quatsch, ich hatte doch heute frei, also nicht meine Schuld, diese Mal hatte ich nichts angestellt.

Oh man, das war wieder typisch für mich. Leicht nervös drückte ich den grünen Hörer und hielt mir das Handy ans Ohr. Die Stimme meines Chefs war hektisch, nahezu hysterisch als er ins Telefon brüllte: "Sie hat gekündigt! Einfach gekündigt! Gerade heute, wie kann sie nur? Diese......".

Weiter kam er nicht. Da ich nicht wirklich Lust hatte, mir irgendwelche Beleidigungen anzuhören, unterbrach ich ihn schnell. "Joe.... was zur Hölle ist so wichtig, dass du mich wach klingelst?", fragte ich ihn ruhig, dennoch mir einer gewissen Schärfe in der Stimme.

Morgens war ich besonders ungenießbar, wenn ich genervt wurde, bevor ich meinen ersten Kaffee hatte und genau das wusste auch Joe.

Er war eigentlich ein prima Typ, der ideale Chef und für mich eher wie ein Vaterersatz als ein Boss. Er besaß ein Café in der Innenstadt, nicht weit weg vom Big Ben.

"Elise hat gekündigt - gerade eben - einfach so" stammelte er abgehackt und schnell und fügte noch kleinlaut hinzu "Ich weiß, es ist dein freier Tag heute, aber kannst du bitte für Elise einspringen?".

Och man, genau vor dieser Frage habe ich mich gefürchtet. Eigentlich wollte ich heute nur lernen und mich auf die Prüfungen vorbereiten, andererseits konnte ich das Geld gut gebrauchen. In meinem Kopf wog ich blitzschnell - na ja so schnell, wie um diese schreckliche frühe Uhrzeit eben möglich - alle Argumente ab und stellte fest, dass die Argumente auf der Seite des Einspringens überwogen.

Ich setzte mich im Bett auf. "Mhm klar, mach' ich" gab ich von mir und fragte gleich im Anschluss, wann ich da sein müsse. "Um 6", gab Joe knapp zurück. Mit einem erschrockenen Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es bis dahin nur noch 2 Stunden waren.

Ich besprach mit Joe noch die Einzelheiten und legte nach weiteren 10 Minuten auf. Die Backwaren waren schon da, hatte Joe gesagt. Also konnte ich diesen Punkt auf der To-Do-Liste schon streichen; überschaubarer geworden war sie dadurch trotzdem nicht. Ich musste noch duschen und mich fertig machen, zusätzlich noch meine ganzen Lernmaterialen einpacken und auch noch zum Studio kommen.

Also, wenn ich es wirklich pünktlich schaffe, dann bin ich über mich erstaunt. Also fackelte ich nicht lange und stieg aus meinem herrlich kuscheligen Bett. Noch müde schlurfte ich ins Bad und sprang schnell unter die Dusche.

Mir gefror das Blut in den Adern als ein kalter Guss Wasser auf mich herunter prasselte. Shit, Shit, Shit.... ist das kalt.

Naja, ein Gutes hatte das Ganze: Ich war auf jeden Fall wach.... sogar hellwach. Das darf doch wohl nicht wahr sein ….. Der Temperaturregler der Dusche stand schon auf warm. Ich teste erneut das Wasser. Aber nein, keine Veränderung und definitiv immer noch kalt - EISKALT.

"Augen zu und durch" war das Einzig, was mir jetzt als Ausweg blieb. Ich hielt die Wassernutzung so kurz wie möglich, da ich wenig Lust hatte als "Eis am Stiel" hier rauszugehen.10 Min. so schnell war ich noch nie, aber bei dem Eiswasser auch kein Wunder.

Ich föhnte meine Haare und blickte in den Spiegel. Da waren sie wieder meine leichten Naturlocken wie sie auch meine Mutter hatte. Sie sehen schön aus, sind aber die Hölle, wenn man sie glätten will. Naja heute tat das eh nicht viel zur Sache, bei der Arbeit hatte ich immer einen hohen Zopf, daher würden die Locken nicht besonders zum Vorschein kommen.

Nachdem ich mich dezent geschminkte hatte, suchte ich mir ein passendes Arbeits-Outfit aus. Ich bin da nicht so wie manch andern, die stundenlang vor dem Schrank stehen und nicht wissen, was sie anziehen sollen. Mein Motto war schick, aber bequem und praktisch.

Nach kurzer Suche entschied ich mich für eine enge Jeans und eine weiße Bluse mit einer schwarzen Lederjacke. Ja, das muss gut genug sein, schließlich bin ich ja nur da, um Kaffee zu machen und den Leuten die Backwaren auszuhändigen.

In Windeseile warf ich meine Bücher und den anderen Kram in meine Tasche. Schuhe an und schon war ich aus der Tür. Nachdem ich die Treppen nach unten gelaufen war, blieb ich wie angewurzelt vor der Tür stehen und schlug mir mit der flachen Hand vor die Stirn. Oh man, ich bin aber auch doof.

Vor mir klebte ein gelber Zettel, auf dem in großen Buchstaben stand "Am Montag gibt es von 5:00 bis 20:00 kein warmes Wasser, die Rohre werden repariert!" Wie oft bin an diesem Schild vorbeigelaufen? 20 vielleicht sogar 30 Mal.  Ja, wieder einmal typisch für mich!

15 Minuten später saß ich im Bus und wartete darauf meine Zielhaltestelle zu erreichen. Nervös trommelte ich mit den Fingern auf meine Tasche.

Ich hatte das zwar schon oft gemacht, aber es ist
immer wieder etwas Besonderes, wenn man von so vielen berühmten Leuten umgeben ist.

Unverhofft kommt oft (DEUTSCH)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt