Der Brief

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Jan Pov.

Ich wachte von einer zuschlagenden Tür auf, dann hörte ich Schritte und ein schnaufen. Ich hatte meine Augen zu und musste lächeln, denn ich wusste ziemlich genau, wer da so schnaufte. Ich hörte wie Tim in die Küche ging. Wo er wohl gewesen war? Ich stand auf und wackelte Tim hinter her. Ich war, wenn ich krank war, glaube ich sehr kuschelbedürftig. Zumindest hatte meine Mutter mir das jedes Mal gesagt. Langsam tapste ich auf ihn zu und umarmte ihn von hinten. „ Huch. Hey, du bist ja mal wach?!", Tim drehte sich in der Umarmung um und drückte mich an sich. Ja meine Mutter hatte recht. Ich brauchte wirklich viele Kuscheleinheiten. „Ich war einkaufen. Du hattest wirklich nichts mehr da. Kann ich vielleicht noch den Kühlschrank fertig einräumen und dann können wir auf dem Sofa kuscheln?", Tim sah mich mit seinen Hundeaugen an und ich ließ ihn los. Dann lief ich zum Sofa und sah ihm beim einräumen vom Kühlschrank zu. Was hatte er denn alles gekauft? Toastbrot und Unmengen an Gemüse. Er sah meinen fragenden Blick: „ Daraus kann ich eine Gemüsesuppe kochen, glaube ich zumindest." Ich musste Grinsen. Wie süß er sich um mich kümmerte: „ Danke Tim! Ich glaube, mir geht es in zwei Tagen wieder besser." Tim kam zu mir und ich kuschelte mich wieder an ihn. Ich merkte wie er lächelte, dann schnappte er sich die Fernbedienung: „ Können wir „Charlie und die Schokoladenfabrik" gucken?" Ich nickte und überlegte, wie oft wir den Film schon zusammen gesehen hatten. Es war Tims Lieblingsfilm und er bekam nie genug von ihm, manchmal sprach er sogar den Text mit und versuchte die Stimmen passend zu verstellen. Auch heute brachte er mich damit wieder zum Lachen. Ich fand den Film eigentlich ziemlich langweilig, aber 115 Minuten auf Tims Brust... warum nicht? Gab schlechteres. Ich war nicht mehr so müde, wie den Abend davor und genoss die Zeit mit Tim. Nach dem Film machte Tim die Suppe und er hatte sich komplett in der Menge verschätzt und bei dieser Portion würden wir noch in drei Jahren Suppe essen können. Tim machte noch eine Instagramstory in der er erklärte, dass ich krank war und sich das Teampommes aber keine Sorgen machen sollte, markierte mich und ich stellte es auch in meine Story. Sofort trudelten unzählige Nachrichten mit „Gute Besserung" ein und Spekulationen, da Tim in meiner Wohnung war und ich ja Krank war. Ich musste Grinsen, bei sowas sahen unsere Fans immer ganz genau hin.

Es vergingen zwei Wochen und mittlerweile war ich wieder Gesund. Tim hatte sich echt rührend um mich gekümmert und war schon halb bei mir eingezogen, doch er musste noch mal nach Bonn um seinen wichtigsten Kram zu holen, da die Baustelle nicht vor hatte in naher Zukunft zu verschwinden. Außerdem wollte er mal wieder in seinen Briefkasten gucken. Natürlich kam ich mit. Ich vermisste das kuscheln, aus der Zeit wo ich krank war und die Ruhe um uns, denn Gisela war wieder aktiv geworden, sobald ich Gesund war. Alt bekannte Situation, wir zwei im Auto und keiner sagte etwas. Aber auf einmal richtete Tim sich neben mir auf und wirkte recht angespannt. Verwundert sah ich zu ihm. „Jan, ich muss dir was sagen. Und versprech mir zuzuhören, egal ob ein Telefon klingelt oder sonst was!", er sah kurz zu mir und richtete den Blick wieder auf die Straße, seine Hände fest ums Lenkrad geschlossen, er zitterte ja schon fast. Ich legte meine Hand auf seinen Arm: „ Versprochen. Nicht! Hey... alles ist gut du... Du fährst schlechter als meine Oma! Du weißt, dass du mir alles sagen kannst?!" Tim nickte und ich wusste, dass er genau das gebraucht hatte, also abgesehen von Giselas Einwürfen. „ Okay... also, es hat sich was in mir geändert. Es hat nichts mit dir zu tun. Wirklich nicht! Aber ich behaupte ja immer, ich wäre Hetero, aber mittlerweile bin ich mir da nicht mehr sicher... ich glaube ich bin Bisexuell...", WOW und dafür hatte er jetzt so viel Kraft gebraucht? Er wusste doch, dass ich der letzte war, der damit Probleme hatte. Ich wollte gerade antworten als, erst Tims Handy und zwei Sekunden später, mein Handy klingelte. Ich sah aufs Display, bei Tim war es Frank und bei mir Tina. Das konnte nichts Gutes heißen. „ Okay, vergiss dein Versprechen und geh dran!" sagte Tim und ich merkte seine Nervosität. „ Hallo Tina Tequllia", sagte ich und stellte auf laut, damit Tim mit hören konnte. „ Gottseidank! Frank? Jan ist dran gegangen. Jan, ist Tim bei dir und wo seid ihr?", Tina schrie mich fast an. „ Ja, Tim ist bei mir und wir sind im Auto, kurz vor Bonn.", kaum hatte ich ausgesprochen rief Tina: „ Frank, Tim ist bei Jan, du kannst aufhören ihn anzurufen. Er fährt Auto. Jan? Ihr müsst so schnell wie möglich zu Tims Wohnung kommen! Oder wartet. Kurz vor Tims Wohnung ist doch dieser kleine Park?! Kommt am besten zu dem. An den kleinen Spielplatz.". „ Mama? Was ist los?", Tim war total aufgewühlt. Er tat mir richtig leid. „ Timmi, mein Schatz. Ich kann dir das jetzt nicht am Handy erzählen. Papa und ich warten auf euch und erklären dann alles.", Tina klang sanft aber gleichzeitig sehr ernst. Tim schluckte und ich strich ihm beruhigend über den Arm. „ Okay, wir kommen. Bis gleich." Ich legte auf und suchte den Anschluss, an das Gespräch gerade eben: „ Hey... wegen gerade eben... Du weißt, dass das für mich egal ist oder? Es ist mir Egal welches Geschlecht du liebst und es ist auch komplett irrelevant, denn du bist und bleibst Tim Lehmann. Und zufällig ist dieser Tim Lehmann seit langer Zeit mein bester Freund und wird es auch bleiben!" Tim sah mich durch den Rückspiegel an und entspannte sich etwas. Damit meine Hand, auf seinem Arm, ihn nicht beim Fahren störte, nahm ich sie wieder weg. Allerdings schien er jetzt was zu vermissen, denn er nahm seine eine Hand vom Lenkrad und legte sie auf meine Hand, die auf meinem Oberschenkel lag. Sofort fing es in meinem Bauch an zu kribbeln und ich unterdrückte den Tic, meine Hand wegzuziehen. „ Ha, Gay! " Wie lang hatte ich jetzt keinen vokalen Tic mehr gehabt? Seit wann, hatte er diese Ausstrahlung auf mich? Tims Hand lag immer noch warm auf meiner und so fuhren wir bis zum Spielplatz. Wohl oder übel musste Tim jetzt seine Hand wegnehmen, aber ich nahm sie noch mal und drückte sie. „ Alles wird gut okay?" Er lächelte tapfer und wir stiegen aus. Ein helles Tier kam auf uns zu gerannt. „ Hundefleisch" Glücklich fing Tim an Henry zu streicheln. Er war erleichtert, weil seine Eltern nicht angerufen hatten, da es ein Problem mit Henry gab. Zu dritt gingen wir zum Spielplatz und begrüßten Tina und Frank. Tim stellte sich neben mich, so dass ich Henry streicheln konnte. Das sorgte dafür, dass ich nur noch ab und zu „Hundefleisch" oder „ Möhrchen" rief. Sonst hatte ich nur noch Motorische Tics, während Tina erklärte, was los war: „Also, Frank und ich waren mit Henry Gassi und haben gedacht, dass wir ja mal an Tims Wohnung lang gehen könnten und da standen so ungefähr 15 Jungendliche vor und haben mit deinem Vermieter, Herr Pablo, gesprochen. Der Vermieter hat gesehen, dass wir kamen und uns mit einer verständlichen Handbewegung gezeigt, dass wir wieder gehen sollten. Wir sind also wieder um die Ecke gegangen und 10 Minuten später kam Herr Pablo und hat uns erzählt, dass die Jugendliche zu euch. beziehungsweise zu Tim wollten.". „ Woher haben die denn meine Adresse?" fragte Tim geschockt, doch Tina zuckte mit den Schultern. Tim stand wie ein Häufchen Elend neben mir und ich nahm ihn in den Arm. Er riss sich zusammen, aber ich spürte, dass er den Tränen nahe war. Die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzten wie verrückt und beruhigten sich erst wieder, als Tim sich von mir löste und leise fragte: „ Können wir trotzdem zur Wohnung?". Frank lächelte und nickte: „ Klar. Herr Pablo hat mit der Polizei gedroht und die sind abgezogen." Wir gingen 5 Minuten und waren da. Tim öffnete seinen Briefkasten, der an Fanpost überquillte und gab mir dann die Schlüssel, damit ich die Tür aufschloss. Seine Arme waren ja von den ganzen Briefen voll. Ich schloss auf, ging hoch und schloss dann Tims Wohnungstür auf. Henry stürmte an mir vorbei und machte es sich auf dem Ecksofa gemütlich. Ich setzte mich neben ihn und Tim warf die Unmengen an Briefen auf den Tisch vor uns. Er setzte sich auf die andere Seite neben mir und Tina und Frank setzten sich auf der anderen Seite hin. Wir fingen an die Briefe zu sortieren und hatten am Ende einen Stapel mit Fanpost und einen Stapel mit Briefen, die wichtig waren. Gisela hatte die Stapel mehrmals durcheinander gebracht, aber dann hatte Tim meine Hand genommen und sie wurde ruhig. Ein Briefumschlag war komplett weiß und hatte weder einen Empfänger noch einen Absender drauf stehen. Nach längerem Hin und Her, entschlossen wir uns, den Brief bei mir in Köln zu öffnen, da wir uns in der Wohnung sehr unsicher fühlten. Tim nahm die wichtigen Briefe und ließ die Fanpost liegen. Ich packte allen möglichen Kram zusammen, der mir für Tim wichtig erschien und seine Eltern halfen mir. Dann brachten sie uns zum Auto und verabschiedeten sich. Henry sah uns traurig an, aber Tim versprach, sobald wie möglich zurück zukommen und ganz lange mit ihm spazieren zu gehen. Henry schien es zu verstehen und leckte mir zum Abschied über die Hand. Wir stiegen ins Auto und fuhren zurück nach Köln. Tim bat mich die Briefe durchzugucken und ich las vor: „ Rechnung, Rechnung, Rechnung, ohh von deiner Tante aus, warte... ich glaube das ist Spanien, aber es ist so dunkel, da kann ich nichts wirklich erkennen." Ich wollte eigentlich noch vorlesen, was drauf stand oder zumindest so gut es ging, allerdings hatte Gisela andere Pläne und schmiss die Post nach hinten auf die Rückbank, dazu schrie sie: „ Ach, das ist alles uninteressant! Geht ja nicht um mich!" Na danke. Wir saßen also schon wieder still im Auto, aber das störe dieses Mal nicht. Dieses Mal hatte ich Tims Hand genommen. Er hatte sich nicht beschwert. Wir fuhren Händchen haltend bis vor meine Wohnung und bis auf leichte motorische Tics, war alles ruhig. Ich glaube, das lag daran, dass ich zu sehr mit dem kribbeln im Bauch und mit meinem lächeln, damit es nicht zu groß wurde beschäftig war, aber natürlich auch weil der blauäugige meine Hand hielt. KEINER, hatte diese Ausstrahlung auf mich gehabt, außer Tiere. Ich musste mal wieder kichern. Hatte ich Tim gerade mit Tieren verglichen? Tim sah neugierig zu mir, als ich mich vor Lachen nicht mehr einkriegte. Warum fand ich das so lustig? „Jan? Was habe ich wieder dämliches gemacht, was so lustig ist?" Ich prustete endgültig los und Tim sah mich verdattert an. Er hielt vor meinem Haus und ich beruhigte mich wieder. „ Du müsstest meine Hand loslassen, sonst können wir nicht aussteigen...", sagte Tim sanft und dieses Mal war ich es, der rot wurde. Schnell ließ ich seine Hand los und stieg aus. Mit dem was dann passierte, hätte ich nicht gerechnet. Tim kam zu mir und zog mich in die schönste und längste Umarmung, seit wir befreundet waren. Er schluckte schwer und ich löste mich von ihm, auch wenn ich das sehr ungern tat: „ Alles ist gut! Wir holen jetzt die Briefe und gehen dann hoch okay?" Er nickte und 5 Minuten später waren wir oben und Tim brach zusammen. Ich will nicht sagen, dass ich überfordert war, aber ich konnte nur über seinen Rücken streicheln und ihn im Arm halten. Er wirkte so zerbrechlich, so klein und nicht wie der Tim, den ich kannte. Ich warf die Briefe achtlos auf den Boden und brachte Tim zum Sofa. Er weinte und es sah aus, als kriege er gleich eine Panikattacke. Er atmete viel zu schnell. „ Alles ist gut. Atme ein und aus. Langsam. Hohl tief Luft und Atme lang wieder aus!" Ich versuchte, dass meine Stimme ruhig, aber auch etwas bestimmt klingen zu lassen, damit er es auch wirklich machte. Nach ein paar Minuten, saß er nur noch da und weinte leise. Er hatte sich an mich geschmiegt und mein Hemd war schon ganz Nass. Das war mir aber egal. Tim brauchte mich und ich würde für ihn da sein. Ich griff nach einer Packung Taschentücher und zog für Tim eins raus. Er nahm es dankbar entgegen und putzte sich die Nase. „ Jan, können wir den Brief ohne Absender bitte öffnen?" Ich sah ihn an und wusste sofort, dass es keine gute Idee sein würde, diesen Brief zu öffnen, aber ich konnte es ihm ja schlecht verbieten. Ich stand auf und holte den Brief. Tim nahm ihn entgegen und öffnete ihn. Er zog einen weißen Zettel raus und wir lasen den, mit computergeschriebenen Brief.

Ich hoffe, dass du gerade nicht alleine bist Tim, denn deine Fassade wird bröckeln. Ich kenne dich, du bist nicht so stark wie du immer tust! Wenn ich alles richtig einschätze ist sogar Jan neben dir, dann wäre es doch der richtige Zeitpunkt ihm zu erklären, dass du ihn nur ausnutzt für Geld oder? Ich sag es noch mal, Ich kenne dich Tim Lehmann! Besser als du denkst, dass dich eine Person kennen kann! Du fragst dich bestimmt wer ich bin. Ich muss dich leider enttäuschen, dass verrate ich dir nicht. Ich bin ja nicht so dumm wie du. Das mit deiner Telefonnummer war mein erster Streich... allerdings konnte ich nicht ahnen, dass du bei Jan bist und musste umstrukturieren. Vielen Dank! Ich habe also Jans Nummer gleich mit geschickt. Um auch eure „Freunde" zu erschrecken, hat Sebastian sie selbst verständlich auch bekommen. Neue Nummer holen? Habt ihr gemacht, aber die habe ich auch schon... Deine Wohnung war schön, oder? Sorry, aber die wirst du wohl wechseln müssen. Warum? Das ist ganz einfach. DU wirst dafür büßen müssen, was du mir angetan hast. Und dein lieber Freund Jan auch! Seine Adresse finde ich noch raus! Fühl dich nicht unsicher Timmilein, ich bin ganz harmlos. Zumindest solange du die Polizei aus der Sache raus lässt... Falls sie doch eingeschaltet wird, deine Eltern wohnen echt schön... Ich werde dir vielleicht noch weitere Briefe zu kommen lassen, aber nicht mehr zu deiner Wohnung. Da wirst du vermutlich nicht mehr aufkreuzen, außer am Umzugstag. Und jetzt „Zeig dein Gesicht", aber dein wahres Gesicht. Das was Jan nicht von dir kennt... er wird enttäuscht sein, wenn er sieht wie ängstlich du bist.

Bis Bald

Ich starrte Fassungslos auf den Brief. Tim neben mir wurde ganz still. „ Timmi?" fragte ich mit brüchiger Stimme. „ Du weißt, dass es mir egal ist was da über dich steht? Du weißt, dass ich mich nicht abwenden werde, egal wie mutig oder ängstlich du bist? Und du weißt, dass ich weiß, dass das was da steht über das Ausnutzen steht, nicht stimmt?" Tim nickte langsam und sagte mit erstaunlich fester Stimme: „ Ich glaube das war Finja!" Ich las den Brief nochmal und mir wurde klar, dass die Person, die das geschrieben hatte, Tim wirklich sehr gut kennen musste. Sie formulierte das ganze so, dass es sein Herz traf und ihn mental fertig machte. Jetzt nickte ich langsam: „ Und jetzt?" Tim richtete sich auf und sagte: „ Sie hat Recht, wenn sie sagt, dass ich umziehen muss... das lässt sich nicht verhindern aber wenn sie denkt, sie kann mich einschüchtern... Ich verabrede mich mit ihr und du kommst mit und Leo auch. Irgendwas kriegen wir schon aus ihr heraus. Die Polizei lassen wir auch erst mal raus, Außerdem müssen wir aufpassen, dass wir deine erstmal an keinem mehr weiter geben... Finja hast du deine Adresse noch nicht gegeben, oder ?" „ Die verrate ich der Schlampe doch nicht! Nee habe ich nicht und auch nicht vorgehabt. Aber... wenn du umziehst... willst du dann nicht einfach bei mir einziehen?"

Wenn sich was verändert// Gewitter im KopfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt