Kapitel 1

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Ich saß auf meinem Bett, mein Körper zum Fenster gerichtet. Ich lauschte dem Regen, der gegen die Fensterscheibe prasselte. Ich versuchte eine klare Sicht durch den Nebel vor meinem Fenster zu bekommen, denn ich hörte ein Auto in die Einfahrt meines Hauses fahren.

Ich hatte schon eine Vermutung wessen Auto es gewesen sein könnte, war mir aber nicht zu hundert Prozent sicher. Zwei Minuten später aber bestätigte sich meine Vermutung. Meine beste Freundin Sara schloss mit dem zweiten Haustürschlüssel, den ich ihr vor Jahren einmal gegeben hatte, die Türe auf und schrie freudig meinen Namen.

Sie stapfte die Treppe hinauf und betrat mein Zimmer. Sie fiel mir sofort in die Arme und freute sich, mich nach ihrem zweiwöchigem Spanienurlaub wiederzusehen. Ich freute mich sie wiederzusehen, denn um ehrlich zu sein hatte ich sie ziemlich vermisst.

Heute war der letzte Ferientag, morgen war also wieder Schule. Sara warf eine leere Tasche auf mein Bett. Ich guckte sie fragend an, bis sie sagte ,,Pack deine Sachen, Kylie! Du ziehst jetzt erstmal bei mir ein!".

Sie hatte wohl, von wem auch immer mitbekommen, dass mein Vater und ich wieder am Streiten waren. Ich wohnte, seit ich denken konnte, allein mit ihm in Heather Bay. Meine Mutter, so hatte er es mir zumindest immer erzählt, wollte keinen Kontakt mehr zu mir.

Ich und mein Vater hatten bis ich ungefähr zehn Jahre alt wurde, ein ziemlich gutes Verhältnis zueinander. In den letzten sechs Jahren, in denen wir aufgrund seiner Alkoholsucht ein schlechtes Verhältnis hatten, konnte ich mich nur noch an seine nächtlichen Wutausbrüche und an unsere ständigen Konflikte erinnern.

Sara war die Einzige, die mir in dieser schwierigen Zeit immer geholfen hatte. Ich kannte sie seit der ersten Klasse. Außer ihr hatte ich nie richtige Freunde in Heather Bay, was mich aber um ehrlich zu sein nie weiter gestört hatte, denn Sara war immer für mich da. Sie war einfach die beste Freundin, die man sich vorstellen konnte.

Sara lebte auch hier, in Heather Bay, sie wohnte mit ihrer Hippie Großmutter Rosalie, auf einem hohen Hügel, in einem sehr modernen Haus. Die Lage ihres Hauses war einfach traumhaft. Von dort aus hatte man die perfekte Aussicht auf Heather Bay, wenn es nicht gerade einmal vernebelt war.

Ihre Inneneinrichtung war modern mit sehr vielen Pflanzen und Kristallen. Der Wildgarten des Hauses war meist vernebelt und die Luftfeuchtigkeit sehr hoch. Im Garten trieb sich meist ihr Kater Black herum. Ich schätze Black mochte mich, auch wenn er sehr zurückhaltend war, gab er mir immer ein vertrautes Gefühl.

Sara und ich gingen immer noch auf dieselbe Schule. Damals vor vier Jahren outete sie sich vor der ganzen Schule als lesbisch. Ich bewunderte sie dafür, dass sie den Mut dazu hatte. Wäre ich damals in dieser Situation gewesen, hätte ich mich es wahrscheinlich nie getraut. Ich packte also meine Sachen zusammen, ging die Treppe hinunter, verließ das Haus und stieg in Saras Auto ein.

Sofort umhüllte mich ein Geruch gemischt aus dem altbekannten Rosenparfüm und ein paar Duftbäumchen. Sie startete den Motor und drehte die Musik laut auf. Sara und ich sangen laut mit.  Sie fuhr den Hügel hoch und stellte ihren Wagen ab. Wir stiegen aus und klingelten an ihrer Haustüre, denn Sara hatte wie immer den Haustürschlüssel in ihrem Zimmer liegen gelassen.

Rosalie öffnete die Tür und begrüßte uns herzlich. Sie wirkte wie immer sehr entspannt auf mich. Ihre Kristallketten baumelten ihren Hals hinunter und ihre außergewöhnlichen Ringe waren auch kaum zu übersehen.

Wir betraten das Haus und gingen auf direktem Wege in Saras Zimmer. Hier roch es nach einer Mischung aus Dragons Blood Räucherstäbchen und ihrem merkwürdigem Oil Defuiser, den Rosalie ihr wahrscheinlich ins Zimmer gestellt hatte.

Ich ließ mich auf ihr weiches, großes Bett fallen und machte es mir bequem. Meine Tasche feuerte ich auf ihren schwarzen Samt-Sessel. Ich blickte aus ihrem Fenster, es wurde langsam dunkel. Rosalie kam in Saras Zimmer hinein und sagte, dass es langsam Zeit war schlafen zu gehen, da morgen Schule war.

Sara widersetze sich, zu meinem Wunder, Rosalies Worten nicht, schaltete das Licht aus und ließ die Jalousien hinunter. Sie legte sich neben mich ins Bett, legte ihren Arm über meinen Körper und drückte mich ganz nah an sich heran. Sie wünschte mir eine gute Nacht und nach ein paar Minuten schlief ich ein.

Do you listen to girl in red?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt