Kapitel 2

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Am Morgen klingelte Saras Handywecker pünktlich um 6:00. Ich stand langsam auf, schminkte mich, zog einen schwarz-lila karierten Rock an und kombinierte ihn mit einem enganliegenden schwarzen Oberteil an, welches ich in den Rock steckte. Danach trug ich noch etwas von Saras Parfüm auf, da ich meins zuhause vergessen hatte, kämmte kurz durch meine langen, glatten schwarzen Haare und versuchte meine silberne Kette anzulegen.

Doch wie immer schaffte ich es nicht allein und bat Sara um Hilfe. Sara trug eine schwarze Sport-Leggins, ein kurzes Spaghettiträger Top, welches gerade mal ihre Oberweite bedeckte und ein dunkelgrün, schwarz kariertes Holzfällerhemd. Dann zog sie noch schnell ihre Kristallketten, die sie wahrscheinlich von Rosalie hatte, an und kämmte sich durch ihre schulterlangen, braunen, welligen Haare.

Sie hatte sich jeweils die Strähne an ihren Ohren pink gefärbt. Ich wollte mir auch mal pinke Strähnen machen, doch man konnte die Farbe schlecht auf meinen schwarzen Haaren erkennen und blondieren wollte ich sie nicht.

Wir gingen zur Haustür, zogen uns unsere Schuhe an, nahmen unsere Rucksäcke, verabschiedeten uns von Rosalie, nachdem sie uns noch ein Pausenbrot in die Hand drückte und verließen das Haus. Wir stiegen in Saras schwarzen Pick Up, indem sich innen ein kleines Chaos ausbreitete. Sie fuhr etwas schneller als sonst, denn wir waren etwas zu spät dran. Es waren ungefähr 15 Minuten Fahrt bis zur Heather Bay High School.

Auf dem Weg zur Schule, lief ununterbrochen, ein bestimmtes Lied aus unserer Playlist. Sara sang laut mit und das, obwohl die Autofenster geöffnet waren. Mir schien in diesem Augenblick, aus irgendeinem Grund, alles egal zu sein, ich lehnte mich aus dem Fenster und schrie den Song wortwörtlich mit.

In diesem Moment fühlte es sich so an als wäre ich endlich frei, frei von allen belastenden Gedanken und Problemen. Frei von den Erinnerungen an die Vergangenheit mit meinem Vater und vor allem frei, von meinem oft auftretendem Selbsthass, der mich in vielen Situationen sehr einschränkte.

Ich spürte den Wind in meinen Haaren und hatte endlich das Gefühl der Freiheit. Es war wie als wären Sara und ich ganz allein auf der Welt, ohne jegliche anderen Menschen. Doch kaum vergaß ich alle meine Sorgen, kamen wir an der Schule an und Sara stelle den Wagen auf dem großen Parkplatz ab.

Wir betraten das Schulgebäude und suchten unseren neuen Kursraum. Als wir ihn endlich gefunden hatten, klopften wir vorsichtig an die Tür, gingen hinein und entschuldigten uns für die Verspätung. Mr. Clay, unser Lehrer im Kunstkurs, sagte nur, dass unsere Verspätung nicht allzu dramatisch sei, da er noch nicht mit dem Unterricht begonnen hatte.

Er forderte uns dazu auf, uns einen Platz zu suchen und bat uns in Zukunft, besser auf die Zeit zu achten. Sara und ich nahmen auf den letzten zwei übrig gebliebenen Stühlen, in der letzten Reihe Platz. Mr. Clary begann uns die ganze Doppelstunde, die wir mit ihm hatten, über die Geschichte der Kunst zu erzählen. Ich bemerkte wie Sara, wie immer einmal, nicht zuhörte und mit ihrem Bleistift rumspielte. Ich müsste ihr wohl mal wieder meine Notizen ausborgen.

Nach einer halben Ewigkeit hörte ich das Schellen der Schulklingel und packte meine Sachen zusammen. Wir gingen auf die alte, heruntergekommene Mädchentoilette, wo sich niemand mehr aufhielt, bis auf uns beide. Das Dach war mittlerweile so zerstört, dass man zwischen all den Efeuranken, den Himmel erkennen konnte. Wir setzen uns auf die großen Fensterbänke und lernten für den anstehenden Chemietest. Ich las mir meine Unterrichts Mitschriften durch und versuchte meine Zusammenfassungen, so gut wie möglich, auswendig zu lernen.

Als die Pause vorbei war, gingen Sara und ich wieder in das Schulgebäude. Ich betrat den Chemieraum und setzte mich an einen freien Tisch in der letzten Reihe. Meine Chemielehrerin Mrs. Miller, teilte den fünfseitigen Test aus und wünschte allen Schülern viel Glück. Ich beantwortete Seite für Seite alle Fragen. Nach einer Stunde gab ich meinen Test vorne am Pult ab und verließ den Raum.

Ich setzte mich neben den Spinden auf den Boden, kramte mein Buch aus meinem schwarzen Rucksack und las darin weiter. Obwohl das Buch nicht mehr das neuste war, las ich es doch relativ gerne. Nach einer halben Stunde, kam dann auch Sara endlich aus dem Chemieraum raus. Ich fragte erst gar nicht nach wie es gelaufen war, denn an ihrem Gesichtsausdruck konnte ich es schon erkennen.

Wir gingen durch den Flur in Richtung Ausgang, denn die nächsten beiden Unterrichtsstunden fielen aus, aufgrund einer Erkältung meiner Spanisch Lehrerin. Wir mussten also erst wieder in die Schule gehen, wenn Lunchtime war.

Wir gingen zurück auf den Parkplatz und stiegen in Saras Pick Up ein. Sie startete den Motor und fuhr in Richtung Autokino. Sie versuchte eine Überraschung draus zu machen, aber ich wusste sofort, wo sie hinfahren wollte. Aber so wie die letzten male, tat ich so als hätte ich absolut keine Ahnung, wo es hingehen könnte. Nach fünf Minuten kamen wir am Autokino an.

Sara fuhr in die Einfahrt, kaufte ein Ticket und stellte den Wagen auf einem der Plätze ab. Außer uns und einem gelben Golf war kein anderes Auto dort. Erst dachte ich mir nichts beim Anblick dieses Autos, doch dann sah ich es. In dem Auto saß mein Ex-Freund Matty. Doch, bevor ich es noch richtig realisieren konnte, stieg er aus dem Auto aus, knallte die Tür hinter sich zu und ging in einem eher hohen Tempo auf Saras Auto zu.

Jetzt sah auch Sara wer gerade auf uns zu kam. Ich sah sie panisch an, denn ich hatte keine Lust wieder von Matty belästigt zu werden. Sie sagte zu mir, dass ich mir keine Sorgen machen sollte und stieg aus dem Auto aus. Sie stellte sich vor meine Türe, sodass Matty nicht an mich rankommen konnte. Doch Matty war das egal, er stieß Sara mit einem Schlag auf den Boden, klopfte gegen die Scheibe und verlangte, dass ich die Türe aufmachen sollte oder er würde Sara noch mehr verletzen.

Ich sah, dass sie ohnehin schon eine Platzwunde am Kopf hatte und ich wollte wirklich nicht, dass ihr noch mehr wehgetan wurde, also lockte ich Matty nahe an die Fensterscheibe heran. Als er genau dort stand, wo ich ihn haben wollte, stieß ich mit Schwung die Tür des Pick Ups auf, sodass sie Matty genau an den Kopf knallte.

Ich sah noch, wie er anfing zu bluten und auf den Boden hinabsank. Ich stieg aus dem Wagen aus und zerrte Sara auf den Rücksitz. Zum Glück sah ihre Kopfwunde nicht allzu schlimm aus. Ich setzte mich auf den Fahrersitz und startete den Motor. Ich fuhr zurück zur Schule und beschloss sie zur Schulkrankenschwester Mrs. Lodge zu bringen.

Endlich angekommen, tat Sara sich immer noch etwas schwer zu stehen, da ihr, wie sie sagte, noch immer etwas schwindelig war. Ich ließ Sara bei Mrs. Lodge zurück und ging in Richtung Cafeteria. „Heute musste ich, ob ich wollte oder nicht, wohl mal allein essen.", dachte ich.

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