Kapitel 11

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*Kyla's Sicht*

(Mit Leon schreiben)

Leon: Hey, Kyla. Na, wie geht's so? Um wie viel Uhr sollen wir heut zum Essen kommen? :)

Ich: Hi, Leon. Nicht wirklich gut...das ist mir alles irgendwie zu viel...
Ich schätz mal so um 18:00? Passt das?

Leon: Kann ich verstehen. Aber sieh's doch mal positiv. Endlich ist in deinem langweiligen Leben was los.
Ja, passt gut.

Ich: Sehr witzig...

Leon: Jetzt mach doch nicht gleich auf beleidigt.

Ich: Du hast ja keine Ahnung wie das ist. Und außerdem hab ich, ehrlich gesagt, Schiss vor der Reise nach Alaska...

Leon: HALLO?? Aufmerksamkeit?!?!

Ich: Ja, hab schon verstanden. Du bist auch dabei. Das tröstet mich jetzt unheimlich...

Leon: ...

Ich: Bis später. Ich beschäftige mich mit etwas Interessanterem als dir...

Leon: Du machst mich traurig.

Ich: Du wirst es überleben.

Leon: Da wär ich mir nicht so sicher.

Ich: Tjaa...Pech, würd ich mal sagen. Und tschüss. Ich geh jetzt wirklich.

Leon: Bis später :'(

Gott, ist der anstrengend. Mama hatte allen Ernstes die gesamte Familie Whitman zum Abendessen eingeladen um über die Reise zu sprechen und alle nötigen Details zu planen. Ich konnte sie schon verstehen, schließlich würden wir ja schon nächste Woche aufbrechen...*zitter,zitter*.

Mann, ich hatte echt Angst. Mama hatte mir versprochen, sie würde gleich morgen meine Großmutter anrufen und ihr mitteilen, dass ich und Leon kommen würden. Ob das gutgehehen würde ist die Frage. Die beiden hatten seit viiielen Jahren nicht mehr miteinander gesprochen und wenn Mama sich jetzt auf einmal meldete..naja nicht mein Problem. Ich weiß, klingt etwas fies, aber sie wollte doch,dass ich meine Großmutter unbedingt besuche, also musste sie das jetzt auch regeln. Ich spazierte in die Küche, wo Mama schon mit den Vorbereitungen für heute Abend beschäftigt war. Sobald sie mich sah,überhäufte sie mich mit Aufgaben und Pflichten, die ich erledigen musste. Mütter halt. Doch ich war heute gut gelaunt, also erledigte ich alles ohne zu murren!! Ja, ich weiß, klingt wirklich unglaublich, aber es war so. Melanie hockte in ihrem Zimmer, das Radio megalaut aufgedreht, sodass unsere Nachbarn die Chance hatten, Kronehit-Charts zu geniesen. Von Papa hatten wir schon lange nichts mehr gehört. Anscheinend eine sehr anstrengende Geschäftsreise. Lucy (Hündin) stand vor der Terrassentür, den Kopf schief gelegt, ein Ohr zuckte und sie hechelte ein wenig. Aww, süß! Ich öffnete schnell die Tür, schlüpfte hinaus und schnappte mir einen kleinen Ast. Aufgeregt sprang Lucy um mich herum und versuchte den Stock herunter zu ziehen. Ich holte aus und er landete in hohem Bogen viele Meter entfernt, im knöchelhohes Gras. Eifrig mit dem Schwanz wedelnd eilte Lucy hinterher und kläffte begeistert als sie ihn gefunden hatte. Danach überbrachte sie ihn mir mit sichtlichem Stolz. Ich musste lachen. Auf einmal hörte ich ein lautes Rufen vom Haus. ,,Kyla, kommst du bitte unsere Gäste begrüßen! Wir haben Besuch!" Mama stand hüftbreit in der Tür, das Geschirrtuch in der Hand, die Schürze umgebunden und winkte. ,,Komme", rief ich laut zurück und lieferte mir mit Lucy ein Wettrennen bis zur Terrasse.

,,Gut, dann wäre das also alles geklärt!" Leon's Vater faltete zufrieden seine Hände und sank tiefer in seinen Stuhl. Er war so der typische gemütliche Typ. Ein kleiner Bierbauch, drei-Tage-Bart und immer ein Grinsen auf dem Gesicht. Leon's Mutter war das genaue Gegenteil ihres Mannes. Perfekt gestylt, super Figur und ein eher säuerlicher Blick. Wir, also Melanie, Mama, Leon, seine Eltern und der kleine Liam saßen um unseren großen, gepflegten Holztisch. Das Essen war schon vorbei und so gut wie alles bezüglich der Reise geklärt. Mama hatte irgendeine super Ausrede für Leon's Eltern erfunden, um nicht den eigentlichen Grund der Reise angeben zu müssen, was mir sehr Recht war. ,,Sie nehmen den Flieger um 6 Uhr in der Früh und werden nach einer dreistündigen Pause bei einem Flughafen weiterfliegen und ca. gegen 17:00 in Alaska landen. Falls alles gut geht, werden sie am Landeplatz von meiner Mutter abgeholt", erklärte Mama etwas aufgeregt. Schließlich war es das erste Mal, dass ich "alleine" und noch dazu so weit weg fliegen würde. Leon's Eltern dagegen schienen ganz gelassen, was mich verwunderte. ,,Ich schlage vor, wir besprechen noch das Finanzielle, ehe ich den Rotwein aus dem Kühlschrank hole. Kyla, willst du Leon nicht dein Zimmer zeigen? Und Melanie, möchtest du die beiden begleiten?" Mama sah mich und meine Schwester vielsagend an. Eine klare Aufforderung den Raum zu verlassen. Und ja...das mit dem Wein. Ein Tick meiner Mutter. Jedes Mal wenn wir Besuch hatten, musste ein Weiß- oder Rotwein bereitstehen. Da mich die folgenden Gespräche der Erwachsenen sowieso nicht intressierten, stand ich schnell auf und bedeutete meiner Schwester und Leon, mir zu folgen.

Leo warf sich gleich zufrieden auf das frisch bezogene Bett. Seufz. Ich machte es mir auf dem Schreibtischstuhl bequem und spiele mit meinen Fingern, als er mich aufmerksam ansah. ,,Na, Kyla, freust du dich schon auf unsere Reise zu zweit?"  Ich verdrehte die Augen und lachte. Melli ließ sich langsam neben Leon auf der Decke nieder. ,,Ich würde so gerne mitkommen", maulte sie. ,,Ach ja? Ich hätte nichts dagegen", zwinkerte der Charmeur Leon. Es entstand eine angeregte Unterhaltung zwischen den beiden, mit keiner Chance mich einzubauen. Typisch Melli! Sie schaffte es immer, ihren Gegenüber zu unterhalten. Ich war das komplette Gegenteil. Schüchtern und einfallslos wie ich war, verfiel ich immer in ein unangenehmes Schweigen. Naja...heute hatte ich nichts gegen Melanie's Geplapper. So konnte ich in aller Ruhe über die bevorstehende Reise nachdenken, die mir viele Sorgen bereitete. Erstens, hatte ich Flugangst, seit ich als kleines Kind einen Flugzeugabsturz im Fernsehen gesehen hatte. Obwohl wir nach diesem Vorfall ab und zu in andere Länder geflogen waren, konnte ich diese Abneigung nie ablegen. Zweitens, machte ich mir höllische Sorgen, wie meine Großmutter reagieren und mich behandeln würde. Drittens, hatte ich Angst Heimweh zu bekommen. Und zu guter Letzt, viele Probleme hatte ich übersprungen, war da Leon. Leon, der meinen Körper kribbeln und mein Herz höher schlagen ließ. Ich hatte Schiss, diese vier Tage nur mit ihm zu verbringen. Ok...da war noch meine unbekannte Großmutter, aber die zählte nicht.

,,Kyla?"

Ich schrak aus meinen Gedanken und murmelte ein hastiges: ,,Ja?"

,,Wir wollen in meinem Zimmer einen Film schauen gehen. Kommst du?" Melanie sah mich fragend an. Leon wirkte belustigt, angesichts meines leicht verwirrten Gesichtsausdrucks. Pff, soll er doch lachen. ICH habe die ganzen Probleme, er ist nur meine Begleitung. Ein wenig Ablenkung konnte mir jedoch nicht schaden, also stimmte ich zu. Der Abend verflog wie im Nu und der Tag der Abreise kam immer näher...

,,Kyla, komm jetzt. Es bringt nichts wenn du den Abschied immer mehr hinauszögerst." Leon wirkte genervt und unsere Flugbegleitung, die Minderjährige benötigen, sah ebenfalls mürrisch drein. Ein letzter Wink mit der Hand Richtung unserer zwei Familien, die aufgeregt hinter der Glasscheibe standen und los gings. Wir packten unser Handgepäck und marschierten Richtung Flugzeug, welches bereits auf der Bahn stand. Es sah beängstigend riesig aus, doch ich schluckte meinen Kloß hinunter und stapfte entschlossen weiter. Jetzt war es zu spät um umzukehren.

Ja, der Tag der Abreise, dem ich nervös entgegensah, war gekommen und unsere Eltern und Geschwister (und Lucy) hatten uns zum Flughafen begleitet um uns zu drücken und uns einen schönen Flug zu wünschen. Ach ja, falls ihr euch fragt, Mama hatte meine unbekannte Großmutter tatsächlich angerufen.  Sie wollte mir nichts von der Unterhaltung erzählen, sie teilte nur mit, dass Leon und ich abgeholt werden würden und der Aufenthalt im Haus ihrer Mutter geregelt war. Gestritten hatten sie sich scheinbar nicht, trotzdem wirkte Mama's Gesicht nach dem Telefonat etwas verkniffen. Die Beziehung zwischen den beiden war wohl noch nicht wieder aufgebaut. Klar, so etwas geht ja nicht von einem Tag auf den anderen.

Ich hatte Mama versprechen müssen, sie jeden Tag anzurufen, was ich eh vorgehabt hatte...denkt jetzt nicht ich wäre kindisch oder so, denn dann solltet ihr euch mal in meine Lage versetzen...die war nämlich nicht prickelnd. Natürlich hatte ich vor, Lara ebenfalls anzurufen. Mama hielt mir zum zehnten Mal einen Vortrag,indem sie mir klarmachte, wie gefährlich Alaska sei und wie sehr ich auf mich aufpassen sollte. Bitte, sie war doch diejenige, die wollte, dass ich dorthin fliege. Liam (Leon's kleiner Bruder), klammerte sich am Bein seines Bruders fest und wollte ihn gar nicht gehen lassen. Schließlich konnte er aber durch einen nassen Kuss von Lucy und seinem Teddy besänftigt werden.

Ich stieg mit gemischten Gefühlen die Stufen zum Flugzeug hoch und sah ein letztes Mal zurück. Dann war es Zeit. Eilig betrat ich den Flieger und ließ mich auf meinem Fensterplatz nieder. Leon saß gleich neben mir, die Kopfhörer im Ohr. Als er mich zittern sah, wanderte seine Hand mit dem Lederarmband langsam zu meiner und drückte sie sanft, was mich schaudern ließ. Noch Minuten danch fühlte ich ein Kribbeln im Bauch. Jetzt reiß dich doch mal zusammen! Leon fuhr sich durch die zerzausten, kurzen, schwarzen Haare und ich sah schnell weg um nicht zu starren. Dann lehnte ich mich in meinem Sitz zurück, schaute aus dem Fenster und versank in meinen altbekannten Sorgen, die mich so schnell wohl nicht mehr loslassen würden.

Hey Leute. Hier mal ein nicht so spannendes Kapitel. Sry. Hoff es gefällt euch trotzdem und bis dann. :)
Falls es euch gefallen hat, voten nicht vergessen.

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