Kapitel 9

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*Kyla's Sicht*

Ich schloss die Augen...

Da wurde es mir erst bewusst. Ich riss die Augen auf und zog meinen Kopf zurück. ,,Ääh...es ist schon spät. Wir sollten zurückgehn." Hastig löste ich mich aus seinem Griff und sprang auf. Er grinste mich an und mir wurde irgendwie ein bisschen schwummrig. Was war das gerade? Ich setzte an, etwas zu sagen, doch Leon marschierte einfach weiter.

Vor meiner Haustüre verabschiedete sich Leon mit einer Umarmung und lieben Grüßen an Melli und fort war er. Mit keinem Wort war er auf das vorhin eingegangen. Wahrscheinlich hatte es ihm sowieso nichts bedeutet. Warum enttäuschte mich das jetzt so? Doch nach dem was Melli manchmal erzählte, hatte Leon- so nett er auch war-, jedes Monat eine Neue und er nahm Beziehungen nicht wirklich ernst.

Es war am nächsten Tag nach der Schule am Nachhauseweg. Leon und Melanie begleiteten mich, als wir gerade einen Zebrastreifen überquerten. Leider hatten wir die rot leuchtende Ampel übersehen. Ein Autofahrer bremste aprupt mitten auf der Kreuzung! Fast hätte er uns gerammt. Kurzzeitig geschockt liefen wir weiter, doch der Autofahrer sprang rasend vor Wut aus dem stehenden Auto und brüllte uns hinterher. ,,Sagt mal, habt ihr noch alle Tassen im Schrank? DIE AMPEL WAR ROT. Ihr spinnt ja gewaltig! Diese Jugend heutzutage! Ein Horror! Und jetzt auch noch feige davonlaufen?! EINE FRECHHEIT!" Der alte Mann steigerte sich enorm in die Sache hinein. Kann doch mal passieren. Ich wollte mich gerade umdrehen, um etwas zu erwidern, doch der Opa war noch nicht fertig. ,,Unglaublich. Ihr solltet euch schämen." Weiß der nicht wie viele Jugendliche jeden Tag bei Rot über die Straße gehen? Ausgerechnet bei uns muss der so ein Drama machen. Echt jetzt? Rote Ampeln ignorieren...Weltuntergang oder? Ich musste grinsen, doch irgendwie regte der Alte mich auch auf. ,,Und jetzt auch noch lachen? So was! Dumme Göre. Bei deiner Erziehung scheint etwas falsch gelaufen zu sein!" Spinnt der jetzt komplett? Ich drehte mich rasend schnell um. ,,Jetzt reichts aber! Sie bezeichnen mich als dumm? Sie sind eine Frechheit. Sich wegen einer Kleinigkeit so aufzuregen?" In mir begann es zu rumoren und ich bekam ein komisches Gefühl, doch ich ignorierte es. ,,Normale Leute hätten den Kopf geschüttelt und wären weitergefahren, aber Sie machen hier ein Drama, als wäre der dritte Weltkrieg ausgebrochen. Bitte...die Klapse wartet schon. Da können Sie ihre Verwandten besuchen, bei Ihrem Benehmen kann das nur in der Familie liegen. Und haben Sie schon mal daran gedacht, dass wir mitten auf einer Kreuzung sind? Andere Autofahrer würden gerne weiterfahren!" Ok...jetzt hatte ich übertrieben. Shit...irgendwie fühlte ich mich komisch. Es kam mir bekannt vor...Doch die Wut auf diesen alten Mann, der sich die Frechheit nahm mich zu beschimpfen...ok...das hatte ich ihm zurückgegeben..., diese Wut unterdrückte alles andere. Der Opa lief rot an und sein Mund klappte auf. Vermutlich wollte er mir noch einmal klarmachen, wie schlimm wir alle waren, besonders ich. Ich ließ ihn gar nicht dazu kommen. ,,Nein, Stop. Bitte machen Sie ihren faltigen Mund wieder zu und verschonen Sie uns mit ihren unnötigen Bemerkungen." Ich bemerkte wie Leon mich von der Seite erstaunt musterte. Die wartenden Autofahrer wurden langsam unruhig und ich? Ich hatte mich richtig in Rage geredet. Ja...vielleicht merkt man, dass ich sehr leicht ziemlich grantig werde, dich nicht ohne Grund. In meinen Ohren begann es zu rauschen. Ja verdammt, das kam mir bekannt vor. So war es auch, als meine Erinnerung auf einmal aufhörte. Unkontrolliert machte ich einen Schritt in die Richtung des Mannes, der wohl aufgegeben hatte und seinen Automotor wieder startete. Melanie packte meinen Arm. ,,Kyla, bleib stehen. Was ist nur los mit dir?" Ihr Blick huschte besorgt über mein Gesicht. Ich nahm sie kaum wahr. Erneut hörte ich das Rauschen und die Welt drehte sich vor meinen Augen...bis mich jemand fest am Arm auf den Gehsteig zog. Sofort durchströmte mich ein wohliges Gefühl und ich sah auf. Leon. Seltsam. Meine Wut war wie weggeblasen. Das letzte Mal, als ich so wütend war, hat mich auch Leon berührt. Echt unheimlich. Er hat irgendeine besondere Wirkung auf mich. ,,Wir gehen!" Melanie stapfte entschlossen voran. ,,Das sollten wir Mama mitteilen." ,,Melli, jetzt warte doch mal. Wieso muss sie alles wissen?" Ich befreite mich aus Leons Griff und eilte ihr hinterher. ,,Sie kennt sich damit immerhin besser aus als du. Bald wird es so weit sein, dass du jemand anderen verletzt." Betroffen wurde ich langsamer. Meint sie das ernst? Meine eigene Schwester denkt ich bin gefährlich. Vielleicht hat sie sogar Angst vor mir... Was bin ich für ein Monster? Meine Hand kribbelte. Leon's hielt sie sanft umschlossen. Mein Herz klopfte einen Takt schneller als sonst Jetzt reiß dich mal zusammen. Das ist nur Leon! Unangenehm berührt entzog ich ihm meine Hand, obwohl sein lockerer Griff mir gut tat. Eine Gänsehaut wanderte meinen Arm hoch.

,,Es wäre also fast wieder passiert?" Mama schaute mich ausdruckslos an. Übertrieben, wie Melanie war, hatte sie alles brühwarm Mama erzählt, ohne mich davor auch nur einmal zu fragen, ob es mir recht war. ,,Ich hatte mich unter Kontrolle", warf ich genervt ein. ,,Ganz und gar nicht Kyla! Das kann Leon auch bezeugen. Zu schade, dass er heim gegangen ist. " Melanie warf sich auf die Couch neben Mama und ihr Gesicht spiegelte Panik wider. ,,Jetzt komm mal runter Melli", stöhnte ich. Sie ignorierte mich. ,,Streitet euch nicht!" Mama bewahrte wieder mal die Ruhe. ,,Ich frage mich warum es dann doch nicht passiert ist...obwohl du, laut den Erzählungen, knapp davor warst." Nachdenklich ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen. Tja, da hätte ich schon eine Theorie. ,,Können wir das nicht ein ander Mal besprechen? Ich habe noch genug für die Schule zu tun." Ohne eine Antwort abzuwarten sprang ich auf und eilte die Treppen hinauf in mein Zimmer. Hatte Leon vielleicht tatsächlich etwas damit zu tun? Er hatte mich berührt. War er der Grund, weshalb meine Wut verschwunden war? Fragen über Fragen... und das von einem Tag auf den anderen. Vor Kurzem hatte ich noch mein normales, stinklangweiliges Leben geführt und jetzt? Jetzt konnte ich nicht mal einen Zebrastreifen überqueren, ohne dass ich einen Wutanfall bekam, der meine Schwester ziemlich nervös machte. Ein Wunder, dass den Autofahrern nichts aufgefallen war und sie einfach nur gewartet hatten. Tja...da zog ich mein früheres Leben noch vor. Was wenn Leon tatsächlich der Grund dafür ist, dass ich nicht vollkommen ausgetickt bin? Wäre ich dann mein Leben lang auf ihn angewiesen?

Mit diesen Gedanken wälzte ich mich nach einigen Stunden ,,Schulsachen erledigen" in meinem Bett herum, bis ich in einen traumlosen Schlaf fiel.

Heey Leute....Tja und wieder mal ein Kapitel fertig. Bitte echt KOMMENTARE HINTERLASSEN. Kann mir sonst nicht vorstellen was ihr von meiner Geschichte haltet und was ich an meinem Schreibstil ändern könnte. Das ist mir echt wichtig. Also bitte nicht vergessen :D
Bis dann <3

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