Kapitel 14

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*Kyla's Sicht*

Ich blickte ihm in die Augen. ,,Können wir reden?"

,,Meinetwegen." Er rutschte ein wenig zur Seite und machte mir  Platz. Ich schaute unsicher auf den leeren Platz neben ihm und zögerte kurz ehe ich mich an die äußerste Kante des Liegestuhls setzte. Leon lachte, schlang seinen Arm um mich und zog mich mit einem Ruck in seine Richtung. Ich konnte mich weder wehren, noch schreien, da lag ich auch schon neben ihm und er grinste mich an. Dieses Lächeln... Mir stockte der Atem und, verflucht seien Insekten, das Kribbeln in meinem Bauch wurde stärker, als ich ihm in die Augen sah und schluckte. ,,Also...was gibts?" Seine Stimme klang rau und er rückte plötzlich ein Stück ab. ,,Ich..." Ich brachte keinen Satz heraus. Leon's Augenbraue wanderte ein Stück höher. In der nächsten Sekunde schlug er die Decke zurück, sprang auf und rannte zum Balkongeländer. ,,Leon?" Verwirrt sah ich ihm nach. Stimmungsschwankungen hat dieser Junge... ,,Hab ich was falsch gemacht? Was ist los?" Leon drehte sich mit verkniffenem Mund zu mir um. ,,Jetzt sei doch mal leise, Mädchen, ich dachte ich hätte was gehört." ,,Ja, vielleicht einen Husky der sich im Schnee rumwälzt." Ich lachte und wickelte die Decke enger um mich. ,,Du verstehst das nicht Kyla. Am besten du gehst in dein Zimmer und schläfst." ,, Ich verstehe das nicht? Ich glaube du verstehst das nicht. Ich habe Wutanfälle, die mich verwandeln, wollte mit dir gerade über meine Probleme sprechen und du rennst davon und benimmst dich von einer Sekunde auf die andere wie ein kompletter Vollidiot?" ,,Spiel dich nicht so auf. Wir haben alle unsere Probleme. Lern doch mal, dass du nicht immer im Mittelpunkt stehst. Und außerdem bin ich nicht dein Psychater." ,,Spinnst du? Ich soll mich nicht aufspielen und ich stehe im Mittelpunkt?" Grr. ,,Beruhige dich. Wir wollen doch nicht, dass du einen Anfall bekommst." Leon schaute noch einmal in die Ferne, horchte, lief dann zu seiner Balkontür und schlüpfte hinein. Zu spät. Das jetzt schon bekannte Gefühl machte sich in mir breit. In meinen Ohren rauschte es und ich griff hastig nach der Balkontür, um nicht umzukippen. Die Welt schien sich im Uhrzeigersinn zu drehen und der Schwindel wurde stärker. Schweiß rann mir die Stirn hinunter und das im WINTER IN ALASKA. Ich hörte  erneut ein lautes Rauschen, meine Knie wurden weich und knickten ein. Das Letzte was ich hörte war Leon der meinen Namen rief, dann zischte es und meine Erinnerung stoppte von einer Sekunde auf die andere.

*Leon's Sicht*

Manchmal regte Kyla mich richtig auf, aber ich konnte ihr nicht die Wahrheit sagen. Noch nicht. Die Erinnerungen an die Entführung waren zu tief verankert und wer sagte, dass ich ihr vertrauen konnte... wer sagte, dass sie meine Ängste verstehen würde? Und weiter mit mir befreundet sein wollte?

*Flashback*

,,Was haben sie mit mir vor? Nein, bitte. Lassen sie mich gehen.'' Ich kauerte verschreckt und hilflos am Boden in einer Gitterzelle. Sah nach einem unbenutzten Kellerabteil aus. Der Mann mit der schwarzen Kapuze beugte sich vor und schlug mir einmal fest ins Gesicht. ,,Sei still'', zischte er bedrohlich. ,,Sei still, oder dir wird es noch viel schlechter ergehen.''

*Flashback Ende*

Ich wusste bis heute nicht, wieso sie mich unter den vielen reichen Kindern ausgewählt hatten. Sie, die Stars unter den Entführern.

Ich war 12 Jahre alt und Opfer einer Entführung. Meine Eltern waren nicht zuhause, mussten noch arbeiten. Ich saß gelangweilt am Bett in meinem Zimmer, blätterte durch ein Buch, als ich auf einmal ein lautes Splittern hörte. Ich riss meine Zimmertür auf und da waren sie. Braun gebrannt, schwarz gekleidet mit Hauben um ihre Gesichter zu verbergen, furchtlos, machtvoll und unerbittlich. Meine Hand, um die Türklinke gelegt, zitterte. Langsam und unkontrolliert machte ich einen Schritt nach dem anderen. Rückwärts in mein Zimmer. Ein Quietschen meiner Turnschuhe, die ich liebte und sogar im Haus trug und sie drehten sich um. Jeder von ihnen trug eine Pistole und einen Knüppel in jeder Hand. Mein Herz blieb stehen und ich konnte mich nicht bewegen. Sie eilten auf mich zu und bevor ich reagieren konnte, hatten sie meine Arme gepackt und einen Klebestreifen über meinem Mund platziert. Sie warnten mich leise, mich ja nicht zu wehren und durchsuchten alle Zimmer nach Wertgegenständen. Bepackt mit zwei prallen Beuteln, was mir ein entsetztes Keuchen entlockte. Sie erklärten mir, dass sie nur einen hohen Betrag an Lösegeld forderten und ich wäre frei. Natürlich ahnte ich, dass es nicht so einfach von Statten gehen würde. Ein paar Minuten später traf mich einer der Holzknüppel unerwartet am Hinterkopf und ich erwachte erst im dunklen und zum Teil auch nassen Kellerabteil. Ab hier waren meine Erinnerungen verschwommen, der Arzt erklärte mir später, der Knüppel hätte eine Gehirnerschütterung verursacht und ich hätte froh sein können, nicht alles miterleben zu müssen. Noch froher wäre ich, hätten sie mich gar nicht erst entführt und ich hätte lieber mein langweiliges Buch fertig gelesen, antwortete ich ihm darauf verärgert und erschöpft. An das Schlimmste konnte ich mich nämlich erinnern. Die Schmerzen der Fäuste und der Knüppel. Das Ticken einer Uhr, die der Kapuzenmann an der Hand trug. Die ständigen Tritte, die große Blutergüsse auf meinem gesamten Körper hinterließen. Das Blut, das von meinem Gesicht in den Wasserkübel tropfte, den sie mir zum Trinken hinstellten. Die Qualen dauerten eine Woche. Bis sie mich fanden. Die Polizeimänner, die die Suche nach mir nicht aufgaben. Das Lösegeld waren wir los. Die Entführer hatten sich damit Hals über Kopf auf die Flucht begeben und man hatte sie bis heute nicht gefunden. Ich sagte ja, sie waren geniale Profis.

Das war der Grund, weshalb ich ständig auf der Hut war. Nervös, fremden Männern zu begegnen. Bis jetzt konnte ich es vor Kyla und den anderen verbergen. Bis ich aufgesprungen war, als ich diese Schritte hörte. Die langsamen, schleichenden Schritte und das Ziehen eines Messers. Vielleicht hatte ich es mir auch nur eingebildet. Seit meiner Entführung hatte sich mein Gehör allerdings verschärft. Doch was machten die Entführer in Alaska? Waren sie mir gefolgt? Ich konnte mir nicht sicher sein...waren es überhaupt die furchtlosen, brutalen Bastarde, die meinem Leben einen Knick gaben. Meine Gedanken ließen mir die nächsten Minuten keine Ruhe, bis ich aufsprang und mir das Herz vor Angst in die Hose rutschte. Kyla. Sie war sehr wütend gewesen, als ich sie verlassen hatte. Zu wütend. Kyla's Mum bat mich noch, aufzupassen. Was war ich doch für ein schlechter Freund und Beschützer. In Panik riss ich die Balkontür auf und rannte hinaus. Meine Sorge um Kyla ließ meine Umgebung verschwimmen, doch eines sah ich noch. Die Lederstiefel. Die knallenge Hose. Das elegante Oberteil. Die offenen, wilden Haare. Und den Schatten. Den Schatten, der ihr folgte, als sie bedrohlich lachend über den Balkon sprang und in der Dunkelheit verschwand...

Heyoo, habs wieder mal geschafft. Ich hoffe ihr könnt meinen Gedanken noch folgen. Ansonsten bitte einfach in den Kommi's fragen! Werde jetzt versuchen, etwas öfter zu updaten. Das nächste Kapitel wird versprochen länger! Gaanz liebe Grüße

One human, two sidesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt