enthusiasm

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»Was?«, geschockt starrte ich mein Gegenüber an. Damit hatte ich definitiv nicht gerechnet.

»Warum du gestern vor meinem Tisch standest.«, wiederholte er und legte den Kopf schräg.

Sollte ich ihm die Wahrheit sagen? Musste ich wohl, denn auf Anhieb wäre mir sowieso keine Ausrede eingefallen. Ich zögerte kurz, doch dann raffte ich mich auf und versuchte ihm so selbstbewusst wie es nur ging zurück in seine braunen Augen zu gucken.

»Weil.. weil du mich beobachtet hast. Das hat mich nervös gemacht.«, erwiderte ich ehrlich und schluckte. Dass es mich verunsicherte, dass ich seine Reaktion erneut nicht abschätzen konnte, wollte ich mir natürlich nicht anmerken lassen. Er lehnte sich in einen Stuhl zurück und musterte mich einmal von oben bis unten. Wenn mich nicht alles täuschte, lag in seinem Blick so etwas wie Verwunderung. Ja, vielleicht war er sogar überfordert. Meine Augen brannten, doch ich wollte meinen Blick nicht abwenden. Ich wollte nicht zeigen, wie unsicher er mich machte. Ein Vibrieren unterbrach uns dann jedoch zu meinem Glück und ich griff in meine Hosentasche nach meinem Handy. Eine Nachricht von Mark.

Palina hat mir geschrieben, dass du mit dem Neuen zusammenarbeiten musst, wie läuft's? ^^

Na toll. Ich blickte zu Palina, welche mir belustigt zu zwinkerte, doch ich zitierte dies nur mit einem kalten Blick. Schnell tippte ich eine Antwort in die Tastatur. Ich wollte nicht riskieren, dass man mir das Handy einzog.

Nach der Schule komme ich zu dir. Und wehe Hannelore schläft nicht!

Nachdem ich auf abschicken drückte, steckte ich das Handy zurück in meine Tasche und blickte wieder zu Joko, der unbeteiligt aus dem Fenster sah. Als ich mich räusperte und mit einem kurzen »Wollen wir weiter machen?« seine Aufmerksamkeit auf mich zog, sah er mich wieder genau so kalt an, wie heute Morgen. Was stimmte mit diesem Typen nicht? Da ich keine Antwort bekam, entschloss ich mich, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.

»Joko, what are your hobbies? Do you like any kind of sport? I don't know, baseball or football?« Als ich zu Ende sprach, blitzten seine Augen augenblicklich vor Interesse hell auf. Bingo. Er mochte also Fußball. Gut, ich war kein Fan von Fußball, generell nicht von Ballsport, aber wenn ich etwas fand was ihn begeisterte, machte es die Sache um einiges leichter.

»Do you like football?« Erneut fragte ich, nur im mich in meiner Vermutung zu bestätigen. Als er plötzlich anfing, wie ein kleiner Junge dem man neue Spielzeugautos schenkte, über beide Ohren zu grinsen, musste ich lächeln.

»Yes. Yes, I'm a big fan of football.« Seine Aussage unterstrich er mit einem eifrigen Nicken. Ich lachte und überlegte mir gleichzeitig eine Frage die ich ihm stellen könnte.

»So what is your favorite team?« Ich tat so, als hätte ich Ahnung, aber jeder Mensch der mich auch nur ansatzweise kannte, wusste, dass ich absolut keinen Plan von Fußball hatte. Man kann ja auch nicht alles wissen.

Begeistert funkelte er mich an und ich musste mir eingestehen, dass es ein wenig süß war, wie er hier vor mir saß und mich mit seinen leuchtenden Augen ansah. Auch wenn dieser Typ trotzdem immer noch echt gruselig war. Wie schnell seine Emotionen sich ändern konnten, jagte mir fast schon ein wenig Angst ein.

»Borussia Mönchengladbach. I'm a big Borussia fan since I'm 6 years old. What is your favorite team?« Zum ersten mal lächelte er mich ehrlich an und in seinem Blick lag fast so etwas wie Interesse. Ich zögerte. Hatte ich denn überhaupt ein Lieblingsteam? Ich guckte schließlich nie Fußball. Doch ich wollte ihn nicht enttäuschen, also entschied ich mich simpel für das Team meiner Heimat.

»Vfb Oldenburg.«

Keuchend stützte ich mich auf meinen Knien ab, als ich endlich im 2.Stockwerk angekommen war. Der Fahrstuhl war außer Betrieb, weshalb ich die Treppe nehmen musste. Als ich mich beruhigt hatte, drückte ich auf den kleinen Knopf der Klingel und wartete. Schnelle Schritte im Flur verrieten mir, dass sich gleich die Tür öffnen würde. Mark grinste mir entgegen und breitete die Arme aus, in die ich mich direkt warf.

»Na Heufer-Umlauf, auch mal geschafft du alter Mann?«, lachte er und klopfte mir auf den Rücken. Böse funkelte ich ihn an, als ich in sein Lachen einstieg und mir die Schuhe von den Füßen streifte. Meine Jacke hing ich ebenfalls an die Garderobe und folgte anschließend Mark in die Küche. Auf dem Tisch standen zwei Tassen Tee und ein kleiner Kuchen. Schnaubend verdrehte ich die Augen.

»Was wird das hier, Kaffee-Klatsch?«, erkundigte ich mich mit belustigtem Unterton, während Mark sich mit einem breiten Grinsen auf einen der Stühle setzte und nickte.

»Aber hallo. Und jetzt setz dich hin, ich will alles wissen!«, mahnte er und deutet auf den Stuhl gegenüber von sich. Widerwillig setzte ich mich hin und griff nach der Tasse vor mir, bevor ich mir einen kräftigen Schluck genehmigte. Angewidert verzog ich das Gesicht und stellte die Tasse sofort wieder auf den Tisch.

»Bäh, was ist das?«, hustete ich und zeigte auf den vor mir stehenden Tee.

»Ingwer.«, grinste Mark frech.

»Du weißt das ich Ingwer hasse, Mark.«,  hielt ich ihm vor und schob den Tee noch etwas von mir weg. Mark griff nach der Tasse und stellte mir stattdessen seine vor die Nase.

»Ist Pfefferminz besser?«, lachte er genervt und ich zögerte kurz, bevor ich einen Schluck nahm. Als ich nickte und ihn dankbar anlächelte, grinste er.

»So, genug Gelaber jetzt. Jetzt erzähl, wie wars? Wie ist er so?« Gespannt wartete er auf meine Reaktion.

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