thinking

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Viel Spaß mit dem dritten Kapitel!

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Erschöpft packte ich meine Tasche, ohne mich sonderlich zu beeilen. Ich wollte am liebsten tot ins Bett fallen, denn dieser Tag war alles andere als einfach für mich. Sowohl körperlich als auch mental, aber eben weil ich so kaputt war, ließ ich mir Zeit. Auch Mark neben mir schien es nicht eilig zu haben, im Gegensatz zu unseren Mitschülern, die schon aus dem Raum stürmten, als unser Physiklehrer sein letztes Wort noch nicht einmal zu Ende sprach. Palina legte mir eine Hand auf die Schulter und sah mich noch einmal entschuldigend an, als sie auch die Flucht suchte. Warum hatte ich vorhin nur auf sie gehört? Mit dem Rucksack auf den Schultern gingen Mark und ich aus dem Raum und verließen das Gebäude. Als ich einen Fuß vor die Tür setzte, atmte ich einmal erleichtert auf. Die frische Luft, die dabei an mein Gehirn gelang, tat mir unglaublich gut und ich merkte, wie sehr ich das gebraucht hatte. Belustigt sah mich Mark von der Seite an.

»Wow, du wirkst als hättest du gerade den schlimmsten Tag deines Lebens hinter dich gebracht.«, kicherte er und ich schüttelte lachend den Kopf. »Ne, aber fast.«

Mit einem Handschlag verabschiedete sich Mark von mir und suchte sich seinen Weg zu seinem Fahrrad, bevor ich mit langsamen Schritten das Gelände verließ. Wenn ich zu Hause bin, würde ich erstmal eine dicke Mütze Schlaf nehmen.

Mit einem dampfenden Teller vollgepackt mit Nudeln in der Hand ließ ich mich auf die Couch fallen und griff nach der Fernbedienung. Seufzend schaltete ich den Fernseher an, nur um ihn kurze Zeit später wieder auszuschalten und den Kopf in den Nacken zu werfen. Nicht mal Trash TV konnte mich ablenken. Wieso schwirrte er mir wie eine nervige Fruchtfliege die ganze Zeit im Kopf herum? Eins war sicher, wenn ich heute nicht noch auf andere Gedanken kam, sprang ich aus dem Fenster. Lustlos schob ich mir die erste Gabel in den Mund, als mir einfiel, dass ich Jakob noch schreiben wollte. Also zückte ich mein Handy und öffnete WhatsApp, als eine Nachricht aufploppte. Mark hatte mir geschrieben. Als ich seine Nachricht las, verdrehte ich die Augen.

Na, denkst du an Joachim? ;)

Was dachte sich dieser Typ eigentlich? Das ich den ganzen lieben langen Tag damit verschwendete, an einen Typen zu denken, den ich nicht mal kannte? Um ganz genau zu sein, tat ich das ja. Irgendwie. »Scheiße!« Zischend stellte ich den Teller auf den Tisch und raufte mir aufgeregt die Haare. War das wirklich so auffällig?

Träum weiter, Tavassol.

Wieso wechselte er eigentlich mitten im Jahr die Schule?

Wie auch immer, kommst du rüber Mukke machen, du Giftzwerg?

Schmunzelnd tippte ich eine Antwort in das kleine weiße Feld. Eigentlich wollte ich ja schlafen, aber irgendwie wollte ich mich auch ein wenig ablenken. Ich war mir sicher, dass ich meine Entscheidung morgen bereuen würde, doch meine Finger waren schneller als mein Gehirn und drückten auf Abschicken.

Bin in 20 Minuten da

Damit landete mein Handy auch schon auf der Couch und ich griff erneut nach meinem Teller, um die mittlerweile kalten Nudeln in mich hineinzustopfen.

Müde rieb ich mir die Augen und schaute auf die kleine Uhr auf meinem Nachttisch.

»06:37 Uhr..«, murmelte ich und richtete mich langsam auf. Das es mal vorkam, dass ich früher aufwachte, als ich müsste, war ungefähr so selten, wie dass ich eine eins in Mathe schrieb. Also quasi nie. Grummelnd stand ich auf, schnappte mir das Shirt welches über meinem Schreibtischstuhl hing und zog es mir über. Bevor ich das Bad betrat, lauschte ich und stellte fest, dass es ziemlich ruhig war. Meine Mutter war also schon auf Arbeit. Nicht ungewöhnlich, wenn man in der Krankenpflege arbeitete. Ich tapste über die kalten Badezimmerfliesen und entledigte mich schnell meiner Klamotten, bevor ich unter die Dusche stieg und das heiße Wasser anstellte. Zufrieden schnurrte ich wie eine Katze, als mich ein dichter Wasserdampf umhüllte und ich kurz alle Sorgen der letzten Tage vergaß. Doch irgendwann wurde meine Träumerei beendet und gezwungenermaßen stieg ich wieder aus der Dusche, nur um es direkt wieder quengelnd zu bereuen. Wieso war der Moment, wenn man aus der heißen Dusche stieg immer so unangenehm? Zitternd murmelte ich mich in das blaue Handtuch ein und setzte mich für einen Moment an den Rand der Badewanne. Plötzlich hörte ich einen Klingelton und überlegte, wo ich mein Handy liegen hatte, als ich aufstand und in mein Zimmer hechtete. Zumindest war das mein Plan. Natürlich vergaß ich die rutschigen Fließen, landete prompt auf dem Boden und stöhnte qualvoll auf. Als ich aufstand, verzog ich schmerzerfüllt das Gesicht und humpelte schon fast in mein Zimmer zu meinem Handy, dessen Bildschirm aufleuchtete mit der Benachrichtigung "Ein verpasster Anruf von Mark". Toll, was wollte diese Butterbirne so früh am Morgen von mir?

»Gott Mark, hast du nichts besseres zu tun als mir den Morgen mit deiner Stimme zu versauen?«, meckerte ich in das Telefon und kriegte ein empörtes Lachen zurück.

»Dir auch einen schönen guten Morgen, du Sonnenschein...« Ich grinste. »Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«, lachte er nun und ich setzte mich auf das Bett hinter mir, nur um kurz darauf zu zischen. Fuck, da war ja was.

»Die Laus heißt 'glitschiger Badezimmerboden' und hat mich mit dem Arsch auf den Boden knallen lassen.«, entgegnete ich sarkastisch und hörte ein Seufzen aus dem Lautsprecher.

»Man, man, man Heufer-Umlauf, dich kann man nicht allein lassen. Aber genau das tue ich heute, das ist auch der Grund warum ich angerufen hab. Sorry Bruder, du musst heute den Unterricht alleine überstehen, meine Oma ist krank geworden und ich will sie nur ungern allein lassen.«  

»Ach aber mich kannste alleine lassen, oder was?«, motzte ich beleidigt und wartete auf die Reaktion meines besten Freundes.
»Du bist ja nicht alleine, du hast Joachim.«, lachte er anzüglich und ich verdrehte die Augen.

»Man Tavassol du bist echt ne' Nervensäge! Aber gute Besserung an Hannelore, sag ihr Liebe Grüße.«, erwiderte ich und drückte auf den roten Hörer, nachdem Mark sich verabschiedet hatte. Das konnte ja was werden.

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