Legilimentik

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Schon zum vierten Mal klopfte sie gehen die schwere Tür. Warum öffnete er nicht, er musste ja nicht antworten, wäre die Tür offen, aber so. Hesper rollte ihre Augen und kramte anschließend genervt ihren Schlüssel hervor. Da wollte man einmal zu seinem Vater und er war natürlich wieder nicht erreichbar, dachte sie. Severus war immer öfter unauffindbar verschwunden, ob er wieder neue Zutaten sammelte oder mit Dumbledore gemütlich einen Tee trank. Hesper war es ein Rätsel. In der Hoffnung ihren Vater schlafend vorzufinden, klackte der Schlüssel im Schloss und die Tür schwang auf. Jedes Mal, wenn die Hexe diesen Raum betrat, ohne die Stimme ihres Vaters zu hören, beschlich sie ein unangenehmes Gefühl. Es war nun schon Jahre her, doch die Bilder würden für immer bleiben. Szenen voller Blut und Chaos.
Langsam schlich Hesper durch die Räume ihres Vaters, doch ihn traf sie nicht. Es sah aus wie immer. Der Tisch war voller Tests und Hausaufgaben, es roch nach zig Kräutern und das Regal stand voller Tränke und Bücher. Im Schlafzimmer ihres Papas herrschte dieselbe Ordnung wie eh und jeh. Severus war, was seine privaten Gemächer anging, schon immer ein ordentlicher Mensch gewesen, außer sein Kopf spielte verrückt. Es kam vor, dass wenn Snape unter hohem Druck stand oder unvorhersehbare Dinge passierten, wie das eine Mal, als die Kammer des Schreckens geöffnet wurde, sehr viel Unordnung entstand. Wenn man wusste, man hatte auf solch kleine Detail zu achten, war es nicht schwer Severus zu verstehen. Doch auch hier war keine Spur von ihm, nichts. Enttäuscht sah Hesper sich um, gab es nicht irgendeinen Hinweis darauf, wohin er gegangen war? Spinners End, war er möglicherweise dort, nein, er würde niemals ohne seinen Koffer dorthin fliegen, das stand fest. Mit einem lauten Seufzer verließ die junge Snape die Räume ihres Vaters, in der Hoffnung ihn bald zu treffen.

Am nächsten Tag verging die Zeit wie im Flug, niemand zog sie auf oder lachte sie aus. Das war mittlerweile eine Besonderheit, die Hesper sehr genoss. In Verwandlung lernten die heute mal wieder nur theoretische Grundlagen. Hesper hätte jedoch wie viel andere Schüler am liebsten ein wenig gezaubert. In Kräuterkunde hörten sie diesen und jenen Vortrag über irgendwelche Pflanzen. Hier hatten die Slytherin ebenfalls gemeinsam mit den Hufflepuffs Unterricht. Dieses Haus war im Ganzen betrachtet mit Abstand am wohlwollendsten zu Hesper. Natürlich zogen sie einige auf, doch der Großteil ignorierte sie gekonnt. Das war weitaus angenehmer, als Beleidigungen über sich ergehen lassen zu müssen. Mit der Angst zu leben, jeder Zeit einen Fluch abwehren zu müssen. Am späten Nachmittag, nachdem sie die meisten Hausaufgaben fertig hatte, klemmte sie sich jene von Verteidigung gegen die dunklen Künste unter den Arm und machte sich auf den Weg. Viel Zeit blieb ihr nicht mehr, bis der Auftrag fertig sein musste. Sie hoffe inständig ihren Vater endlich zu erreichen. Ohne Erwartungen ließ sie ihre Hand einige Male gegen die Tür fallen. Sie hatte den Zaubertrankmeister jetzt fast eine Woche nicht zu Gesicht bekommen oder von ihm gehört. „Herein", von innen ertönte Severus markante Stimme, Hesper wollte ihren Ohren kaum trauen. Sie klang benommen, durch die Tür konnte sie erkennen, dass ihr geliebter Vater nicht die beste Laube zu haben schien. Vorsichtig öffnete sie die Tür und lugte hinter diese. Severus saß hinter seinem Schreibtisch und korrigierte irgendetwas. Kein Wunder, dass seine Laune den Bach runter ging, doch als er Hesper in die Augen blickte, wandelte sich seine ernste Miene in ein wohlwollendes Lächeln. "Guten Tag, schön dich mal wieder zu sehen, wie kann ich dir helfen?" Sein Blick war direkt auf die Hausaufgaben unter ihrem Arm gefallen. "Ich...äh...das sind Aufgaben aus Verteidigung gegen die dunklen Künste über Legilimentik", als Hesper VgddK erwähnte, begannen die Augen ihres Vaters noch mehr zu strahlen. Das war immer noch sein liebstes Fach, er besaß sicherlich mehr Bücher darüber als über Zaubertränke. „Wir haben aber nicht wirklich was dazu gemacht im Unterricht. Ich dachte du kannst mir dabei vielleicht ein wenig helfen. Immerhin kennst du dich mit solchen Themen sehr gut aus", ihr Lächeln wirkte beinahe ein wenig unnatürlich. Das tat es immer, wenn sie jemanden um Hilfe bat. "Natürlich kann ich, setz dich."

Das war eines von Severus leichtesten Übungen, er wusste alles darüber. Von jemandem, der diese Fähigkeit schon immer beherrschte, war es auch nicht anders zu erwarten. Zufrieden ließ sich Hesper auf den Stuhl vor dem Schreibtisch sinken und legte ihre Sachen ab. "Papa, sag mal, wo warst du eigentlich die letzte Zeit? Ich habe dich nie gesehen, nur im Unterricht einmal kurz, aber da wars du auch ganz schnell wieder verschwunden." Severus Miene veränderte sich nicht, er zuckte nicht einmal mit der Wimper, doch Hesper wusste sofort, dass er log. "Ich hatte viel zu organisieren wegen des Turniers." Ihre Augenbraue zuckte, ihr Vater hatte sie gelehrt nicht zu lügen, dass hieß jedoch nicht, dass sie Lügen nicht erkannte. Generell erkannte sie die Absichten vieler Menschen im Voraus. "Was habt ihr denn so organisiert", neugierig hackte sie nach. "Das bleibt unter Verschluss", sein Blick war streng geworden, Hesper nickte.
"Schreib mit." Hesper hielt die Feder bereit in ihrer Hand, ein typisches Szenario aus Severus Unterricht. "Legilimentik eine hohe Kunst der Magie anderer Leute Gedanken zu lesen. Doch nicht nur das Lesen von Gefühlen und Gedanken ist möglich, erfahrenen Legilimentoren, Personen, welche die Gabe, Legilimentik von Geburt beherrschen, können die Gedanken auch verändern oder bei Blickkontakt eine Konversation per Gedanken führen..." „Nicht so schnell Papa", Hespers Feder flog beinahe über das Pergament. Severus schmunzelte, bevor er seinen Vortrag fortsetzte und ihr kurz über den Kopf strich. Hespers Blick war ganz der eines pubertierenden Mädchens. Ja, sie liebte ihren Vater sehr, sie war gerne bei ihm, dennoch war sie kein Kleinkind mehr, das auf den Kopf getätschelt werden wollte. Severus lachte. „Es gibt zwei Arten Legilimentik zu erlernen viel Übung oder eine erbliche Veranlagung." Er pausierte kurz, dann ergänzte er in einem anderen Tonfall: „Ich gehöre zu letzteren und ich meine du auch." Fragend schaute Hesper ihrem Vater in die Augen, seine Lippen lagen still aufeinander. „Ich glaube nicht..." „Ich aber, du solltest es versuchen zu lernen, ich kann es dich lehren." Hesper schwieg einen Moment. „Papa, wenn du Legilimentik beherrscht, guckst du dann oft in meinen Kopf?" Eine berechtigte Frage, die Severus klar und deutlich mit einem Nein beantwortete. „Ich würde es nicht wagen, dein Vertrauen derart zu hintergehen. Natürlich passiert es manchmal ungewollt, aber da diese Kraft kein alltägliches Werkzeug ist, gebraucht man sie auch nicht als solche. Sie dient der Verteidigung und dem Bösen. Letzterem möchte ich mich nicht verschreiben." Ihr Vater sagte die Wahrheit, das konnte sie fühlen. Ihr war auch klar, dass er mit der erblichen Veranlagung recht behielt, als die so darüber nachdachte. „Deine Erleichterung ist groß, doch du bräuchtest sie nicht zu fühlen, erlerntest du Okklumentik. Schreib mit! Gegen Legilimentik kann man sich mit Okklumentik verteidigen. Die magische Verteidigung des Geistes gegen das eindringen von außen. Es ist unbekannt, jedoch sehr nützlich. Es existiert seit dem Mittelalter und hindert Legilimentoren daran in denen Geist einzudringen oder sie zu beeinflussen. Beherrscht man diese Kunst wird man Okklumen genannt..." Severus Vortrag ging noch einige Zeit. Am Ende hatte Hesper beinahe doppelt so viel, wie nötig in ihrer Hausaufgabe geschrieben und die Erkenntnis gewonnen, dass wohl nicht jeder die Gabe besaß so viel aus Menschen heraus zu lesen, wie sie. Ihr Vater erklärte ihr noch einiges über das Leben als Legilimentor und Okklumen. Auch wenn er ihr indirekt verboten hatte Legilimentik zum Eigennutz einzusetzen, war ihre Neugier zu groß, heraus zu finden, wo Severus die letzten Tage wirklich gewesen war. Zu ihrer Endtäuschung endete dieser Versuch kläglich in scharfen Blicken ihres Vaters, der eine feste Mauer vor seinem Geist gebaut uns ihr Eindringen bemerkt hatte. „Zuerst lernt man Okklumentik", er war streng geworden, doch konnte seinen Stolz über den Versuch seiner Tochter für eine Sekunde nicht verbergen. Einige Stunden später verließ Hesper die Wohnung ihres Vaters mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie hatten Zauberschach gespielt und sie hatte zwei zu eins Gewonnen. Glücklich fiel sie ins Bett und schlief direkt ein.

Did you need me? ~ Always! (Snape ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt