kapitel 3 - 6 Monate zuvor

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Es war einer dieser Samstagvormitage im Dezember. Kalt, verregnet. Ich sitze mit einer Tasse Kaffee auf dem Sofa und reibe mir den Schlaf aus den Augen. Ich greife zur Fernsehzeitschrift, die auf dem Glastisch vor dem Sofa liegt.  
Lustlos blättere ich ein bisschen darin herum. Viel reden darf ich mal wieder nicht, denn meine Mitbewohnerin und Kommilitonen sitzt am Sekretär mir genau gegenüber und scheint zu lernen. Wir beide haben uns im ersten Semester Lehramt an der Uni dieser Stadt kennen gelernt und uns gleich prima verstanden. Als dann ein Teil dieser Villa per Annonce günstig zur Vermietung stand, war die Sache für uns, beide auf Suche nach einer passenden Unterkunft, geritzt. Dass wir Riesen Fans von Michael Patrick Kelly sind, stellte sich an einem Abend mit zu viel gutem Essen und Alkohol heraus.
Ich schlage die Fernsehzeitung auf heute, Samstag, auf. Mein Blick fällt auf die Spalte eines Privatsenders. In der Mitte prangt ein Foto meines Lieblingskünstlers. "Wow," denke ich," sieht toll aus." Ich schaue mir die Zeile darunter an. Der Titel einer Sendung in der Michael Patrick Kelly auftreten soll.
Aha Paddy in einer Live Sendung murmele ich vor mich hin
" Hast du was gesagt?" Isabel schaut mir offen ins Gesicht.
Mit den wirr vom Kopf abstehenden Locken und den großen braunen Augen sieht sie in ihrem weißen Seidenpyjama etwas verloren aus.
"Ich sagte Paddy ist heute Abend live im Fernsehen zu sehen" "Aha, ist gut das schauen wir uns dann an "Sie versenkt die Nase wieder in ihre Unterlagen, will weiter lernen 
Ich verzweifle fast:" Hallo Isa , ich sagte live...."
Da endlich kommt Leben in meine Freundin " Wie jetzt du meinst live und in Echt? Wo ist denn die Sendung? Ich google das mal" Das Lernen ist vergessen. Während Isabel den Laptop hochfährt stelle ich meine inzwischen leere Tasse in den altertümlichen Spülstein in der Küche und geh mich für den Tag, der fast nur noch ein Nachmittag ist fertig machen.
Schneller als ich gucken kann steht meine Freundin hinter mir. "Du, wir müssen uns beeilen Der Zug nach Köln geht um zwei"  "Bitte? Köln?? Wie kommst du jetzt auf Köln?" " Ja Google oder was?" Ich grinse. Meine allerbeste Freundin Isa ist einfach nur gut.
Kurze Zeit später sind wir auf dem Weg zum Bahnhof.  Unterwegs unterhalten wir uns über Fernsehen im Allgemeinen und Paddy im Besonderen. " Wird er nach der Sendung noch rauskommen?" " oder vielleicht vorher zu uns stossen" " Wer von den anderen Fans wird noch dasein?" So werfen wir uns die Fragen wie Ping Pong Bälle zu, bis wir die Bahnhofshalle erreichen.
Dort geht unser Blick sofort hoch zur Anzeigetafel.  Unser Zug geht in weniger als 3 Minuten von Gleis 6. Isabel rennt los als wäre Satan persönlich hinter ihr her. Ich hinterdrein. Den Zug bekommen wir so gerade eben noch. Die drei Metallstufen in das Abteil hinein nehmen wir in Rekordzeit und , wie sich herausstellt, keine Minute zu früh. Hinter mir schließt sich vollautomatisch die Aussentür. 
Isabel und ich prusten und japsen.  Wir schauen uns an. Ihr Blick fragt Und haben wir Tickets? Die Antwort kennen wir beide. 
Ich blicke nach rechts, deute stumm auf einen kleinen silbernen Automaten. Beide durchwühlen wir unsere Jacken und Hosentasche. Ich fördere ein 10 cent Stück zu Tage.....Nachdenklich krame ich nun auch noch in meinem Rucksack , den ich heute Mittag in der Eile übergeworfen habe. Normalerweise brauche ich den für die Uni. Geld dürfte da nicht drin sein. Isabel steht neben mir. Was ich erkennen kann, sieht sie sehr verzweifelt aus Ich glaube, sie schickt ein stummes Gebet zum Himmel. 
Der da oben scheint unsere Unternehmung gut zu finden. Es dauert nicht lange und meine Finger ertasten etwas Hartes und Unbiegsames. Thank God denke ich schiebe die Karte in den dafür vorgesehenen Schlitz des Tickets ausspuckenden Monsters und bin binnen Minuten um ein paar Scheinchen ärmer. Ich zahle ein stolzes Sümmchen dafür, mich im besten Falle fünf Minuten mit meinem Lieblingskünstler zu unterhalten, aber Paddy ist mir das wert. Anschließend suchen wir uns einen freien 4 Mann Sitz, lassen uns auf das blau gemusterte Polster fallen und schweigen. Beide sind wir in unsere Gedanken versunken. 
Zwei Stunden später fährt in den Hauptbahnhof Köln ein. Die Bremsen quietschen.  Wir erheben uns aus den Polstern und laufend leicht schwankend zur Tür. Noch ist sie verschlossen.  Als wir den Wagen endlich verlassen dürfen, stehen Isabel und ich am Bahnsteig.  Ratlos, fröstelnd. 
"Ich denk du hast gegoogelt"  "Ja, natürlich aber ich hab vergessen welche Bahn jetzt zum Studio fährt" Ich verdrehe die Augen.
"Na, erst mal runter." sage ich. Vielleicht klinge ich eine Spur genervt. In der Bahnhofshalle finden wir recht zügig einen Informationsschalter. Viel Zeit bleibt uns auch nicht mehr.  Bald soll das, was wir hier in Köln tun wollen seinen Anfang nehmen.  Wir fragen nach der nächsten Bahn nach  Bocklemünd. " In 15 Minuten fährt die 4" sagt uns die freundliche Dame hinter dem Schalter.
Zum Glück haben wir da noch etwas Zeit. So kaufen wir uns beim Bäcker im Bahnhof belegte Brötchen und Kaffee. Wir essen und trinken im Stehen, dann schlendern wir gemütlich in Richtung S Bahn 

Das VersprechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt